TS 82: Geheimagentin der Erde
Morgen früh mit dem Verkauf beginnen zu können und sich die besten Plätze für ihre Stände zu sichern. Und so setzte ein Wettlauf um die nahe gelegenen Quartiere ein.
Es entstand ein solcher Wirbel, daß Heron abstieg und sich mitten ins Gedränge stürzte. Mit lauter Stimme, mit scharfen Befehlen und gelegentlich auch mit groben Worten brachte er etwas Ordnung in den Betrieb. Als er zu Belfeor und Pargetty zurückkehrte, sah er ganz zufrieden aus. Er meinte:
„So weit wären wir also, meine Herren. Was haben Sie jetzt vor?“
Belfeor zuckte die Schultern: „Weiter nichts, als eine Unterkunft für die Nacht zu suchen.“
„In der Nähe des Marktes werden Sie kein Glück mehr haben. Vor unserer Ankunft sind ja schon die ganzen Bauern aus der Umgebung eingetroffen, die morgen ihre Frühjahrsfrüchte anbieten wollen. Die Königsjagd ist hier der größte Rummel des Jahres. Aber ich besitze selbst ein Häuschen hier. Nicht groß, aber gemütlich. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, gemeinsam in einem Zimmer zu übernachten, sind Sie mir als Gäste willkommen.“
Heron merkte, daß Pargetty schon ablehnen wollte, aber Belfeor ließ ihn nicht zu Wort kommen und sagte:
„Das wäre allerdings wundervoll! Und wir sind so gern in Ihrer Gesellschaft gereist, daß wir die Bekanntschaft nicht früher als nötig beenden möchten. Ich hoffe, Sie denken ebenso.“
„Aber …“, machte Pargetty.
Doch sein Kollege unterbrach ihn sofort: „Unsere Angelegenheiten hier werden dadurch nicht berührt. Machst du dir deshalb Kopfzerbrechen?“
Pargetty nickte stumm. Heron zog die Augenbrauen hoch. Sie hatten hier also doch eine „Angelegenheit“, diese beiden ungewöhnlichen Fremden, irgendwelche Geschäfte! Sie hatten unterwegs kein Wort davon gesagt. Heron hätte ganz gern gewußt, was sie wohl in Carrig wollten.
Belfeor blieb neben Heron, als sie den Markt verließen, und fragte:
„Was spielt sich denn nun im Programm dieser Königsjagd heute abend noch ab?“
„Wenn der Abendstern aufgeht, wird Sir Bavis die Festtage der Königsjagd für eröffnet erklären. Im Palast findet dann eine Versammlung der Stämme statt, und jeder Stamm stellt seinen Kandidaten und Turnierkämpfer vor. Die Turnierritter werden dann offiziell zugelassen und müssen bis zum Morgengrauen Wache halten, während die Stämme im Audienzsaal ein großes Fest, feiern.
Morgen früh wird dann der König aufgeweckt. Sie wissen ja, daß man als König das stärkste Parradil bezeichnet, ein geflügeltes Tier. Es hat manchmal schon zwei Tage gedauert, bis man herausgefunden hatte, welche Höhle er sich für seinen Winterschlaf ausgesucht hatte, obwohl sie im allgemeinen schon vorher aufgesucht und bezeichnet wird. Dann beginnt drüben in den Smoking Hills der große Kampf. Die Kämpfer steigen in ihren Segelflugzeugen auf und versuchen, das Königs-Parradil zu erlegen. Der Kampf geht solange, bis der König getötet ist – oder alle seine Gegner. Der jetzige König hat das schon achtzehn Jahre lang überstanden. Ich habe mir sagen lassen, daß einige besonders gute Kämpfer drei Tage und Nächte mit ihm gestritten haben. Hinterher fand man sie, der Kandidat war tot und der König völlig erschöpft und eingeschlafen. Aber das liegt schon etliche Jahre zurück.“
„Und wenn jemand den König überwindet?“
„Dann ist derjenige ein Jahr an der Regierung. Zur Zeit herrscht das Sondergesetz eines Interregnums. Der Stamm Parradil regiert. Deshalb darf er selbst nicht gegen den König kämpfen, und die anderen Stämme kämpfen gemeinsam. Man hat diese Sonderregelung getroffen, weil der König im Laufe der Zeit alle geeigneten Bewerber seines eigenen Stammes getötet hat, und so führen die Parradils die Regierurig sozusagen in Stellvertretung. Man sagt aber, daß der König nach achtzehn Jahren stärker und mächtiger sein soll als jemals zuvor.“
„Wie sieht er aus?“ fragte Belfeor.
„Ich habe ihn nur von weitem gesehen“, sagte Heron, und mit einem Achselzucken setzte er hinzu: „Wenn es nicht unbedingt sein muß, bleibe ich lieber einen Tagesmarsch entfernt von diesem König.“
*
In seinem Hause ließ Heron sofort Diener kommen, die sich um seine beiden Gäste kümmern sollten. Er war recht überrascht, als die Diener zurückkamen. Er hatte sich gerade gewaschen und rasiert und sich umgezogen. Er fragte die Leute, was los sei. Sie erklärten ihm:
„Sir, Ihre Gäste haben einen kleinen Reisealtar aufgestellt, um für einen
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