TS 66: Sternenfieber
das Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Mit vorsichtigen Schritten umrundeten sie die winzige Welt und kamen auf die Sonnenseite. Eine hastige Bewegung, und sie würden die Fluchtgeschwindigkeit überschreiten.
Die blassen Strahlen der Sonne trafen auf ausgetrockneten Boden und so etwas, das wie Grasstoppeln aussah. Weiter vorn hob sich gegen den kurzen Horizont eine flache Steinkonstruktion ab. Dicht daneben lag ein umgestürzter Baumriese, die nackten Wurzeln gegen die fernen Sterne gerichtet. Alle Vegetation war schwarz und durch das Vakuum des Raumes völlig ausgetrocknet. Das gut erkennbare Fragment einer ehemaligen Straße zog sich quer über das Stück einstiger Planetenoberfläche und verlor sich im Nichts. Daneben lag zerfallen eine niedrige Mauer.
Hier über dieser Welt hatte sich einmal ein klarer, blauer Himmel gespannt, und Winde waren über die Felder gestrichen. Der kleine, marsgroße Planet war sehr weit von der Sonne entfernt gewesen. Vielleicht war es der Treibhauseffekt einer viel Kohlendioxyd enthaltenden Atmosphäre gewesen, die das Klima erträglich machte. Es war aber auch genauso gut möglich, daß der radioaktiv strahlende Kern des Planeten der Oberfläche von seiner wärmenden Energie abgegeben hatte. Wie immer es auch gewesen war, jedenfalls hatte sich auf dieser Welt intelligentes Leben entwickeln können, als der Mensch auf der Erde noch nicht geboren war.
Und dann war dieser Planet zerplatzt, und mit ihm die Gebäude, die grünen Wiesen und der blaue Himmel. Ein Unfall? Es war wahrscheinlicher, daß ein großes, atomares Geschoß die Ursache gewesen war, ein Geschoß, das vom Mars kam. Aber auch die Marsianer waren ausgestorben.
Eine grelle Flamme und eine unvorstellbare Explosion hatte den Planeten auseinandergerissen und zerstört. Einiges nur war geblieben, ausgetrocknet und vom Vakuum durch sechzig Millionen Jahre hindurch konserviert.
Wenn man Stücke der ehemaligen Oberfläche fand, konnte man diese Reste finden. Es gehörte Glück dazu, denn die meisten Asteroiden waren Teile des ehemaligen Planeteninnern.
Frank Nelsen hatte Überreste marsianischer Kultur auf dem Mond gesehen, nun stand er vor den Trümmern einer anderen Zivilisation, über die wesentlich mehr bekannt war.
Ramos nickte langsam mit dem Kopf, als er das Erstaunen seines Freundes bemerkte.
„Ja, deine Augen täuschen dich nicht. Frank. Sie sehen die Wirklichkeit. Man hat schon oft davon gehört, daß Asteroiden-Springer solche Kleinwelten fanden, die Oberflächenfragmente des zerplatzten Planeten darstellen.“
Aber Nelsen zeigte weniger Interesse für die archäologischen Entdeckungen, die seiner harrten, als für eine andere Möglichkeit.
„Energie!“ murmelte er verhalten. „Man weiß, daß sie Atombatterien besessen haben. Jedes ihrer Häuser hatte seine eigene Energiequelle. Wenn wir hier eine fänden …?“
Ramos fragte nicht viel. Er begriff, was Nelsen sagen wollte. Mit einer gewissen Scheu schoben sie das ausgetrocknete Ding mit den feinen Gliedern beiseite, das den Eingang blockierte, und krochen hinein in die Räume, die für Menschen viel zu niedrig und unbequem waren. Ihre suchenden Hände berührten einen kleinen Kasten mit Rädchen und Schaltern, schoben ihn achtlos fort. Vielleicht später …
Sie fanden noch andere Dinge, die sie mitnehmen würden.
Wenn …!
Und sie hatten Glück! Sie fanden, was sie suchten!
Sechs kleine Kästen, mit Metallstreifen verbunden, lagen in einem Behälter, durch längst verrottete Leitungen mit anderen Installationen ehemals in Kontakt. Die Oberfläche schimmerte bläulich, als bestünde sie aus einer Art Keramik.
Obwohl die Handschuhe der Archer hinderlich waren, begannen Frank Nelsen und Miguel Ramos sofort mit der Arbeit. Sechzig Millionen Jahre hatten die Zeit – abgesehen vom Zerfall der Elemente – auch für Atombatterien stillstehen lassen, und die überall gültigen Grundgesetze der Physik hatten bewirkt, daß schon rein äußerlich der Unterschied zwischen ihnen und identischen irdischen Produkten unerheblich sein mußte. Die Sicherheitsschalter hatten außerdem bewirkt, daß in der vergangenen Ruhepause keine Energie verlorengegangen war.
„Normaler Strom?“ fragte Ramos keuchend. Die Luft in seinem Helm mußte schon sehr schlecht sein, denn er konnte kaum noch atmen.
„Ja!“ antwortete Nelsen schnell. „Etwa zweihundert Volt permanent. Hoffentlich halten unsere alten Instrumente das aus.“
Es folgten zwei
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