TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge
weitgehende Entspannung, und dann sah er kleine Tiere, die ihn aus sicherer Entfernung beobachteten. Es gab verschiedene Tierformen: pferdeähnliche Wesen, Hunde und Raubkatzen, aber Slade sah sie immer nur für kurze Augenblicke. Einmal hatte er jedoch eine erschreckende Begegnung.
Er befand sich auf einem weiten Spaziergang in einem engen Seitental. Durch Zufall sah er sich um und erblickte ein riesenhaftes zottiges Tier, das ihn an einen Bären erinnerte.
Slade blieb wie angewurzelt stehen. Ein solches Untier hatte sich in Caldras Haus über ihn gebeugt und mit der haarigen Pfote den Mund zugehalten.
Er reagierte augenblicklich und riß eine seiner Pistolen aus der Tasche. Dennoch schoß er nicht. Er spürte eine unheimliche Angst, aber auch unbestimmbare Hemmungen. Das Tier fauchte ihn an, wobei die messerscharfen weißen Zähne sichtbar wurden. Es hob drohend die mächtigen Pfoten, griff aber nicht an, sondern wirbelte herum und verschwand im dichten Unterholz.
Slade kehrte sofort um und erzählte Danbar von seinem Abenteuer. Er erzählte ihm auch von seinem Erlebnis in Caldras Haus.
„Das war ein Nith“, erklärte Danbar einsilbig und ließ sich zu keinen weiteren Erklärungen bewegen. Slade fand dieses Verhalten sehr merkwürdig, besonders als er Danbar in sehr ernstem Tone mit Malenkens sprechen sah. Sein Verdacht wurde zu Gewißheit, als die beiden Männer bei seiner Annäherung schwiegen.
Slade empfand diese Heimlichkeit als sehr beunruhigend. Die beiden sprachen also über Dinge, die er nicht hören sollte. Er wollte ihnen aber nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein und entschloß sich endgültig, die Wirksamkeit seiner Waffen zu demonstrieren.
Lange genug hatte er mit diesem Gedanken gespielt und war deshalb recht gut vorbereitet. Er brauchte aber lebende Ziele. Vögel waren am besten geeignet. Er war nun weit genug fortgeschritten und konnte die Vögel sehen. Oft genug hatte er sie beschlichen und beobachtet, doch nie war er sehr nahe herangekommen, denn die flinken Vögel schienen seine Nähe zu spüren und verschwanden dann stets aus seinem Gesichtskreis.
Diese Scheu reizte Slade außerordentlich. Er wollte einen dieser Vögel aus der Nähe sehen und untersuchen. Mit einem Schuß konnte er also sein persönliches Verlangen stillen und gleichzeitig die tödliche Wirkung seiner Waffen demonstrieren.
Schon am nächsten Morgen legte er sich auf die Lauer. Er nahm einen bequemen Stuhl und setzte sich vor den Eingang seiner Höhle, die automatische Pistole griffbereit auf den Oberschenkeln.
Er bemerkte, daß die Leute ihn aus den Augenwinkeln beobachteten, machte sich aber nichts daraus. Bald kam Danbar, holte einen Stuhl und setzte sich neben ihn.
„Glaubst du wirklich, daß deine Waffen in dieser Welt funktionieren?“ fragte er lächelnd.
Slade starrte ihn verblüfft an und brachte kein einziges Wort heraus. Er überlegte fieberhaft. Er ergriff die Pistole und spürte das kühle Metall. Warum, sollte die Waffe nicht funktionieren? Er befand sich doch auf der gleichen Erde, nur in einer anderen Dimension. Die Gefahr einer möglichen Nutzlosigkeit seiner Pistolen erschreckte ihn.
Ein Vogelschwarm flog von einem Busch auf. Slade hob die Pistole und zielte sorgfältig. „Mach dich auf einen lauten Krach gefaßt, Danbar!“ sagte er warnend und krümmte den Finger.
Er hörte nur das klickende Geräusch des Schlagbolzens.
Slade fühlte sich plötzlich nackt und wehrlos. Nichts hatte sich verändert, alles war genau wie vor zwei Monaten, nur sein Selbstvertrauen war restlos zerstört. Die beiden Waffen hatten ihm stets ein Gefühl relativer Sicherheit gegeben. Mit den Pistolen hätte er sich gegen eine Auslieferung an Leear wehren können, nun aber …
Slade saß wie erstarrt auf seinem Stuhl. Er war verloren, ein Spielball in den Händen überlegener Mächte. Er hatte einfach keine Möglichkeit, sich gegen sein Schicksal zu wehren.
Aber er wollte nicht ohne weiteres aufgeben. Nach einer Weile nahm er die Patrone aus der Kammer und untersuchte sie. Der Schlagbolzen hatte das Zündhütchen eingedrückt, doch das Pulver hatte nicht gezündet. Er zog das Geschoß aus der Hülse und schüttete das Pulver auf den Zementweg. Dann ging er zum nächsten Feuer und holte einen brennenden Ast.
Bevor er die Flamme an das Pulver brachte, sah er auf Danbar, der ihn ruhig gewähren ließ. Danbar war weder spöttisch noch neugierig; er schien alles vorauszuahnen und dadurch gegen Überraschungen
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