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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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drocke Würscht aus’m Vorratsschränkle! Die Franzmänner, die vor en paar Tage hier ware, henn uns des Vieh aus’m Stall g’holt und mitgnomme und des alde Pferd vom Lessler Karl nebbe o scho glei uff’m Gehweg g’schlachtet! Mir henn jetzt nur noch des Gemüs’ auf’m Feld zu esse.«
    »Und wozu haben Sie die Sense dabei?«
    »Wenn sich der Franzmann, der unsere Kuh mitgnomme hat, noch emol blicke lässt, schlitz ich en uff!«
    »Das ist doch Wahnsinn! Die Franzosen erschießen dann alle hier. In Neulußheim wär’s fast genauso weit gekommen. Ein paar Bauernfamilien haben sich auch gegen die Franzosen aufgelehnt und protestiert. Diese haben dann wahllos mehrere Männer aus der aufgebrachten Menge herausgezogen und ihnen Pistolen an die Schläfen gehalten! Im allerletzten Moment wurde man noch vernünftig.« Christine blickte den Mann ernst an. »Das kann doch auch anders gelöst werden. Oder wollen Sie riskieren, erschossen zu werden?«
    »Mädle, was solle mir denn noch mache? Solle mir hier verhung’re? Des Brunnehäusle unne beim Hafe isch futsch, do isch en Wackes mit’m Laschter dran hänge bliebe. Jetzt kommt kei Wasser mehr und mir müsse wieder wie frieer von Hand bumbe. S’ Schulhaus isch auch hie und se henn all Leit von der Gemeinde mitgnomme. Sogar de Poschtbot, weil er sei Poschtmütz uffg’hat hätt. Do könne die Amis a nix ännere!«
    »Können Sie uns wenigstens ein paar Eier geben? Notfalls kann Ihnen mein Begleiter ein paar Zigaretten dafür hierlassen, wenn Sie möchten.«
    »Sie habbe Zigarette?«
    Der bisher schweigsame Corporal Roebuck hatte plötzlich auch etwas verstanden und zückte die Packung mit den Lucky Strikes. Die Gesichter der drei Männer hellten sich schlagartig auf. Richtige Zigaretten hatten sie schon lange nicht mehr gehabt und die waren auch hier als universelles Zahlungsmittel sehr willkommen. Zum Rauchen viel zu schade.
    Schnell war der alte Mann zurück in seinen Hof gelaufen und brachte nach kurzer Zeit sechs Eier mit, die er dem Amerikaner feierlich überreichte. Dafür bekam er sechs Zigaretten geschenkt, ein super Geschäft in Anbetracht des Wertes, die diese hier hatten. Für Zigaretten konnte er Mehl, Fett oder Fleisch tauschen.
    »Haben Sie auch noch etwas anderes als Eier?«, wollte Christine wissen.
    Der andere Mann, der sich inzwischen mit unschuldiger Miene auf die Mistgabel lehnte, überlegte kurz und antwortete: »Wenn Sie morgen früh kurz nach Sonnenaufgang kommen, können Sie frische Fische kaufen. Wir gehen bis frühmorgens an den Rhein zum Fischen, anschließend verkaufen wir sie oben am Rathaus. Ein paar Nasen, Rotfedern und so haben wir immer übrig.«
    »Ein Fisch, der Nase heißt?« Christine grinste ihn an.
    »Ja, oder Schnabel. Wie Sie wollen. Das hat mit der Form des Fischmauls zu tun.«
    »Ach so.«
    Auf einmal meldete sich Roebuck zu Wort: »You have fish? Very good! {17} Morgen hier! Fisch kaufen!« Er rieb sich mit der flachen Hand über den Bauch. »I love fish! Du cigarettes, ich Fisch! Okay?«
    Der Bauer lachte, schüttelte Roebuck die Hand und nickte mit dem Kopf. »Okay! Fisch kaufen!«
    Nach einer kurzen Verabschiedung spazierten der Amerikaner und seine Freundin wieder zum Lager zurück, welches sie nach zwanzig Minuten erreichten. Unterwegs hatte Roebuck die Blüten und Blätter von verschiedenen Pflanzen im Ackerrain abgerupft und eingesteckt. »Good spice!« {18}
    Auch Edwards und van Bouren hatten den Abendlauf über die Feldwege inzwischen beendet. Der schweißgebadete Offizier stemmte gerade seine Hände in die Hüften und klagte über heftiges Seitenstechen und Atemnot, van Bouren hüpfte währenddessen auf der Stelle oder machte zwischendurch Dehnübungen.
    »Sir, Sie sollten öfters Sport machen! Wir sind die Hälfte des Weges spazieren gegangen! Wenn wir dieses Gebiet von den Frenchys übernommen haben, könnten wir abends auch nach Schwetzingen laufen.«
    Edwards, der sich noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht vornüberbeugte, starrte den muskulösen Gunner entsetzt an. »Nach Schwetzingen, sind Sie irre? Noch sind wir in Verhandlungen. Irgendwann mal, vielleicht. Allerdings sind die Frenchys sehr stur.«
    »Dafür, dass sie ohne großes Zutun einen Teil von Deutschland beanspruchen und den Krieg mit uns gewonnen haben wollen, stellen sie aber große Ansprüche«, stellte van Bouren fest.
    »Mitgewonnen! Das ist gut! So könnte man das auch sagen. Diese Theorie dürfen Sie aber keinem Franzosen erklären. Die

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