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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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aufgetaucht sind.
    Er erschauerte. Es lag nicht nur an der Grabeskühle des dunklen, schweigsamen Tempels.
    Woher kamen die Götter? Woher kamen die verehrten Stammeszeichen? Woher kamen die großen Tiere, die draußen lebten und von denen jedes von einem Stamm zum Totem und Wahrzeichen erwählt worden war, das Parradil als höchstes von allen?
    Auch das Graat war einmal ein mächtiges, ja ein gewaltiges Tier draußen in der Landschaft gewesen. Es hatte dem Parradil sogar den Rang streitig gemacht. Aber die Graats waren vernichtet worden. Und auch der Stamm Graat war untergegangen.
    Es gab also plötzlich Veränderung in der angestammten Ordnung der Götter?
    Und wenn auch nun wieder eine solche Veränderung der althergebrachten Ordnung eintrat? War das auch dann der Wille der Götter?
    Oder …?
    Saikmar wagte nicht weiter zu denken. Und doch liefen seine Ideen weiter:
    Angenommen, dieser Belfeor tötet den König. Dann ist er der Herrscher. Aber was will er dann machen? Er hat doch gar keinen Stamm? Wird er dann versuchen, von einem anerkannten Stamm adoptiert zu werden? Oder würde er sich bemühen, einen ganz neuen Stamm zu gründen? Und wenn – was für ein Tier wollte er sich dann als Symbol wählen?
    Saikmar war wütend über sich selber, daß er sich in solche Gedanken verstieg. Es war einfach lächerlich, über einen Erfolg dieses Belfeor überhaupt nachzudenken. Und doch nagte etwas in ihm. Er hatte jahrelang die Bräuche, die Gesetze, das Herkommen studiert. Er merkte jetzt, daß er noch nicht genug gelernt hatte. Er wußte nichts über die großen Umbrüche, die sich in der Vergangenheit schon abgespielt hatten, er mußte sich nun ausmalen, was bei einem solchen Umbruch geschehen könnte. Er wurde damit nicht fertig, und das spürte er auch selbst.
    So vergingen die Stunden. Aber von welcher Seite er es auch ansah, es blieb immer die gleiche Frage: so und nicht anders war der Brauch von Carrig. Dafür starben in jedem Jahr die besten Männer. Da konnte man doch nicht zulassen, daß einfach ein Fremdling wie zum Beispiel Belfeor hereinkam und ihnen allen den Gewinn von jahrelangen Mühen wegnahm!
    Er dachte wieder an seine Götter. Und er flehte sie an, die Waffen dieses Belfeor unwirksam zu machen.
     
    *
     
    Jeder Stamm hatte seinen eigenen Abflugplatz für die Segelflugzeuge, der von den Jungen des Stammes bewacht wurde. Der Startplatz des Stammes Twywit lag am nächsten an der Stadt. Aber es wurde Mittag, und das Startzeichen war immer noch nicht gegeben. Saikmar saß in seinem zerbrechlichen Flugzeug. Lunchan fragte ihn:
    „Hast du Angst?“
    Lunchan durfte sein letzter Begleiter sein, weil er selbst schon einmal an der Königsjagd teilgenommen hatte. Er hatte dabei einen Arm und ein Bein verloren. Saikmar hätte ihn in diesen Minuten vor dem Start allerdings zu allen Teufeln gewünscht.
    „Ein bißchen“, murmelte er.
    „Du hast doch nichts von Sir Bavis getrunken? Keinen Glückstrunk?“
    „Nichts. Warum?“
    „Ich, ja, ich habe seinen Glückstrunk getrunken“, sagte Lunchan mit einem seltsamen Lächeln, „das war mein Fehler. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Woran denkst du?“
    „An diesen Fremden – Belfeor“, gestand Saikmar. „Es ist sonderbar, ich muß immer an ihn denken.“
    In diesem Moment hörten sie einen schrillen Schrei vom Beobachter ihres Stammes.
    „Die gelbe Flagge ist da! Sie haben den König gefunden!“
    Sofort erfüllte wildes Geschrei den Startplatz. Saikmar fühlte, wie ihm sein Onkel auf die Schulter schlug. Die Diener ließen die Bremsklötze los, andere Diener warfen sich mit aller Kraft in die Winden. Das Segelflugzeug hob sich vom Boden, schnellte empor. Saikmar zückte sein Messer, um sich im richtigen Moment vom Schlepptau abzuschneiden. Er umfaßte den Steuerknüppel und brachte ihn in die richtige Lage, probierte seine Ruder aus, um richtig zu liegen, wenn der erste Aufwind von den heißen Bergen ihn erfaßte.
    „Da kommt er!“ schrie ein Turmwächter.
    Saikmar hörte es noch – und dann war er allein.
     
    *
     
    Im nächsten Moment drehten sich alle Köpfe zum König hinauf. Saikmar war vielleicht der einzige, der ihn nicht sehen konnte. Er hatte seinen Segler gerade in einer scharfen Linkskurve und mußte scharf aufpassen, daß er nicht abrutschte, sondern in den Aufwind der nächsten warmen Vulkan-Luftwelle der Smoking Hills kam.
    Ja, er kannte hier jeden Krater, jede Luftströmung. Und doch war es jedesmal ein Spiel um Tod und Leben, um

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