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TS 81: Das Problem Epsilon

TS 81: Das Problem Epsilon

Titel: TS 81: Das Problem Epsilon
Autoren: H. W. Mommers , Ernst Vlcek
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„Lieben Sie eigentlich Gladiatorenkämpfe?“
    Der Kapitän sah ihn erstaunt an.
    „Komische Frage“, sagte er dann. „Klar können sie mich begeistern. Da wird einem wenigstens etwas geboten …“

 
Der zeitgeteilte Mann
     
    23.00 Uhr.
    Klickend schnappte der Uhrdeckel zu.
    Sidney Crane glitt vom Barhocker und verharrte einen Augenblick am Rande des Tanzparketts. Seine Augen suchten im Raum, aber fanden nichts – nichts Außergewöhnliches. Nur einen überfüllten Raum, dessen Fußboden unter dem Gewicht des massiven Mobiliars und der wohlbegüterten Gäste schwankte. Er lauschte, doch so sehr er sich auch auf die kreischende Musik und die lautstarke Unterhaltung konzentrierte, das Ticken wich nicht um ein Milliphon. Im Gegenteil, es schien verstärkt in seinem Kopf zu tönen, je mehr er es ignorierte: beharrlich, als hätte es sich darin festgebohrt. Crane verzog unmerklich das Gesicht. Er wußte, woher es stammte. Seit jenem Augenblick vor vier Stunden war es da. Seitdem der Zeitpunkt beschlossen war. Ob er richtig gehandelt hatte? Möglich – aber es war nun nichts mehr zu ändern. Thacker –
    Eine Stimme unterbrach seinen Gedankengang.
    „Whisky, Sir? Oder bevorzugen Sie …?“
    Crane nahm achtlos ein Glas, nippte daran und stellte es wieder zurück. Als er aufblickte, sah er nur noch den Rücken des Butlers. Cranes Mundwinkel zuckten angewidert. Das Ding, der Robot, war in eine scharlachrote Livree gekleidet. Wie geschmacklos!
    Er wandte den Kopf, und sein Blick fiel auf Lehoure und dessen Gattin, die eben vorbeitanzten. Automatisch nickte er ihnen lächelnd zu.
    Erneut entschloß er sich zu tanzen, und als er ansetzte, um den Raum zu durchqueren, endete die Musik. Verärgert über sich selbst stapfte er zur Bar zurück. Seine dunklen Finger spielten mit einem Glas, das Weiß der Handteller verbergend, während er vor sich hinstarrte, das quälende Ticken im Ohr.
    Er merkte erst auf, als der Mann, der sich neben ihm niedergelassen hatte, ihn zum zweitenmal ansprach:
    „Mister Crane!“ Das gerötete Gesicht, in das er sah, gehörte Lehoure. „Wo sind Sie heute bloß mit Ihren Gedanken?“
    Crane wollte etwas sagen, zündete sich statt dessen aber eine Zigarette an. Noch bevor er langsam den Rauch zur Decke geblasen hatte, um Zeit zu gewinnen, beugte sich Lehoure vor. Besorgt fragte er: „Unausgeglichen?“
    „Wie kommen Sie darauf?“ Cranes Gegenfrage war etwas zu heftig. Als er den wissenden Blick des Franzosen sah, lachte er.
    „Sie mit Ihrem Argwohn …“ Er drehte das Glas in den Händen, so daß die Eisstücke gegen die Wand klirrten. „Nein, Doc, mich bekommen Sie nicht so schnell. Ich weiß, Mister Lehoure …“
    „Monsieur Lehoure …“, berichtigte der Franzose.
    Crane schien nicht darauf zu achten. Er blickte plötzlich den Franzosen voll an. „– Sie wären versessen darauf, an mir Ihre Kunst auszuprobieren. Aber da stoßen Sie auf Stahl, Mister Lehoure.“
    Lehoure blickte zuerst beleidigt, dann lächelte er.
    „Nun, davon bin ich nicht ganz überzeugt, Crane.“ Er wandte den Kopf seiner Gattin zu, noch immer lächelnd, und hob sein Glas an die Lippen. „Aber nehmen Sie es nicht so tragisch, junger Freund. Die Welt besteht nun einmal aus Neurotikern … wie ihnen.“
    Er kippte das Getränk auf einen Zug hinunter, schmunzelnd und selbstgefällig.
    Wie eine fette, träge Wanze, dachte Crane. Ihm behagte der kleine Europäer nicht.
    Er ließ die Hand in die Rocktasche gleiten und fühlte den harten Gegenstand unter seinen Fingern. Die Uhr schien lauter zu ticken denn je zuvor. Ein Wunder, daß es die anderen nicht hörten.
    Mit einer schnellen Bewegung zerdrückte er die Zigarette im Aschenbecher.
    Lehoure sah ihn forschend an. Die Musik setzte wieder ein, und Sidney Crane nahm einen großen Schluck. Lehoure war ihm irgendwie unheimlich. Sein Blick war dunkel und tückisch. Um diesem auszuweichen, drehte er leicht den Kopf zur Bar. Seine Augen wanderten über die Flaschenregale, blieben auf dem Spiegel haften. Einen Moment starrte er gedankenlos auf sein Gesicht. Es dauerte Sekunden, bis er feststellte, daß es nicht seitenverkehrt war.
    „Lehoure“, sagte er überrascht, „sehen Sie sich einmal diesen Spiegel an.“
    Lehoure folgte seinem Blick. Dann lachte er in sich hinein.
    „Ein Trick des alten Earnest. Ich finde ihn köstlich.“
    Das Spiegelbild war faszinierend.
    Crane starrte auf Crane. Als hätte er sich verdoppelt, so natürlich sah ihm sein Spiegelbild
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