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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Wirklichkeiten unrichtig. Nicholas lachte und nahm einen Fettstift. Er ging hinüber zur Staffelei und signierte zuerst den noch unfertigen Kopf William Cherborgs, dann die Ölkreidezeichnung der beiden Türme und schließlich die Höhlenmalerei.
    Nicholas Magat, 1964
    Dann räumte er das Geschirr vom Tisch und sah sich in seinem kleinen Reich um. Er hörte die Nachrichten im Radio und eine Schlagersendung, spülte das Geschirr ab und setzte sich nachher wieder in den schweren Sessel. Er wollte die Ölstudie von Williams Kopf vollenden. Er war mitten in dieser Arbeit, als der Türsummer ging. Nicholas stand auf, drehte das Radio leiser und öffnete die Stahltür. Claudine, Grenelle und William standen in dem langen Gang.
    »Wir trafen uns zufällig an einem Tisch am Montmartre«, sagte Claudine, »und haben beschlossen, dich heimzusuchen.«
    »Heimsuchen ist die richtige Bezeichnung«, rief Nicholas lachend. »Kommt herein!«
    Er schüttelte Grenelle die Hand, schlug William auf die Schulter und küßte Claudine flüchtig. Er schloß die Tür hinter ihnen. Grenelle ging ins Studio und sah sich aufmerksam um.
    »Sie scheinen schwer aufgeräumt zu haben, Nicholas«, bemerkte er.
    Nicholas wies auf Bücherregale und Tischplatte.
    »Ich habe einen ganzen Tag gewütet wie ein Berserker. Gefällt's Ihnen?«
    »Sehr schön. Wie geht es der Kunst?« fragte der Bärtige.
    Nicholas zeigte stumm dorthin, wo die beiden großformatigen Bilder am Fuß der Staffelei lehnten. William Cherborg stellte das Radio noch leiser und setzte sich neben Claudine auf die Couch.
    Grenelle ging langsam durch den Raum und schaltete die Architektenlampe ein. Dann bückte er sich und hob die beiden Bilder hoch. Zuerst sah er Williams Kopf an, dann drehte er sich herum und verglich ihn mit dem Original.
    »Sie haben das Wesentliche klar herausgearbeitet«, murmelte Grenelle. Nicholas stellte sich neben ihn.
    »Und was ist das hier?« fragte der Bärtige, indem er das Blatt mit den beiden Türmen und der roten Sonnenscheibe auf den Rand der Staffelei stellte.
    »Das scheint die Bestätigung Ihrer verdammten These zu sein«, sagte Nicholas kurz.
    »Wie das?« wunderte sich Grenelle.
    Nicholas holte tief Atem, als wolle er etwas sagen. Er schwieg aber und sah auf die beiden Bilder.
    »Nun – sagen Sie es schon. Ich werde schwerlich darüber lachen«, ermunterte ihn Grenelle.
    »Ich habe geträumt«, sagte Nicholas kurz. »Intensiv genug, daß mir sogar schlecht wurde. Und dann, ehe noch die Eindrücke verflogen, zwang mich etwas, diese beiden Bilder zu malen. Die Träume jedenfalls habe ich restlos vergessen.«
    »So«, sagte Grenelle und blickte die Bilder an. Das harte Licht der Tageslichtlampe fiel auf die Kartons. Grenelle ging so weit zurück, wie es die schrägen Wände erlaubten. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er das erste Bild – die Türme.
    »Und Sie wissen nichts mehr über die Träume?« erkundigte er sich. Nicholas schüttelte den Kopf.
    »Nicht eine Spur«, sagte er und sah Grenelle von der Seite an.
    »Das hier ist ziemlich gut«, sagte Grenelle und wies auf die Porträtstudie. »Das hier aber«, sagte er und hob den Arm, um auf die Türme zu zeigen, »ist Kunst.«
    Er ging wieder zur Staffelei und stellte die Bilder so auf, daß sie übereinander lehnten, Williams Kopf in der Mitte.
    »Diese nachempfundene Höhlenzeichnung ist ebenfalls Kunst«, sagte er etwas lauter. »Sie können von Ihrem Kunsthändler für jedes der beiden Blätter ohne weiteres tausend Franc verlangen – wenn er kein Narr ist, wird er sie zahlen. Sonst kommen Sie zu mir, und wir suchen Ihnen einen neuen Abnehmer.«
    »Sind Sie davon überzeugt?« fragte Nicholas. Claudine mischte sich ins Gespräch. Sie hatte eine Kognakflasche gefunden und schüttete den Inhalt gleichmäßig in vier Gläser, in denen bereits Eisstückchen klickten.
    »Ich sagte es ihm schon einige Male«, bemerkte sie laut, »aber er will es einfach nicht glauben.«
    »Spricht für ihn«, sagte William Cherborg. »Er ist ein bescheidener Künstler.«
    »Ach – halte den Mund!« knurrte ihn Nicholas an. William grinste.
    »Wie ich sehe, bin ich noch immer nicht fertig«, stellte er fest.
    »In jeder Beziehung«, gab Nicholas zurück. »Ihr habt mich gestört, als ich den Hintergrund endlich beenden wollte. Bedanke dich bei Claudine. Vermutlich hatte sie die Idee.«
    »War ja nicht so gemeint«, sagte William ruhig. Nicholas zeigte auf das Bücherregal.
    »Und wenn du schon mein Gast

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