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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Bewohner von Carrig und der Umgebung waren von Alters her Meister in der Kunst, sich in Segelflugzeugen über den heißen Kraterwinden der Smoking Hills in die Höhe zu schrauben. Monatelang trainierten die besten Flieger der Stämme für den Kampf. Wenn im Frühling das Königs-Parradil in seinem Unterschlupf aufgestöbert und aus dem Winterschlaf aufgeweckt war, starteten sie in ihren Segelflugzeugen, um mit Armbrüsten gegen das Königs-Tier zu kämpfen. Man glaubte, daß die Kräfte dieses ungewöhnlich mächtigen Tieres auf den Besieger übergingen, der damit zum neuen Herrscher von Carrig erhoben wurde und seinen Einzug im Palast auf der Zitadelle hielt. Der Rote Sloin jedoch hatte sich selbst mit seinem Flugzeug auf das Königs-Parradil gestürzt und war zusammen mit ihm in einem Krater der Smoking Hills verschwunden.
    Damit gab es keinen neuen Herrscher, und der Chef des Stammes Parradil – dieser Stamm führte die Flügeldrachen als Wappentier und versah mit den Priesterämtern die höchsten Stellen im Staat nach dem Herrscher – hatte sofort stellvertretend die Macht übernommen. Seine erste Tätigkeit war, den verräterischen Stamm Graat auszurotten. Anschließend vertrieb er die Banditen, und damit kehrte der Friede nach Carrig zurück.
    Seit achtzehn Jahren regierte nun Sir Bavis, da inzwischen kein Bewerber das Königs-Parradil bezwungen hatte. Die Harfenspieler hatten die Ballade inzwischen verändert. Der Anteil des Roten Sloin an der entscheidenden Tat war in ihren Gesängen immer kleiner, der des Stammes Parradil immer größer geworden. Sicher hatte man damit Sir Bavis schmeicheln wollen. Aber er erinnerte sich noch genau an den ursprünglichen Text. Jetzt schien es ihm an der Zeit, ihn wiederherzustellen.
    Der Harfenspieler war gerade bei den letzten Tönen des Nachspiels, als Ambrus, der Sohn von Sir Bavis, hereinstürmte.
    „Meine Verehrung, Vater“, sagte er, wie es sich gehörte, mit einer Verbeugung. Aber er wartete die übliche Antwort nicht ab. Er fragte: „Ich möchte wissen, ob das Notwendige jetzt geschehen soll oder erst morgen.“
    „Was?“ fragte Sir Bavis hart und blickte den jungen Mann von oben bis unten an. Wenn er sich diesen Sohn mit seinen starken dunklen Augenbrauen, mit dem trotzigen Gesicht ohne die Züge einer feineren Intelligenz ansah, hatte er sich manchmal gefragt, ob seine Frau ihm immer treu gewesen war. Auch er selbst wirkte ja wie ein Fels in der Brandung, und doch hatte man ihm stets angesehen, daß seine entscheidenden Kräfte in seinem Verstand wohnten. Dieser Jüngling dagegen sah so aus, als ob er alles mit der Faust machen wollte. Nun, Sir Bavis mußte zugeben, daß die Veranlagung von einer Generation zur anderen stark wechseln konnte.
    Ambrus verstand nicht. Er starrte den Vater an:
    „Ich meine – das Notwendige, das getan werden muß! Du weißt doch, Vater …“
    Sir Bavis lehnte sich in seinem Armsessel zurück. Er sagte:
    „Berichte mir, Ambrus, wer hat nach Meinung der Leute die besten Aussichten?“
    Jetzt glaubte der Junge zu begreifen, sein Gesicht wurde heller. Natürlich! Er durfte nicht in Gegenwart der Diener davon reden! Es handelte sich um tödliche Geheimnisse, die nur einem Vornehmen anvertraut sein durften. Der Vater setzte noch hinzu:
    „Sprechen die Leute zum Beispiel gut von Saikmar, Sohn von Corrie, vom Stamm Twywit?“
    „Das tun sie!“ rief Ambrus mit geheuchelter Begeisterung. „Sie sagen, er wäre der Geschickteste seit vierzig Jahren.“
    „Dann werden wir vielleicht noch vor Ablauf der Woche einen anderen Stamm in dieser Festung regieren sehen“, sagte Sir Bavis gleichmütig. „Denn wenn das Volk ihn so hoch einschätzt …“
    Er brach ab, denn er spürte einen neuen stechenden Schmerz in der Brust. Zugleich beobachtete er, wie sich Ambras’ Gesicht verzerrte. Er schloß die Augen.
    Seit Jahren wurde nun schon am Vorabend der Königsjagd über diese gleiche Sache gesprochen. Es handelte sich um einen Krug aus Porzellan, der in einem Nebenraum verborgen und eingeschlossen stand. Der Krug enthielt einen Extrakt aus Kräutern und Chemikalien, von dem zwanzig Tropfen genügten, um den stärksten Mann um seine besten Kräfte zu bringen. Sechzehnmal hatte Sir Bavis den aussichtsreichsten Jagdfliegern einen Glückstrunk schicken lassen, der mit dieser Essenz vergiftet war. Aber diesmal hatte die Faust eines Gottes sein Herz gepackt, als er wieder daran dachte.
    Er öffnete die Augen und sah sich im Kreise der Diener

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