TS 52: Der Weltraumarzt und die Seuche von Dara
seine Oberfläche betrug immerhin einige Millionen Quadratkilometer. Es war ziemlich sinnlos, nach dem einzigen von Menschen geschaffenen Bauwerk zu suchen, aber Calhoun dachte anders darüber. Es gab Hinweise, die er sich zunutze machte. Er wußte, daß die Mine von Jägern entdeckt worden war, nicht von Berufsjägern, sondern von Sportsleuten. Solche Leute suchen sich in den meisten Fällen ein angenehmes Klima aus und jagen selten in den arktischen oder tropischen Gebieten. Calhoun konnte seine Suche also auf die gemäßigten Breiten beschränken. Wilde Rinder leben in einer Prärielandschaft, aber Erze lagern meist in einer gebirgigen Gegend. Calhoun brauchte also nur Stellen zu suchen, wo die Berge an Grasland grenzten. Irgendwo in einer solchen Gegend mußte die Lande- und Startanlage stehen. Es konnte nur eine kleine Anlage sein, die jeweils nur ein Schiff starten oder landen konnte, nur einige hundert Meter im Durchmesser und höchstens einen Kilometer hoch, aber der lange Schatten würde dem Beobachter die Lage verraten.
Stundenlang suchte er die waldlosen Gebirgsausläufer in den gemäßigten Klimazonen ab, bis er schließlich einen unnatürlich wirkenden Fleck entdeckte. Erst bei starker Vergrößerung sah er, daß er wirklich die Mine gefunden hatte: Schutthalden und glänzende Schienenstränge bewiesen eindeutig die Richtigkeit seiner Annahme. Wenig später sah er auch den langen, schlanken Schatten der wie eine Nadel in den Himmel stechenden Landeanlage.
„Da unser Ruf nicht beantwortet wird, müssen wir eben ohne Willkommensgruß landen“, sagte Calhoun und stellte das Schiff im gleichen Augenblick senkrecht. Aus den Raketendüsen donnerte die geballte Kraft, die das fünfzig Tonnen schwere Schiff langsam und sicher auf die Oberfläche des Planeten hinabsenkte.
Beim Eintritt in die Lufthülle verstärkte sich der Lärm zu einem infernalischen Tosen, das selbst durch die dicke Isolierung drang.
„Festhalten!“ warnte Calhoun. „Vielleicht müssen wir Abwehrraketen ausweichen!“
Aber am Boden zeigte sich kein Lebenszeichen; kein todbringendes Geschoß kam herangerast.
Calhoun senkte das Schiff bis dicht über den Gebirgskamm, brachte es dann wieder in waagerechte Lage und jagte es in wildem Zickzackkurs dicht an den Hängen entlang durch das langgestreckte Tal.
Noch immer ereignete sich nichts. Calhoun bremste die rasende Fahrt, stellte das Schiff wieder senkrecht, ließ es einen Augenblick reglos in der Luft schweben und landete es dann dicht neben dem hoch aufragenden Gerüst der Landeanlage auf den Schwanzflossen. Aus den Düsen schossen die nur bleistiftstarken energiegeladenen blauweißen Flammen und brannten haarscharf abgegrenzte tiefe Löcher in den felsigen Boden.
Dann schaltete Calhoun die Brennstoffzufuhr ab. Unter dem Raumschiff kochte das geschmolzene Gestein in den in Sekundenschnelle gebrannten Löchern. Calhoun lauschte angestrengt auf andere Geräusche, aber er hörte nichts und konnte auch durch die Beobachtungsfenster keine Bewegung erkennen. Nachdem das Donnern der Düsen abgeklungen war, herrschte eine beklemmende Stille, nur die außen am Schiff angebrachten Mikrophone übertrugen das helle Zirpen kleiner Insekten, die sich in den Büschen neben der Landeanlage verbargen.
Calhoun stand von seinem Platz auf und steckte eine Strahlpistole in seine weite Jackentasche.
„Wir werden uns die Umgebung mal näher ansehen“, sagte er. „Ich glaube, da draußen tut sich mehr, als von hier aus zu erkennen ist.“
Ein paar Minuten später öffnete er schon das runde Außenschott und kletterte über die automatisch ausgefahrene Leiter nach unten. Das Schiff stand kaum dreißig Meter von den Ruinen eines Holzhauses entfernt. Neben dem Haus türmte sich ein riesiger Erzhaufen auf, etwas weiter entfernt waren langgestreckte Abraumhalden aufgeschüttet. Neben der Hausruine ragten die verbogenen Eisenteile einer völlig zerstörten Brech- und Sortieranlage auf; auch die Schachteingänge und die Fördertürme waren nur noch Trümmerhaufen.
Überall war der Boden von Tausenden von Hufen aufgewühlt, und alle Hindernisse waren zertrampelt worden. Die wilden Rinder mußten zu Tausenden gegen die massiven Konstruktionen gedrückt haben, bis die Häuser und Stahlgerüste über den aufgetürmten, zuckenden Tierkörpern zusammengebrochen waren. Überall lagen verendete Rinder zu Haufen herum und reckten ihre erstarrten Beine in die Luft. Die Stampede hatte ein unbeschreibliches Chaos
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