TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1
undurchführbar. Dagegen konnte aus jeder Rede, von der eine Bandaufnahme existierte, gemeinhin eine genügende Anzahl von Grundlauten ausgeschieden werden, um damit eine völlig andersgeartete Rede zu schaffen.
Von dort war es nur noch ein Schritt bis zur Schaffung der technischen Voraussetzungen, die die optische Einschaltung des Sprechers in die abgeänderte Rede ermöglichten. Die gefilmten Lippenbewegungen wurden mitten in der Silbe unterbrochen und Bilder eingeblendet, die dem neu unterlegten Ton entsprachen.
Das erzielte Ergebnis peinigte zunächst noch Auge und Ohr. Die Bilder flimmerten, und die Töne kratzten. Daraufhin hatte man den Versuch unternommen, zweidimensionale Profil- und Halbprofil-Ansichten auf einen dreidimensionalen Körper zu projizieren, bis sie die gewünschte Vorderansicht eines Gesichtes ergaben. Diese Ansicht wurde fotografiert und die Aufnahmen mit wechselnden Mundbewegungen wiederholt, bis ein überzeugender Filmstreifen zustandekam.
Der Presser stand in Verbindung mit einem Techniker, der das schwierige Verfahren im Schlaf beherrschte. Ton- und Bildaufnahmen der Harker- und Waltonsippen waren in Mengen vorhanden. In welches gefährliche Spiel er sich einließ, wußte Sam nur zu gut.
Um Robin Hale den Betrug aufzuschwatzen, brauchte er geschlagene fünf Stunden. Als erstes mußte er den Mann von der Drohung überzeugen, die über ihm schwebte. Das fiel ihm nicht allzu schwer, denn inzwischen umschlichen die ersten gedungenen Mörder das Haus, das Hale und ihm als Schlupfwinkel diente.
Die letzten Zweifel Hales an seiner Verläßlichkeit beseitigte Sam dadurch, daß er sich der Prüfung mit einem Lügendetektor unterzog. Darin geübt, seine wahren Motive zu verbergen, schaffte er es, um den heißen Brei herumzureden.
„Wir sind praktisch schon erledigt“, erklärte er Hale zum Schluß. Was er sagte, stimmte, und die Nadeln des Geräts schlugen nicht aus.
„Natürlich ist der Kniff glatter Selbstmord“, fuhr er fort. „Darüber bin ich mir völlig im klaren. Wenn wir aber sowieso sterben müssen, können wir ebenso gut dieses letzte Spiel wagen. Uns bleibt keine andere Wahl, sofern Ihnen nichts Besseres einfällt.“
Das sah Hale ein.
Die Ansagerin, die vor Beginn des Abendprogramms auf den Bildschirmen erschien, lächelte freundlich in die Kameras. Dann kündigte sie an, die planmäßige Werbesendung würde durch eine wichtige Bekanntmachung Robin Hales zur Besiedlung der Landstriche unterbrochen werden.
Alle Fernsehgeräte in den Kuppeln blieben eingeschaltet. Der Presser wartete, bis ihn über seine privaten Informationskanäle die Nachricht erreichte, daß alle Angehörigen der beiden Sippen sich an diesem Abend vergnügten und ihr überraschendes Eingreifen nicht zu befürchten stand.
Dann verschwanden die Farbreklamen von den öffentlichen und von zahllosen privaten Bildschirmen, und das Gesicht Robin Hales tauchte auf. Er trug einen Dschungelanzug und sprach mit einer besorgten Hast, die seinen Worten unerwartete Überzeugungskraft verlieh.
Er hätte gehofft, so sagte er, seinem Publikum im einzelnen den wunderbaren Plan zu schildern, den sein Freund Sam Reed ausgearbeitet hätte, um ohne Verzögerung eine Landbesiedlung in großem Maßstab zu ermöglichen. Aber an Land hätten sich Schwierigkeiten ergeben, und er wäre hinaufgerufen worden, um seine Erfahrungen als Kämpfer der Freien Trupps den Männern zur Verfügung zu stellen, die sich weit droben auf dem Dschungelufer einer neuen, tödlichen Drohung gegenübersähen.
Am Schluß seiner Ansprache grüßte Hale steif und eilig und verschwand vom Bildschirm.
An seine Stelle trat Zacharias Harker. Nur ein äußerst geschickter Experte hätte das schwache Flimmern entdecken können, das die Fälschung verriet. Rechtlich war selbst Harker nicht imstande zu leugnen, daß er die Worte gesprochen hatte, die ihm in den Mund gelegt wurden, denn jeder Laut und jede Bewegung seiner Lippen war echt.
Bei der Ausarbeitung der Rede hatte Sam darauf geachtet, daß sie nicht nur Hale und ihn selber rechtfertigte, sondern auch seinen Siedlungsplänen diente. Bescheiden und nur widerwillig erschien er neben Zacharias Harker auf dem Bildschirm und wurde von dem Unsterblichen als der großherzige, weltoffene Menschenfreund vorgestellt, der das Siedlungsprojekt verwirklichen wollte.
Sam Reed, der Sterbliche mit dem großen Weitblick und Mann aus dem Volke, war bereit, mit Robin Hale zusammen erfolgreich den Kreuzzug zur
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