Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
Vom Netzwerk:
Stadt, und der Handel mit Trockenfisch brachte im Austausch das Frischgemüse und Obst herein, das die Bewohner von Carrig brauchten. Die Fischer und die Werftleute am Fluß hatten sich zusammengetan und die Ufer zuerst mit hölzernen Anlagen, später mit Kais aus Stein befestigt, und sie bezahlten Wächter, die ihre Werkhöfe gegen Diebe und Banditen schützten.
    In den letzten Jahren waren auch die Städte im Südland größer geworden. Seit die Leute dort sich etwas freier bewegen konnten, war es üblich geworden, wenigstens einmal im Leben die Reise in den Norden zu machen, wo die großen Heiligtümer und die Orakel lagen. Deshalb waren die Reisegesellschaften auf der großen Nord-Süd-Straße auf mehr als tausend Leute angeschwollen, mit Fahrzeugen, Reit- und Tragtieren. Selbstverständlich mußten alle diese Pilger und Reisenden in der Stadt Carrig Station machen. Und ein kluger Bürgermeister hatte eine Brücke über den Strom erbauen lassen, die den Fremdenverkehr zwangsläufig über Carrig leitete, wenn man nicht den Fluß mühsam durch eine Furt überqueren wollte.
    Die Heiligtümer im Norden hatten allerdings in der letzten Zeit an Anziehungskraft verloren. Neue Religionen waren aufgekommen und suchten, das Alte zu verdrängen. Heutzutage reiste nur noch jede vierte Gesellschaft über Carrig hinaus zu den Heiligtümern im Norden, und das waren dann meistens Leute, die irgendein Gelübde abgelegt hatten. Aber auch sie reisten immer nur im Sommer.
    Die Berge schoben sich mit einem letzten Ausläufer bis an die Stadt heran. Auf dem die Stadt überragenden Felsen hatte man eine Zitadelle und einen Tempel erbaut. Die Zitadelle bestand aus grauem Sandstein, der Tempel aber aus dem rosafarbenen Marmor, den man am Flußufer fand. Die meisten Häuser der Stadt jedoch waren aus Holz.
    Und aus Holz war auch die Brücke. Man mußte anhalten und sich von den Zöllnern untersuchen lassen, und es durften stets nur zehn Personen auf einmal die Brücke beschreiten.
    Heron hielt sein Reittier an. Das Pferd schnaufte und schnaubte, als ob es sich mit sich selber unterhalten wollte. Aus dem Wachhause kam ein Beamter, den Heron kannte. Ein Bote hatte die Brückenwache bereits vom Eintreffen der Reisegesellschaft auf dem Territorium von Carrig benachrichtigt. Jetzt wurde ein neuer Bote abgeschickt, der über die Brücke in Richtung Stadt davoneilte.
    Die Abfertigung ging schnell vonstatten. Heron machte diese Reise nun seit mehr als zwölf Jahren viermal jährlich. Er beugte sich im Sattel vor und sprach den Chef der Beamten an:
    „Verstehen Sie bitte, daß wir noch vor Sonnenuntergang Sir Bavis Knole sprechen müssen. Sonst würden wir gezwungen sein, die ganze Woche der Königsjagd ohne unsere Lizenzen abzuwarten. Würden Sie mir erlauben, mit diesen Herren bereits vorauszureiten?“
    „Aber gewiß“, sagte der Beamte höflich. „Wir werden uns auch mit der Inspektion der übrigen Traglasten beeilen, Trader.“
    „Ich danke Ihnen herzlich“, sagte Heron und zog den Hut. Er winkte einem seiner Begleiter und gab ihm Anweisung, dem entgegenkommenden Beamten ein Geschenk zu überreichen. Dann wandte er sich an Belfeor und Pargetty.
    „Aus religiösen Gründen ruht nämlich der ganze Geschäftsbetrieb am Sonnenuntergang auf eine Woche“, erklärte er. „Wir müssen uns vorher noch unsere Zulassung und damit die Aufnahme als Bürger besorgen, sonst dürfen wir in dieser Zeit keine Geschäfte abschließen. Die Zulassung durch die Polizei haben wir bereits. Wir müssen nun schleunigst zur Zitadelle hinauf und um eine Audienz ersuchen. Wir würden große Verluste haben, wenn wir in der Woche der Königsjagd nicht handeln dürften.“
    Belfeor, der dunkle Haare hatte und stämmig von Statur war, wechselte einen Blick mit seinem Gefährten. Sie nickten und ritten mit Heron voraus.
    „Sie sprachen von religiösen Gründen“, sagte Belfeor nach einer Weile. Es kam Heron so vor, als ob ihm Pargetty einen warnenden Blick zuwarf, er konnte sich das aber nicht erklären. Belfeor fragte weiter: „Ist diese Königsjagd nicht eher eine politische Angelegenheit?“
    „Hier in Carrig ist Politik und Religion dasselbe“, sagte Heron. „Die Leute hier haben wirklich seltsame Sitten.“
    „Ich würde nie einen Menschen seltsam nennen, nur weil er andere Sitten hat“, meinte Belfeor.
    Heron sah sich verwundert nach ihm um. Für einen Südländer machte dieser Belfeor überraschend kluge Bemerkungen. In Carrig würde überhaupt niemand

Weitere Kostenlose Bücher