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TS 86: Geist ohne Fesseln

TS 86: Geist ohne Fesseln

Titel: TS 86: Geist ohne Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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kennengelernt. Aus den Lehrverfahren vieler Schulen war ein Konzentrat hergestellt worden, das Rogier in seiner ruhigen, sachlichen Art den Kindern darbot. Die Schüler waren fähig, die Reaktionen zu erkennen – sie kannten sogar eine unwahrscheinlich große Menge von Stoffen, die frei oder gebunden im Kulturkreis der Quaysa vorkamen und mit denen sie eines Tages auf ihre Art experimentieren würden.
    In der Physik bestimmten sie bereits völlig selbständig Geschoßbahnen und Raumschiffkurse, berechneten überschlägig Planetenbahnen und kannten die verschiedenen Sonnentypen. Das Verständnis aller dieser Dinge hatte Rogier vermittelt, so gut, daß er manchmal selbst staunte.
    Die Klasse war im Fach Waffenkunde zum Schießpulver gekommen.
    Man bestimmte zusammen Schwefel, suchte und fand ihn auf dem Planeten, und die Telekinetiker holten eine kleine Menge davon. Dann verbrannte Davie Tadros in einem Vakuum – das Plasman, der Energetiker, errichtete – ein Stück Holz zu Holzkohle, anschließend stellte die Klasse Kaliumnitrat her. Dann wurden die drei Substanzen zusammengebracht, und der Pyrokinetiker – also Tadros, der mit jeder Art von Feuer, Hitze oder glühenden Stoffen umgehen konnte – zündete den Stoff.
    Es gab eine große, stinkende Wolke, nachdem die Explosion verpufft war. Plasman, der sich stets mit Tadros neckte, bildete quer durch das Zimmer eine Energieröhre, die kurz vor Tadros Gesicht unsichtbar endete. Der gelbe, sich ausbreitende Rauch schoß durch die Luft und fuhr vor Tadros aus der Röhre. Hustend und mit tränenden Augen fuhr Davie hoch, sah in siebzehn lachende Gesichter und setzte sich wieder.
    Nachdem Rogier, der nicht erfaßt hatte, wer diesen Streich gespielt hatte, die Klasse kopfschüttelnd auf den Zweck des Unterrichts aufmerksam gemacht hatte, ging die Stunde ruhig weiter.
    Tadros rächte sich auf eine ihm gemäße Weise.
    Anton Plasman, der achtzehnjährige Russe, entwickelte gerade mühelos von seinem Platz aus eine Gleichung, die einen fiktiven Planetenkurs darstellte. Er rechnete vor sich auf einem Blatt und sah ab und zu an die Tafel, an der Rogier den Rechengang mitschrieb. Plötzlich ertönte ein markerschütternder Schrei.
    Plasman sprang senkrecht in die Höhe, wie eine Katze, die auf eine heiße Herdplatte gefallen war. Rogier fiel die Kreide aus den Fingern, und er erstarrte wie eine Salzsäule. Der Vergleich mit der kreischenden Katze stimmte; Plasman war die Katze, und sein Stuhlsitz war die glühende Platte. Nur – daß das Holz nicht brannte, sondern daß eine millimeterdicke Schicht von konzentrierter Hitze für zwei Sekunden zwischen Sessel und Haut aufgeflammt war. Das Gesicht von Davie war freundlich, leicht spöttisch und sehr zufriedengestellt. Rogier warf die beiden Telepathen aus dem Zimmer.
    Nachdem sie sich draußen, vor dem Hügel, eine Weile herumgezankt und geprügelt hatten, gingen sie hundert Meter bis in die Nähe der Wildwasser. Dort setzten sie sich an den Rand des Baches und versuchten einträchtig und in schönster Freundschaft, mit Steinen kokosnußähnliche Früchte an Palmen zu treffen.
    McKinney, der die Sache eine halbe Stunde später erfuhr, lachte, bis ihm die Tränen kamen. Es war – abgesehen von einem Jungenstreich – ein Beweis, wie souverän die Kinder bereits ihre Fähigkeiten kontrollieren konnten.
    Das geschah zu der Zeit, da von den sechzig Planeten, die noch den Vereinigten Mächten gehörten, weitere zehn in die Hände der Quaysa fielen. Es war der Tag, an dem Terra und Gorquon nur noch fünftausend Lichtjahre von der Hauptkampflinie entfernt lagen und der Krieg bereits im dreizehnten Jahr weit fortgeschritten war. Noch waren einige Monate durchzustehen …
    Das praktische Training der Telekineten und Teleporteure hatte begonnen. Unter einem grünen Sonnensegel, das man zwischen vier kerzengeraden Palmenstämmen ausgespannt hatte, lag die stark vergrößerte Karte des Planeten.
    Sie lag auf einem großen Tisch. Robert Owen, der fast sechzehnjährige Neger, stand daneben; er sah von der Karte hinüber zu Odette Davies, die das Training übernommen hatte. Neben Owen saß der Russe Muno Rossiter, siebzehn Jahre alt, breitschultrig und phlegmatisch. Das Phlegma, das diesen jungen Mann kontrollierte, reichte nur bis zu einem gewissen Punkt des Daseins; nämlich dem, an dem sich Rossiter für etwas zu interessieren begann. Erfahrungsgemäß dauerte es ziemlich lange, bis der Russe sich interessierte. Man hatte aber die

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