TS 82: Geheimagentin der Erde
bemühte er sich, möglichst tief zu sprechen, da er eine knabenhaft hohe Stimme hatte. Gleich darauf vergaß er wieder die ganze Umwelt und dachte an den kommenden Kampf.
Erst als die Nennung der Kandidaten vorüber war, wurde er auf eine unerwartete Weise in die Wirklichkeit zurückgerufen. Niemand hatte darauf geachtet, daß die große Eingangstür des Saales sich öffnete, man nahm an, daß Diener zum Anzünden der Fackeln hereinkamen. Plötzlich ließ sich aus einer dunklen Ecke eine Baßstimme vernehmen:
„Auch ich melde mich! Ich wünsche, morgen gegen den König zu kämpfen!“
Alle Köpfe drehten sich herum, und Sir Bavis war vielleicht der verblüffteste von allen. Der Sprecher trat vor, ein Mann von untersetzter Statur und mit schwarzen Augenbrauen. Er trug die Kleidung der Südländer mit dem losen, vom Gürtel zusammengerafften Hemd und weiten Hosen. Er schob die Daumen in seinen Gürtel und stand furchtlos vor dem Herrscher.
Einen Moment herrschte lähmendes Schweigen, dann brachen die unwilligen Stimmen alle auf einmal los. Sir Bavis mußte eine Trompete blasen lassen, um sich Gehör zu verschaffen.
„Wer sind Sie? Woher kommen Sie?“
„Mein Name ist Belfeor“, sagte der Fremde laut. „Ich komme aus dem Süden. Niemand soll sagen, ich hätte kein Recht, gegen den König zu kämpfen. Der Rote Sloin durfte es auch, und es gibt noch andere.“
Belfeor hatte in den letzten anderthalb Stunden genug an Zwischenfällen erlebt, aber diesmal spürte er mit Befriedigung, daß er Eindruck machte. Es war wirklich ein unglaubliches Pech gewesen, ausgerechnet mit einem Galaxis-Agenten zusammenzustoßen, und noch dazu in dessen eigenem Hause! Wahrscheinlich gab es kaum ein halbes Dutzend solcher Agenten auf dem ganzen Planeten.
Aber sie waren noch ganz gut davongekommen. Pargetty war nahe daran gewesen, die Nerven zu verlieren, und auch er selbst hatte eine böse Sekunde gehabt, als dieser Heron hereinstürmte und offenbar sofort erkannte, daß sie nicht von diesem Planeten stammten. Immerhin hatte er sie nicht früher durchschaut, und das bedeutete, daß ihre Verkleidung gut war. Und er hatte keine Möglichkeit gehabt, ihre Anwesenheit weiterzumelden.
Alles war also noch nicht verloren, wenn sie schnell handelten. Sie bauten das Funkgerät ab und rannten aus dem Zimmer.
„Das Haus verbrennen!“ rief Belfeor. „Sie werden glauben, den Dienern ist ein Unglück geschehen – wenigstens bis morgen, und dann sind wir schon an der Macht.“
Pargetty war leichenblaß, nickte aber und zog seine eigene Strahlpistole unter dem Hemd hervor. Sie liefen auf die Straße, und nach ein paar Schüssen durch die Fenster brannte das Haus.
„Das Holz ist knochentrocken, es brennt wie Zunder“, sagte Belfeor grimmig. „Das wird sie eine Weile beschäftigen. Inzwischen müssen wir in der Stadt untertauchen.“
„Wann geht diese Versammlung in der Zitadelle los?“ fragte Pargetty.
„Offenbar, wenn der Abendstern herauskommt. Das muß nach dem hiesigen System um zwei sein. Zum Teufel mit diesem Heron! Ich wollte mir vom Schiff die genaue Zeit durchgeben lassen.“
„Ob sie auf dem Schiff merken, daß etwas schiefgegangen ist?“
„Selbstverständlich! Als erstes müssen wir ein Versteck finden, wo wir das Gerät wieder in Betrieb setzen und den Zwischenfall berichten können. Aber erkläre ihnen, daß kein Grund zur Beunruhigung vorliegt. Die Aktion geht genau nach Plan weiter, Heron kann niemand alarmiert haben. Er hat seine Karawane als Tarnung für seineRundreisen benutzt, kann daher nicht ständiger Agent in Carrig sein. Wir haben Monate Zeit, bis die Meldung von seinem Tode einen anderen Agenten auf dem Planeten erreichen kann.“
Pargetty bemerkte zweifelnd:
„Ich wünschte, wir wären nicht so einfach hereingefallen.“
„Damit mußten wir rechnen. Und jetzt an die Arbeit. Wir werden uns abends nicht sehen, denn wenn sie mich als Kandidaten annehmen, muß ich ja die Nachtwache und den ganzen restlichen Zirkus mitmachen. Du bist auf dich selber angewiesen. Ich nehme Verbindung auf, sobald ich diesen König getötet habe. Keine übereilten Aktionen!“
Von da an hatte er nur noch das Problem vor sich gehabt, in die Zitadelle hineinzukommen, und das war ihm mit einer so fadenscheinigen Lüge geglückt, daß er es selbst kaum glauben konnte. Er hatte der Torwache einfach eine kleine südländische Medaille gezeigt und ihnen gesagt, das sei ein Amulett, das er Saikmar schenken wolle. Schon war er
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