TS 69: Im Kosmos verschollen
stieg es immer steiler an, was sich allerdings sehr unangenehm auf die Strömung auswirkte.
*
Sechs Wochen wären wir unterwegs. Sechs Wochen lang kämpfte ich einen verzweifelten Kampf gegen Strömungen und Sandbänke. Dann aber hörte ich ein Geräusch, das das Ende unserer Reise ankündigte.
Auch Eve hob den Kopf und lauschte. Ein Geräusch! Für uns war es wie ein Wunder, denn in dieser Welt hatten wir außer dem Brausen des Windes und dem Rauschen des Wassers keine anderen Geräusche gehört. Gerade diese Stille war es, die uns in den sternklaren Nächten sehr zu schaffen machte, denn sie bewies, daß wir die einzigen größeren Lebewesen auf diesem Planeten waren.
Wir umrundeten eine Flußbiegung und sahen einen gewaltigen Wasserfall. Weiter oben hatte der Fluß eine tiefe Schlucht durch das Gelände gegraben und stürzte sich nun mindestens dreißig Meter tief in ein großes, seeartiges Becken.
Das war das Land, das ich gesucht hatte. Ich sah nackte, vom tosenden Wasser reingewaschene Felsen und hoch in den Himmel ragende Bäume. Staunend stand ich am Heck des kleinen Floßes und starrte nach vorn. Die Stange hatte ich einfach in den weichen Flußboden gedrückt, um so ein Abtreiben des Floßes zu verhindern.
„Wenn du an Gott glaubst, kannst du ihm jetzt danken“, sagte ich zu Eve.
„Wofür? Daß du mich jetzt nicht weiter in die Wildnis treiben kannst?“
„Nein, für das Holz, für die Erze und all die Dinge, die wir dort oben finden werden.“
Ich fand eine seichte Stelle, wo ich das Floß auf den Ufersand schieben und mit einigen aus dem Wasser gefischten Ästen befestigen konnte. Meine Gedanken bauten schon an der Zukunft. Das Transportproblem war gelöst. Ich suchte mir schon die Bäume aus, die ich fällen und zum Bau eines Hauses benutzen wollte. In Gedanken sah ich auch schon ein Mühlrad, das meine Menschenkraft vervielfachen sollte.
Eve schien meine Begeisterung nicht zu teilen. „Und in dieser Welt sollen meine Kinder aufwachsen“, sagte sie verbittert.
Ihre Hoffnungslosigkeit irritierte mich ein wenig. Sie war eben eine Frau und dachte anders als ein Mann. Ihrem Aussehen nach mußte sie mindestens Zwillinge tragen. Vielleicht spürte sie es und machte sich Sorgen. Wir waren nicht in der Lage, irgendwelchen Komplikationen bei der Geburt zu begegnen. Ich dachte nur noch an die Zukunft, aber Eve mußte in ihrem Zustand ständig an die Gegenwart denken.
14.
Eve schien nicht auf dem Floß zu sein, als ich den Hang herabgestiegen kam. Sie war auch nicht auf dem von der Sonne erwärmtenSandstrand, auf dem sie so gern ruhte. Das beunruhigte mich, denn Eve hatte keine Veranlassung, das Floß zu verlassen. Das Becken unter dem Wasserfall quoll fast über von Fischen.
Es war drückend schwül, und ich schwitzte. Es war aber nicht nur die Wärme, sondern mehr die Angst, die mir den Schweiß aus den Poren trieb. Hastig sprang ich den Hang hinab und eilte auf unser Floß. Ich war erleichtert, als ich Eve in der Schutzhütte liegen sah. Meine Erleichterung währte aber nicht lange, denn ich sah sofort daß ihre Zeit gekommen war.
Vorerst konnte ich aber nichts tun. Ich hockte mich ans Ende des Floßes und angelte. Von dieser Stelle aus konnte ich sie jederzeit im Auge behalten und wenn nötig eingreifen.
Eve hatte mir alles beigebracht, was sie über die Geburt eines Kindes wußte. Sie war Biologin, aber keine Ärztin, und ihr Wissen war rein theoretisch.
Drei Stunden vergingen. Ich hörte sie stöhnen und jammern, doch ich konnte ihr nicht helfen. Ich hoffte, daß es bald geschehen würde, aber die Stunden krochen dahin, und es ereignete sich nichts.
Dann wurde es Nacht. Ich bettete Eve so bequem es ging, doch sie warf sich immer wieder herum und zerwühlte ihr primitives Lager.
Es wurde eine furchtbare Nacht. Wie lange konnte eine Frau derartige Schmerzen ertragen, ohne bleibenden Schaden zu nehmen? Ich hatte von einer Dauer von vierundzwanzig Stunden gehört. Das galt aber sicher nur für eine Geburt unter ärztlicher Aufsicht, mit Narkosemitteln, Sauerstoff und all den anderen Hilfsmitteln moderner Medizin.
Nach vierundzwanzig Stunden war ich fast am Ende meiner Kraft, doch Eve schrie immer verzweifelter. Ich wollte ihr helfen, aber ich wußte nicht, wie ich vorgehen sollte. Falsch angewandte Hilfe konnte ihren Tod bedeuten oder zumindest ihre Leiden verschlimmern, ohne die Geburt zu beschleunigen. Eve machte mir meine Aufgabe auch nicht besonders leicht. Sie .schrie
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