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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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auf den Schädel ein.
    Beaka, die alles gesehen hatte, vergaß ihre Vorsicht und die Sitte, und rannte ins Wasser. Sie ließ sich ins eisige Wasser fallen und half.
    Alle drei waren erschöpft, als sie den Fisch endlich an Land gebracht hatten. Morlok nahm Beaka um die Schultern, und mit unbewegtem Gesicht betrachtete Kuva die beiden. Wenn Morlok einst auf der Jagd blieb, würde er für die Frau sorgen müssen.
    »Ich werde heute zu deinem Vater gehen«, sagte Morlok leise. Und das Mädchen wußte, was er meinte. Sie lächelte ihm zu und lief schnell davon. Morlok und Kuva arbeiteten weiter und schleppten ihre Beute ins Lager zurück.
    »Siehst du?« fragte Morlok plötzlich und gab Kuva einen Stoß mit dem Arm.
    »Ja«, sagte Kuva und blickte auf die dichte grüne Wand, die sich endgültig über die Sonne schob. Das einmalige Schauspiel bedeutete den Anfang einer langen, kalten Zeit, in der alles in der Natur starb, um wiedergeboren zu werden, wenn das mächtige Tagauge wieder leuchtete. Das Lager wimmelte kurz von Menschen, die sich in ihre Behausungen zurückzogen und durch die Gänge liefen, die alle Erdhöhlen miteinander verbanden. Dann war der Nebel heran und bedeckte alles. Man sah kaum die Hand vor den Augen.
     
    *
     
    Zäh wie tropfendes Harz verging die Zeit des langen Lagers. Niemand litt unter Langeweile, aber es war eine harte Zeit für die Jäger, die das freie Umherstreifen gewohnt waren. Morlok und Beaka wohnten in einem Zelt, und Kuva hatte die Behausung neben ihnen. Er saß oft mit Morlok zusammen, der mit ihm Pfeile fertigte oder ihn in die Geheimnisse des Jagdzaubers einweihte. Sonst war Kuva allein und hockte vor dem Feuer.
    Bilder tauchten auf: Avik und das weite Tal der Erns. Seine Sippe, unter der die Dämonen reiche Opfer finden würden. Schweißgebadet wachte Kuva am Morgen wieder aus seinen Träumereien auf. Dann kam Morlok und sprach leise mit ihm über den Ablauf des Lebens.
    »Deine Sorgen sind ein gutes Zeichen«, sagte er einmal, »du wirst ein guter Jäger und Anführer werden. Dein Vater hatte recht – wer von euch überlebt, wird niemals wieder hungern oder frieren. Das muß so sein.«
    »Ich hätte bei ihnen bleiben sollen«, sagte Kuva dann. Morlok schüttelte den Kopf.
    »Nein! Du mußtest lernen. Deine Sippe braucht diese Prüfung. Sie sind selbst schuld.«
    Aber eines Morgens ...
    Morlok, der Wolf, saß neben dem Lager von Kuva und sah ihn an. Er lachte.
    »Komm«, sagte er. »Du kannst das erste Sonnenfeuer sehen.«
    Sie bewegten sich durch den schmalen Gang zum Eingang hinaus und sahen in den kaum dämmernden Morgen. Der klare Himmel lag über den fliehenden Resten grüner Nebel. Am Rand des Himmels stand ein Feuer, wie ein kleines Tagauge, doch heller als die Himmelsfeuer der Nächte. Das Sonnenfeuer!
    Beaka kam zu ihnen. Sie sah verschlafen aus und hatte ein Fell um die Schultern geworfen. Einen kurzen Augenblick sah sie Kuva an und ein schneller Gedanke schoß durch seinen Kopf. Morlok schien zu wissen, was er dachte, er sagte:
    »Noch ein paar Tage, bis die Hulmen in ihre Höhlen zurückkehren. Dann brechen wir auf.«
    »Hier gibt es viele Hulmen«, sagte Kuva und blieb neben dem Eingang sitzen, als sich Beaka und Morlok wieder zurückzogen.
    Sie zählten die Tage an den Fingern ab. Als sie den letzten Finger berührt hatten, brachen sie auf. Die anderen Jäger begannen damit, die Zelte aus Fellen, die über den Wohngruben standen, abzubrechen. Zehn Jäger, Beaka und Kuva und Morlok brachten die Waffen aus dem Zelt und begannen zu wandern. Wie jedes Jahr, hatte sie der unbezähmbare Drang erfaßt. Sie zogen in die Richtung, aus der sie einst gekommen waren.
    Es ging den Wasatpfad entlang. Hufabdrücke, Kotbrocken und der zertrampelte, gefrorene Wolkenatem kennzeichneten die Spur, die am Erntal vorbeiführen würde. Erst nach langer Zeit würden die Wasate wieder ans große Wasser zurückkehren. Die Luft war gut und sauber. Die Männer waren froh, den Grünnebel gut überstanden zu haben, und überall um sie herum erwachte das Leben. Das Tagauge kam, heiß und stechend und blendend.
    Am späten Tag schoß Morlok einen großen, schwarzen Vogel, der unvorsichtig seine Kreise gezogen hatte. Das gab wieder Federn für die Pfeile. Endlich, nach einigen Tagen, kamen sie an den Rand des Erntalkessels.
    Morlok befahl den Männern und Beaka, zurückzubleiben.
    Er schien nachzudenken, denn er war ungewohnt schweigsam. Etwas, das nichts mit den vorliegenden Dingen zu tun hatte,

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