TS 52: Der Weltraumarzt und die Seuche von Dara
zurückgelassen: zwischen den Trümmern der verwüsteten Anlagen lagen die zerstampften Tierleichen herum, und schon hing ein übler Verwesungsgeruch über der Stätte unvorstellbarer Vernichtung. Zehntausende, ja Hunderttausende von wilden Rindern mußten in wilder Zerstörungswut über die Siedlung und die Bergwerksanlagen hinweggestürmt sein. Umgestürzte Träger und Loren der Erzbahn hatten den Eingang zum Hauptschacht verstopft, die anderen Schächte waren bis zum Rand mit Trümmern und Hunderten von Tierkadavern gefüllt.
Calhoun betrachtete erschüttert die Szene. „Kein Wunder, daß die Männer den Kopf verloren haben“, sagte er leise. Anscheinend war eine riesige Herde durch den Paß gerast und hatte in wilder Panik die den Weg in die freie Ebene versperrenden Anlagen niedergetrampelt. Die Katastrophe ließ sich leicht erklären, aber es gab trotzdem noch einen dunklen Punkt. Warum hatten sich die Männer zu einer Panik hinreißen lassen? Eine Rinderstampede war glaubhaft, eine derartige Unvernunft war in bezug auf Menschen nicht so leicht zu glauben, schon gar nicht eine Panik von Tieren und Menschen zur gleichen Zeit. Was war geschehen?
Das Mädchen war Calhoun gefolgt und starrte ebenfalls ungläubig auf die Szene.
„Wie wollen Sie unter diesen Umständen Verbindung mit Ihren Leuten aufnehmen?“ fragte Calhoun.
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie niedergeschlagen. „Wenn wir hierbleiben, werden sie sich früher oder später für das Schiff interessieren.“
„Wenn sie vernünftig sind, werden sie sich hüten“, entgegnete Calhoun. „Solange hier nur Rinderspuren zu finden sind, wird keiner auf die Idee kommen, die Blauhäute zu verdächtigen. Die Leute wollen Fleisch, aber keine kriegerischen Komplikationen. Sie werden es für das Vernünftigste halten, ihre Spuren zu verwischen und möglichst rasch und unentdeckt zu verschwinden.“
„Was soll ich denn nun tun?“ fragte das Mädchen.
„Keine Ahnung. Im Augenblick nichts. Mir wird schon etwas einfallen. Ich fürchte, wir haben eine ganz schöne Arbeit vor uns. Leider habe ich nicht viel Zeit, denn ich muß meinen Plan einhalten.“
„Sie können mich ja hierlassen“, sagte sie hilflos.
Calhoun antwortete nicht darauf. Natürlich konnte er das Mädchen nicht auf einem anscheinend unbewohnten Planeten zurücklassen. Die Leute, die sich vielleicht noch auf dem Planeten befanden, hatten gute Gründe, sich zu verbergen. Er glaubte fest daran, daß sich noch Darianer auf Orede befanden und daß das Mädchen zu diesem Volk gehörte. Aber die Darianer mußten unbedingt ihre Entdeckung verhindern, um nicht mit dem Totenschiff in Verbindung gebracht zu werden. Sicher befanden sie sich Hunderte, vielleicht sogar Tausende von Kilometern von den üblichen Landeplätzen entfernt. Er war sicher, daß auf dem Dara wieder eine Hungersnot herrschte und die Darianer das auf Orede so reichlich vorhandene Fleisch haben wollten. Möglicherweise hatten die Bergleute ihre so gefürchteten Nachbarn dabei überrascht und waren in blinder Angst vor der Krankheit geflüchtet.
Für diese Schlußfolgerung gab es keinen vollgültigen Beweis, aber die Anzeichen sprachen doch sehr für diese Erklärung der Vorgänge.
Wenn Calhouns Annahme aber stimmte, dann befand er sich in einer Zwangslage, denn er fühlte sich verpflichtet, die Darianer vor der zu erwartenden Rache zu warnen. Er mußte die Leute aber so warnen, daß kein bleibender Beweis zurückblieb. Es war zu riskant, eine geschriebene Warnung bei den Ruinen zu hinterlegen, denn eine vom Weald ausgesandte Strafexpedition würde diese Warnung als Beweis für die Schuld der Darianer ansehen. Das Risiko war zu groß, denn Calhouns Annahme war ja durch nichts bestätigt. Es blieb also nur der Versuch, persönlichen Kontakt aufzunehmen. Er war also auf Funksprüche angewiesen, ohne zu wissen, ob diese Rufe überhaupt empfangen wurden. Vielleicht sahen die Darianer diese Sprüche auch als eine geschickt gestellte Falle an und antworteten sicherheitshalber erst gar nicht.
Stundenlang saß Calhoun vor dem Kommunikator und sendete auf allen möglichen Wellenlängen, nach jedem Ruf lange auf Antwort wartend – leider vergeblich.
Auf einer bestimmten Wellenlänge glaubte er eine Rückstrahlung zu bemerken. Möglicherweise war irgendwo ein Empfänger auf diese Wellenlänge eingestellt, aber es gelang Calhoun nicht, den Standort festzustellen.
Schließlich versuchte er es mit einem längst veralteten
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