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TTB 103: Die Zeit und die Sterne

TTB 103: Die Zeit und die Sterne

Titel: TTB 103: Die Zeit und die Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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heulte. Nulls eigener Sender strahlte mit voller Energie, von Person zu Person, zwischen Gebirge und See.
    »Jetzt wollen wir nicht mehr reden«, beendete er seine Meldung. »Ich möchte nicht, daß das Ungeheuer meine Position ortet. Ich habe verhindert, daß sich seine Helfer mit ihm in Verbindung setzen können. Nun werde ich sie zum Studium in meine Höhle schaffen. Ich hoffe, bei unserem Zusammentreffen nützliche Informationen vorlegen zu können.«
    »Vielleicht wird deine Tat das Ungeheuer ängstlich machen und verscheuchen«, sagte Zweiundsiebzig.
    »Um so besser«, sagte Hundert.
    »In diesem Fall«, erklärte Null, »werde ich von meiner Jagd wenigstens etwas mitgebracht haben.«
    Er schaltete seine Radioanlage aus und tauchte in den Schatten des Waldes unter.

 
2.
     
    Das Tochterschiff hatte sich mit einem bloßen Flüstern seiner Triebwerke vom Raumschiff getrennt. An Bord summte, klickte und murmelte die Maschinerie, übertönt vom Zischen der Luftregenerationsanlage. Sein Rechenzentrum beschäftigte sich mit Wärme- und Lichtmessungen, der Kursfestlegung und was dergleichen Aufgaben mehr sind.
    Hugh Darkington starrte aus einem der Bugfenster. Als das Schiff von der Kreisbahn des Mutterschiffs abschwenkte, fiel sein riesiger Rumpf, der zuvor fast den halben Himmel verdeckt hatte, in Sekundenschnelle zurück und verlor sich zu einem Pünktchen im Raum. Weiß leuchteten die Sterne vor dem riesigen schwarzen Hintergrund des Alls.
    Der Sternhimmel schien sich nicht verändert zu haben, aber das war eine Täuschung. Von der Erdoberfläche aus betrachtet, würden die Konstellationen einen völlig fremdartigen Anblick bieten, aber im Raum waren so viele Sterne sichtbar, daß sie ein einziges Chaos bildeten, wenigstens für Darkingtons Augen. Captain Thurshaw hatte ihm im Kommandostand des Schiffes gezeigt, daß die Milchstraße eine andere Form angenommen hatte, daß einer ihrer Spiralarme sich aufgelöst und in zahllose Sternhaufen verwandelt hatte, und daß schließlich ein gewaltiger Dunkelnebel völlig von der Stelle verschwunden war, wo man ihn vor drei Milliarden Jahren noch angetroffen hatte. Für Darkington blieben das alles Worte. Er war Biologe und hatte sich noch nie besonders intensiv mit Astronomie beschäftigt. In der Isolierung des Raumschiffs war er seinen Studien nachgegangen und hatte sich um alles andere gekümmert als um die Verformung der Milchstraße.
    Das Schiff näherte sich seinem Ziel mit jeder Spirale. Jetzt trieb der Mond durch sein Gesichtsfeld. In den Äonen, seit die »Traveler« die Heimat verlassen hatte, war die Entfernung zwischen Erde und Mond gewachsen. Sie hatten beide Himmelskörper durch die Bordteleskope des Raumschiffs beobachtet. Das Antlitz der Erde war bis zur Unkenntlichkeit verändert. Die alten Kontinente hatten sich verschoben und neue Formen angenommen, und mit ihnen jeder andere Ort, an den man sich erinnerte. Jetzt hing sie wie eine oxydierte Kupfermünze im Raum, und es erschien unvorstellbar, daß sie die Heimat sein sollte.
    Anders der Mond. Im Teleskop hatte er auf den ersten Blick ganz das gewohnte Gesicht gezeigt. Ein paar neue Berge und Krater waren entstanden, die Wärmeerosion hatte einige Züge verändert, aber Thurshaw konnte vieles von dem identifizieren, was er einst gekannt hatte. Es schien grotesk, daß der Mond der gleiche geblieben sein sollte, während alles andere sich verändert hatte.
    Sogar die Sonne. Wenn man sie durch ein geschwärztes Glas beobachtete, sah man ihre Kugel aufgedunsen und grell. Die Erde war ihr ein wenig nähergerückt, und auch die Sonne selbst war größer und heißer geworden; der nukleare Zerfallsprozeß hatte sich beschleunigt, die Strahlung verstärkt. In drei Milliarden Jahren veränderten sich selbst die kosmischen Maßstäbe. Die vorgenommenen Messungen machten bereits jetzt ziemlich klar, daß die Erde schon lange aufgehört hatte, eine Heimstatt für lebende Organismen zu sein.
    Darkington fluchte leise und ballte die Fäuste, daß die Haut sich weiß über die Knöchel spannte. Er war ein magerer Mann mit langem Gesicht und scharfen Zügen, dessen braunes Haar vorzeitig zu ergrauen begann und sich am Hinterkopf lichtete. Seine Erinnerungen umschlossen die ernste Stille gotischer Kathedralen, im Mikroskop erschaute Wunder, ein Segelboot, das vor der französischen Küste in Gischt und Möwengeschrei gegen den Wind kreuzte, Kameradschaft über einem Schachbrett oder beim Leeren mächtiger Bierkrüge,

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