TS 82: Geheimagentin der Erde
Bevölkerungen hatten allerdings interessante neue Kulturen entwickelt. Sie waren natürlich noch nicht so weit, eine neue moderne Technik zu entfalten. Selbst wenn sich hier und da ein Grubenfachmann oder Technologe gerettet hatte, so ist es noch ein unendlicher Weg vom Auffinden von Eisenerz bis zur Herstellung von Stahl. Und wieviel weiter noch von der Uran-Pechblende bis zum ersten Atomreaktor!
Nun, unser Patrouillendienst mit seinen Kreuzern hat die Aufgabe, diese Zivilisationen zu beobachten. Wir haben nämlich nach unendlich langer Zeit begriffen, daß wir auch nicht alles wissen. Eine fremde, ganz auf sich gestellte Gesellschaft in einer dieser Welten kann vielleicht Dinge entdecken, die uns in unserer Entwicklung entgangen sind. Beispielsweise können sie die Lebenswissenschaft vielleicht weiter vorantreiben, als wir es getan haben, oder sie könnten die Biochemie auf einen so hohen Stand treiben, wie wir es mit der Elektronik getan haben. Das ist der Grund, weshalb wir uns in dasLeben dieser Völker nicht einmischen. Wir beobachten sie nur, wir machen sie nicht einmal mit unserer Existenz bekannt.“
Maddalena fühlte irgendwie einen Widerspruch in sich. Was Langenschmidt da erzählte, das hatte sie alles schon auf der Universität gelernt, und doch klang es hier draußen anders. Hier sprach jemand, der sein ganzes Leben an diese Aufgabe setzte.
„Trotzdem müssen wir ständig beobachten“, sagte er. „Zwei Gründe: erstens gewinnen wir daraus ganz neue Aufschlüsse über neu entstehende Kulturen. In einem Jahrhundert Beobachtung der Flüchtlingskulturen haben wir über die frühen Stufen der Zivilisation mehr gelernt, als in Jahrtausenden Forschung über unsere eigene Frühgeschichte auf der Erde. Und zweitens ist unser Patrouillendienst nicht die einzige Organisation, die sich um die jungen Kulturen kümmert.“
Maddalena sagte das Stichwort: „Sklavenwelten.“
„Sehr richtig. Woher wissen Sie das? Nun, spielt keine Rolle. Ursprünglich hatten die Sklavenwelten nichts mit den Flüchtlingen von Zarathustra zu tun. Es handelte sich um Wesen, die von Ausbeutern gewaltsam von ihren Heimatplaneten abtransportiert wurden und irgendwo auf einem anderen Planeten arbeiten mußten, meistens in Uran-Bergwerken, oder zur Beschaffung von Leichtmetallen. In einem Falle hat dieses Ausbeutungsgeschäft zweihundertundzwölf Jahre gedauert, bis unser Patrouillendienst dahinterkam und eingreifen konnte.
Heute aber besteht die Gefahr, daß ein Ausbeuter von irgendeinem höher kultivierten Planeten eine Chance darin erkennt, sich zum Herren der primitiveren Flüchtlingskulturen zu machen und die Bodenschätze des Planeten für sich ausnutzen zu lassen. Im Falle des Planeten, um den es jetzt geht, scheint diese Gefahr akut zu werden. Wir wissen nichts Genaues, obwohl wir fünf Agenten dort stationiert haben. Bei den dortigen Verhältnissen kann ein Jahrzehnt vergehen, bevor wir genaue Nachrichten haben.
Wir können natürlich einfach hinfahren und nachsehen. Das würde aber für die Völker dort eine ungeheuerliche Umwälzung bedeuten. Die meisten Völker dort haben ihre eigene Religion entwickelt, die meist auf die alten Sagen von den Sternflügen ihrer Vorfahren zurückgeht. Ihr Leben wird sehr stark durch ihre religiösen Bräuche bestimmt. Unsere Einmischung würden sie als einen Eingriff der Götter auffassen, und das würde eine Art religiöser Hysterie auslösen und ihren natürlichen Entwicklungsgang völlig aus dem Gleis werfen. Das können wir nicht wagen.“
Langenschmidt zeigte mit seinem Lichtpfeil auf einen Planeten in Entfernung von zwanzig Parsec vom Stützpunkt:
„Das ist der Planet, um den es sich handelt: ZFP 14. Das heißtZarathustra-Flüchtlings-Planet vierzehn. Die gesamte Bevölkerung wohnt auf einem großen Kontinent, mit Ausnahme einiger bewohnter Küsteninseln. Gesamtzahl etwas mehr als zwei Millionen. Angefangen haben sie mit weniger als achthundert Personen, gerade die Besatzung eines einzigen Flüchtlingsschiffes, das dort landete. Das Klima ist erträglich. Es ist ein Planet der Klasse A, die örtlichen Pflanzen und das Fleisch der meisten Tiere ist für Menschen genießbar. Die größte Stadt heißt Carrig, sie beherrscht den wichtigen Nord-Süd-Reiseweg und ist durch einen schiffbaren Fluß mit der Küste verbunden, von wo Trockenfisch geliefert wird.
Carrig hat siebzehntausend Einwohner und beherrscht ein Gebiet von der Größe eines kleinen Nationalstaates. Und dort in Carrig
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