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TS 46: Die Marskolonie

TS 46: Die Marskolonie

Titel: TS 46: Die Marskolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. C. Tubb
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beugte sich zu ihr hinab und prüfte die Farbe der Augäpfel. Vorsichtig betastete er dann ihren Bauch. Schweigend gab ihm die Schwester das Stethoskop. Als er sich wieder aufrichtete, machte er ein besorgtes Gesicht. Kurz kamen seine Anweisungen:
    „Adrenalin – 0,5 Kubik. Bereiten Sie eine Operation vor. Kaiserschnitt.“ Dann wandte er sich an die Patientin, ein Lächeln auf den Lippen. „Machen Sie sich keine Sorgen. Sie werden bald wieder auf den Beinen sein.“
    Sie versuchte eine Antwort, aber sie brachte kaum die Lippen auseinander. Landry reichte ihr ein Glas Wasser und half ihr.
    „Sprechen Sie nicht“, sagte er sanft.
    „Mein Baby“, hauchte sie. „Retten Sie mein Kind.“
    „Aber selbstverständlich“, versicherte er. „Wir werden nicht nur Ihr Kind, sondern auch Sie selbst retten. In ein paar Stunden sind Sie beide wohlauf.“ Ungeduldig drehte er sich um, als die Schwester wieder das Zimmer betrat. Er streckte die Hand aus, um die fertige Spritze in Empfang zu nehmen.
    „Es tut mir leid, Doc, aber wir haben kein Adrenalin mehr.“
    „Was?“
    „Es hätte welches mit dem Schiff kommen sollen, aber wahrscheinlich hat man vergessen, es zu bestellen.“
    „Verdammt!“ Er biß sich auf die Lippen. „Ist der Operationsraum fertig?“
    „Gut. Bringen Sie die Frau hinüber. Aber – schnell!“
    Er vergaß nicht, seiner Patientin beim Verlassen zuzulächeln.
    Trotz der ungewohnten Instrumente vollbrachte er eine perfekte Operation – nur starb die Patientin dabei. Vielleicht hätte sie auf der Erde gerettet werden können. Und wenn er Adrenalin gehabt hätte …
    Aber er hatte keines.
    Er hatte sich keine Mühe gegeben, das Kind zu retten. Der Mars war radioaktiv, er wußte es. Nicht gefährlich. Nicht genug, um Verbrennungen hervorzurufen, aber anscheinend doch genug, um die Erbanlagen zu verändern.
    Das Kind war ein Monster gewesen.
    Flüchtig wunderte er sich, wie viele der Neugeborenen in Wirklichkeit Monster und Mutanten waren. Wie viele Kinder mit veränderten Organen waren bereits geboren worden? Er verspürte ein plötzliches Interesse, mehr darüber zu erfahren und der Frage auf den Grund zu gehen. Er zog sich um, nachdem er sich gewaschen hatte, und verließ den Bungalow.
    Draußen wartete ein Mann – der Gatte der Verstorbenen. Er war bleich und zitterte vor Erregung. Er griff nach Landrys Arm.
    „Wie geht es ihr, Doc?“
    Der Arzt schüttelte langsam den Kopf, innerlich die Schwester verfluchend, die ihn nicht gewarnt hatte. Der Mann schluckte.
    „Und das Kind?“
    „Auch.“ Er entschloß sich zu einer Notlüge. „Das Baby war schon vor der Geburt tot, wir konnten nichts tun. Ihre Frau starb während der Betäubung. Sie hat nichts mehr gespürt.“
    Der Mann taumelte etwas.
    „Wir kannten uns schon daheim auf der Erde“, flüsterte er. „Sie ist mir gefolgt – und nun ist sie tot.“ Seine Augen füllten sich mit Tränen. „Ich habe meine Frau verloren. Mein Gott, ich habe meine Frau verloren …“
    Landry seufzte und schritt langsam in die Nacht hinein.
    Haslow hatte auf ihn gewartet. Er saß an seinem Tisch und las in alten Briefen. Neben seinem Ellenbogen stand die Flasche. Er sah hoch.
    „Sie kamen zu spät?“
    „Woher wissen Sie?“
    „Man hätte Sie sonst nicht gerufen. Wieder eine Frau weniger.“
    „Ja.“
    „Das ist unser Hauptproblem – die Frauen. Wir benötigen sie, soll die Kolonie weiterbestehen.“
    „Es ist genau so wichtig, eine Pflanzenart zu züchten, die hier überleben kann.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Ein Botaniker sagte es mir.“
    „Und ich dachte schon, Sie würden sich für die Kolonie zu interessieren beginnen.“
    „Das tue ich bereits.“
    „Nein, ich meine rein persönlich. Glauben Sie, daß ich es jemals aufgeben werde, Sie zum Hierbleiben zu bewegen?“
    „Was geschah übrigens mit dem vorherigen Arzt?“
    „Professor Winter? Er starb vor etwa einem Jahr.“ Haslow starrte gedankenverloren in sein Glas. „Die genaue Todesursache ist uns unbekannt. Immerhin war er schon alt und hat es sehr lange hier ausgehalten. Von Anfang an. Es war übrigens auch seine Idee, den Staub mit Wasser zu bekämpfen. Auch war er es, der die Zentrifuge baute, obwohl er genau wußte, daß er niemals mehr zur Erde zurückkehren würde. Wir vermissen ihn sehr.“
    Landry saß auf dem harten Stuhl. Für einen Augenblick fragte er sich, ob man von ihm auch einmal sprechen würde wie von Doc Winter.
    „Er war ein Held“, sagte er

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