TS 83: Der Mann, der ein Roboter war
ich eintreten?“
„Kommen Sie herein, Betty.“
Der hübsche ,Komputer’ setzte sich. Betty wollte gerade zu sprechen beginnen, als sie schon wieder innehielt und ihre Antenne auszog. Nach einigen Sekunden schaute sie zu Keith hin und sagte ruhig: „Entschuldigen Sie, bitte! Ein Auftrag. Es dauert voraussichtlich ungefähr eine Viertelstunde.“
„O. K. Betty, Sie stören nicht.“ Keith nickte ihr zu und schaute zur Wanduhr.
Nach kurzem Überlegen trat er zu einer der Apparaturen und drückte einen Schalter ein. Irgendwo, weit unter ihm, griff im gleichen Augenblick ein Roboter in die Reihe der fertiggestellten Bewußtseinsmoduln und schob den statistisch ermittelten Baustein in die Plastikkapsel der Rohrpost. Einige Sekunden später glitt ein Fach an der Apparatur vor Keith auseinander.
Vier Handgriffe genügten, und der Modul lag unter dem Schichtradioskop. Der Schirm zeigte nach der Registriernummer das übliche Bild eines verwirrenden Netzwerkes, doch Keith achtete kaum darauf. Seine Gedanken rekonstruierten unaufhörlich die Fakten, die zu seiner jetzigen Situation geführt hatten. Er wechselte unablässig induktive und deduktive Methoden, um durch logische Verknüpfung von Realitäten und Wahrscheinlichkeiten den Mörder des Leutnants zu finden.
Sein Verstand war geschult. Die häufige Suche nach verborgenen Schaltfehlern und der ständige Zwang seines Berufes, zu kombinieren, waren als Schulung für einen Detektiv durchaus geeignet; skeptisch stimmte ihn allein der Gedanke an seine sonstigen Fähigkeiten, einen Verbrecher zu stellen.
Keith konnte das Problem betrachten, wie er es wollte, seine Schlüsse führten ihn von allen Seiten auf einen Mann: Takata, den Senator Yamura Takata.
Wenn der Japaner aber der Mann im Hintergrund war, und Keith zweifelte kaum daran, dann war es überflüssig, ja fast gefährlich, den nächsten Zug zu tun. Keith war sicher, daß Takata von ganz allein versuchen würde, wieder aktiv in den Ablauf der Ereignisse einzugreifen. Wo und wann war allerdings ungewiß.
Mitten in diese Überlegungen schrillte, in schnellen Intervallen auf- und abklingend, die Alarmsirene.
Keith hatte sie erst einmal in seinem Leben gehört, nämlich als ihm ihre Bedeutung erklärt und demonstriert worden war.
Sekundenlang flackerte das Licht. Der Boden vibrierte leise. Ein dumpfes Rollen kam von irgendwo unter seinen Füßen.
Keith drückte einen rot umrandeten Knopf in den Analysator.
Die Visorscheibe auf seinem Schreibtisch leuchtete auf. Der Kopf eines hohen Polizeioffiziers fixierte sich.
„Major Seth Campbell! Alarm aus Testzentrale! Bitte bestätigen!“
„Testzentrale, Doktor Keith! Alarm automatisch! Sicherungen vorläufig gemäß Anweisung A 00! Untersuchung abwarten!“
Keith wurde fast zu einem Humanoiden. Seine Bewegungen verschenkten keinen Millimeter, seine Reaktionen keinen Sekundenbruchteil. Keith wußte, daß jeder Punkt der Zentrale auf Mikrofilm festgehalten wurde. Mehr als fünfzig Kameras wurden durch den Alarm automatisch eingeschaltet, jede seiner Handlungen und Worte konnten später dazu benutzt werden, ihm einen Verrat nachzuweisen, sobald er ihn beging. Aber es war außerordentlich beruhigend zu wissen, daß ein ungesetzliches Vorgehen nicht notwendig war.
Nach 2,54 Minuten hatte er die Ursache des Alarms lokalisiert. Der schwarzuniformierte Major füllte erneut den Visorschirm.
Keith informierte ihn knapp und sachlich. „Major Campbell? Schwerer Eingriff in das Bewußtseinszentrum der Nr. ZZ 97 – 843 991. Eine erste Untersuchung rechtfertigt Stufe A 00. Ich verständige den Rat.“
„Gut, Dr. Keith. Ich erwarte Ihre Befehle.“ Das Bild des Majors verschwamm.
Keith tastete erneut den roten Knopf und dazu eine Kodenummer. Das Bildgespräch wurde bevorzugt geschaltet. Auf dem Schirm erschien augenblicklich der massige Schädel Orlows.
Mit kalter, unbewegter Stimme wiederholte Keith: „Keith, Kontrollraum Testzentrale! Automatischer Alarm, Stufe A 00! Hervorgerufen durch schweren Eingriff in den Bewußtseinsmodul der Nr. ZZ 97 – 843 991. Anfrage, ob planmäßig vorgegangen werden soll.“
„Zum Teufel!“ Orlow bemühte sich gleichzeitig, den Sinn der Meldung zu erfassen, seinen gelben Poncho umzuhängen und seine Perücke zu richten. Es gelang ihm alles nur unvollständig. Er schien gerade ein wenig geschlafen zu haben.
„Anfrage noch offen“, drängte Keith.
„Erklären Sie bitte genauer, welcher Art der Eingriff ist“, entgegnete Orlow,
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