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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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gedeckte Haus mit seinen hübschen Holzfensterläden und den hohen Kaminen passte so gar nicht in die restliche trostlose Umgebung von Ketsch. Innerhalb der Mauern schien die Zeit stillzustehen. Aus einem flachen Anbau hörte man das Muhen von zahlreichen Kühen, vor dem Tor standen ein Dutzend Milchkannen, ein weiterer Bediensteter stellte gerade vier volle Kannen von einem niedrigen Wagen dazu. Der Misthaufen nebenan dampfte in der Morgensonne und ein paar Hühner liefen pickend umher. Irgendwo grunzten auch einige Schweine. Edwards konnte es sich durchaus vorstellen, hier mal einen romantischen Urlaub mit seiner Verlobten zu verbringen. Leider gab es keine Verlobte und auch noch keinen Urlaub. Und die Romantik blieb beim Handeln mit Kriegswaffen sowieso auf der Strecke.
    »Guten Morgen, meine Herren, was kann ich für Sie tun?«
    Letchus sprang sportlich von der Halbkette herunter, begrüßte den Knecht auf Französisch mit Handschlag und Schulterklopfen.
    »Wir möchten mit Ihrem Herrn reden, weil wir Ihnen ein Angebot machen wollen. Natürlich können Sie dabeibleiben, wenn Ihr Herr nichts dagegen hat. Wo ist er?«
    »Wollen die anderen nicht aussteigen?« Edgar deutete in Richtung der Halbkette. »Sie sind alle willkommen!«
    »Nein, die Soldaten bewachen die Waffen, die wir Ihnen mitgebracht haben. Wir brauchen aber ein paar Informationen von Ihnen wegen der heranrückenden Amerikaner. Da wird es Probleme geben.«
    »Für die Geschäfte bin nur ich zuständig!« Edgar rieb sich grinsend die Hände. »Der Bauer interessiert sich nicht für solche Sachen! Ich hole ihn aber trotzdem sofort.« Er lief durch den von Buntsandsteinen umwölbten Torbogen in das Haus. Über der dicken Eichentür hatte ein gekonnter Steinmetz ein stattliches Wappen und die Jahreszahl 1659 in den Schlussstein eingemeißelt. Nach wenigen Minuten erschien Edgar wieder mit einem älteren, weißhaarigen Mann im Gefolge, der die Soldaten bei deren Anblick wie vom Blitz getroffen anstarrte und dann den Knecht am Ärmel zog. Er zischte den Knecht gepresst auf Deutsch an: »Edgar! Verdammt, das sind doch keine Franzosen! Das sind Amerikaner! Das Fahrzeug ist auch amerikanisch! Bist du blind? Die wollen uns ganz bestimmt nichts verkaufen!«
    »Aber die haben französisch mit mir gesprochen und französische Uniformen!«
    »Diese Leute sind definitiv keine Franzosen! Hörst du?«, er wandte sich ab, hielt Edgar jedoch am Arm fest.
    »Meine Herren, was kann ich für Sie tun? Die Franzosen haben schon alles kontrolliert. Wenn Sie ein paar Eier möchten, lasse ich sie Ihnen bringen. Möchten Sie meine Ausweispapiere sehen?« Dollmann grinste die Besucher unschuldig und mit einem Engelsgesicht an, gleichzeitig rieb er sich verlegen die abgearbeiteten Hände.
    Als der Knecht sich von dem Bauern mit einem Mal losriss und blitzschnell im Haus verschwand, wurde Dollmann schlagartig ernst. Von drinnen konnte man ein paar Türen schlagen hören.
    In diesem Moment zogen Letchus und Edwards ihre Maschinenpistolen hervor, griffen nach dem Bauern und zerrten ihn die breite Steintreppe hinunter. Letchus bohrte ihm den Lauf in den Rücken, sodass er sofort die Arme in die Luft hob und die Hände am Hinterkopf faltete. Letchus winkte zu seinen Kameraden in der M3 und deutete ihnen, um das Haus herumzufahren.
    Vickers verstand das Zeichen, startete den Motor und musste sich erst mal orientieren. Da er keine Durchfahrt zur Rückseite des Hauses erkennen konnte, wählte er den kürzesten zwischen dem Misthaufen und einem Schuppen hindurch. Hucky entsicherte das Browning-MG, während die anderen ihre Waffen bereithielten.
    Ohne Rücksicht überfuhr Vickers den neben dem Misthaufen stehenden Zaun und zwängte das Fahrzeug in die Lücke. Als es im hinteren Bereich des Platzes noch enger wurde und die Halbkette in der Gülle zu versinken drohte, durchbrach Vickers die Holzwand des Schuppens und fuhr krachend und splitternd hindurch. Die dort sitzenden Hühner flatterten aufgeregt gackernd in alle Richtungen davon, der hölzerne Stall wurde von den rotierenden Ketten und dem tonnenschweren Fahrzeug platt gedrückt und zermalmt. Das schwere Maschinengewehr brach ohne Widerstand durch die Holzkonstruktion des niedrigen Daches. Holzteile, Staub, Stroh und Federn regneten auf die Soldaten in der Halbkette herab. Als sie den Hühnerstall zerstört hinter sich gelassen hatten, konnten sie Edgar erkennen, der inmitten der vielen Wehrmachtskisten und aussortierten Handfeuerwaffen

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