TS 48: Der letzte Flug der XANTHUS
mehr dazu. Ein schrilles Geklapper aus den inneren Eingeweiden des automatischen Piloten erfüllte plötzlich die Kabine und verstimmte erst nach langer Zeit wieder. Zwei rote Lämpchen strahlten auf der Instrumententafel auf, hell genug, um sich in der abwärts gekrümmten Decke widerzuspiegeln.
Webb schnallte sich an. „Jetzt, Bristol“, rief er. „Diesmal heißt es Feuer frei für meine Maschinen. Decken Sie sich zu, wenn Sie sie spüren.“
„Was wird geschehen?“
„Wir entfernen uns vom Perigäum, und die Lochstreifen treten jetzt in Aktion. Sie haben bereits den heißen Ziegelstein in den Ofen geschoben. Die Maschinen starten in ein oder zwei Minuten. Vergessen Sie nicht, was ich über die beiden Zonen und den Summer gesagt habe.“
„Ich werde aufpassen.“
„Und beachten Sie folgendes“, fuhr er eilig fort. „Wenn uns im Raum irgend etwas zustößt, geraten Sie nicht in Panik! Behalten Sie Ihren Anzug an und bleiben Sie mir aus dem Weg. Sollte das Schlimmste passieren und der Blecheimer leck geschlagen werden, dann bleiben Sie beim Schiff! Auf keinen Fall die Nerven verlieren und von Bord gehen! Wenn Sie Ihren Anzug dicht halten, werden Sie weder verbrennen noch zerkochen. Das Schiff sendet bei einem Unglück ein automatisches Notsignal aus, wie alle anderen auch, und jeder Lehrling kann das Signal anpeilen und das Wrack ausfindig machen. Aber niemand wird sich die Mühe machen und Sie suchen, wenn Sie über Bord springen. Haben Sie das begriffen?“
„Natürlich.“
„Ich hoffe es. Manche Leute tun die verrücktesten Dinge, wenn sie in Panik geraten. Manche von ihnen gehen über Bord, und wenn sie dann wieder zu sich kommen, falls überhaupt, schweben sie irgendwo da draußen herum und warten darauf, daß jemand kommt und sie aufliest. Sie warten auf Helden.“ Webb knurrte verächtlich bei dieser Vorstellung. „Ich möchte mal den Helden sehen, der bereit ist, kostbare Zeit und einen Tank voll Treibstoff für solch eine sinnlose Suche zu verschwenden.“
Kate dachte an ihr verborgenes Radio und lächelte, als sie sich vorstellte, was Webb für ein Gesicht machen würde, wenn er davon erführe.
Die Motoren zündeten.
Man spürte es noch bevor man sie hörte, obgleich die beiden Empfindungen so dicht aufeinander folgten, daß sie fast als eine erschienen. Es war kein Gefühl der Bewegung, des Vorwärtsschießens oder des Emporsteigens. Statt dessen wurden die Körper der Passagiere sanft in Richtung des Schiffshecks gedrückt, so daß die Kojen durchsackten. Die Geräusche der Atommotoren durchdrangen die kleine Kabine – eine dumpfe, ferne, gedämpfte Polyphonie, die in nichts an das trommelfellsprengende Brüllen und Kreischen der Trägerrakete erinnerte.
„Sie werden sich daran gewöhnen“, rief Webb, als ob er ihre Gedanken gelesen hätte. „Zudecken!“
Kate verschwand unter dem bleigefütterten Stoff, wobei sie sich überlegte, ob Webb die Geräusche oder ihren mißgestimmten Magen gemeint hatte.
Bei 2200 Kilometer begann der Summer in ihrer Nähe zu lärmen und zeigte damit an, daß das Schiff in die erste Strahlungszone eingetreten war. Dicht an ihrem Kopf schlug er auch weiterhin Alarm, während das Schiff durch eine 3200 Kilometer starke Schicht harter Strahlung aufwärts raste. Nach einiger Zeit wurde das Signal leiser, bis es fast verstummt war, aber die Atempause dauerte nicht lange. Der zweite Strahlungsgürtel, zwölfeinhalbtausend Kilometer stark, löste den Alarm wieder aus, und diesmal dauerte das quälende Lärmen an ihrem Ohr endlos lange.
9. Kapitel
Kate Bristol schlüpfte umständlich aus den Falten des Van-Allen-Sacks und kletterte auf das Deck hinunter. Dort angelangt, stellte sie fest, daß sie die Beine spreizen und sich mit der Hand an die Koje klammern mußte, um ein vernünftiges Gleichgewicht zu wahren. Die Kabine war ungewöhnlich warm. Nach einem kurzen Zögern zog sie den Borddreß aus.
Webb stand vorne, auf den Radarschirm starrend. Er hatte sich bereits wieder bis auf die Khaki-Shorts ausgezogen, und Kate konnte seine geschwärzte, verbrannte Haut sehen. Wie winzige Krater bedeckten Krebsnarben Schultern und Rücken.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Fernschreiber. Mit zwei Fingern tippte er langsam eine Nachricht.
XANTHUS AN TORKON: ALLES KLAR. GEISTERBILD HIER UNVERÄNDERT. ANFRAGE. X
Die Antwort traf einige Zeit später ein. Webb las sie und begann auf den Toronto-Funker zu schimpfen, dessen Spott in der Meldung offen
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