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TTB 103: Die Zeit und die Sterne

TTB 103: Die Zeit und die Sterne

Titel: TTB 103: Die Zeit und die Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Wälder, die im Morgendunst schwammen und in den Farben des Herbstes erglühten. Und alle diese Dinge waren tot. Der Schock, den diese Erkenntnis zuerst ausgelöst hatte, war vorüber, die hundert Männer und Frauen an Bord der »Traveler« konnten wieder ihren normalen Beschäftigungen nachgehen. Aber die Heimat war von ihrer aller Leben amputiert, und der zurückgebliebene Stumpf schmerzte.
    Frederika Ruys legte ihre Hand auf die seine und drückte ein wenig. Langsam entspannten sich seine Muskeln, bis er als Antwort ein Lächeln zuwege brachte. »Schließlich wußten wir, daß wir lange fortbleiben würden«, sagte sie sanft. »Daß wir vielleicht nie zurückkehren würden.«
    »Aber damals war es ein lebender Planet«, murmelte er.
    »Wir werden uns eben einen anderen suchen«, erklärte Sato Kuroki von seinem Pilotensitz. »Im Umkreis von fünfzig Lichtjahren gibt es nicht weniger als sechs Sterne vom G-Typ.«
    »Es wird nicht dasselbe sein«, protestierte Darkington.
    »Nein«, stimmte Frederika zu. »Aber wird es nicht auf eine andere Weise mehr sein? Wir, die letzten Menschen im Universum, die der Rasse einen neuen Anfang ermöglichen?«
    Sie anzusehen, war nicht eben eine Augenweide. Sie war plump, simpel, mit glattem blonden Haar und einem zu breiten Mund. Aber diese Dinge hatten aufgehört, eine Rolle zu spielen, seit die Geschwindigkeit des Raumschiffs den Gang der Zeit aufgehoben hatte. Frederika Ruys war eine tapfere Seele und ein erfahrener Ingenieur. Darkington fühlte sich unglaublich glücklich, daß sie ihn erwählt hatte.
    »Vielleicht sind wir gar nicht die letzten«, sagte Kuroki. Sein flaches Gesicht verzog sich zu seinem gewohnten Lächeln. »Vielleicht hat man ähnliche Kolonien wie die unsrige gegründet. Natürlich sind ihre Abkömmlinge inzwischen zu kahlköpfigen Zwergen geworden.«
    »Das bezweifle ich«, seufzte Darkington. »Wenn in irgendeinem anderen Teil der Milchstraße Menschen überlebt haben, glaubst du nicht auch, daß sie dann zurückgekommen wären und ... und dies hier mit neuem Leben besiedelt haben würden? Ihren Mutterplaneten?« Er holte tief Luft.
    Sie hatten dieses Thema hundertmal oder öfter durchgedroschen, während die »Traveler« die unkenntliche Erde in weitem Abstand umkreist hatte, aber sie konnten sich nicht enthalten, das Offensichtliche wieder und wieder einander vorzuhalten, wie einer, der von dem absurden Zwang verfolgt wird, ständig eine Wunde an seinem Körper zu betasten. »Nein, ich glaube, der Krieg begann tatsächlich kurz nach unserem Abflug. Die Weltsituation deutete auf eine baldige Explosion hin.«
    Das war damals der Grund gewesen, daß man die »Traveler« gebaut und mit solcher Hast bemannt und in den Weltraum geschickt hatte, dachte Darkington weiter. Fünfzig Paare, die sich davongemacht hatten, um sich auf Tau Ceti II anzusiedeln, bevor die Atom-Raketen abgefeuert wurden. Natürlich, offiziell hatte man sie als wissenschaftliche Forschungsgruppe deklariert, und viele Regierungen hatten das Unternehmen gemeinsam finanziert und ausgesuchte Spezialisten dafür abgestellt. Aber dahinter stand – und das wußte jeder – die Hoffnung, daß ein Fragment der Zivilisation gerettet werden und eines Tages zurückkehren würde, um beim Wiederaufbau zu helfen. Die internationalen Spannungen hatten sich in den letzten Monaten vor dem Abflug so verschärft, daß man keine Zeit mehr gehabt hatte, den Feldantrieb sorgfältig zu erproben. Eine so neue und wenig erforschte Antriebsart hätte unter normalen Umständen durch zahlreiche Testflüge erprobt werden müssen, bevor man sich ihr anvertraute. Aber im nächsten Jahr hätte es schon zu spät sein können. Und verschiedene Forschungsschiffe hatten ja bereits die näheren Sterne besucht, wobei sie sich knapp unterhalb der Lichtgeschwindigkeit bewegt hatten, wobei die jahrelange Abwesenheit für die Besatzung auf ein paar Wochen Reisezeit zusammengeschrumpft war. Warum sollte die »Traveler« nicht genauso erfolgreich operieren?
    »Der absolute Krieg?« sagte Frederika, wie sie es schon so oft getan hatte. »Ein Gemetzel, das die ganze Erde leblos und steril zurückgelassen haben soll? Nein, daran kann ich nicht glauben.«
    »So simpel darf man es natürlich nicht sehen«, erwiderte Darkington. »Wahrscheinlich endete der Krieg mit einem nominellen Sieger. Aber auch sein Land war so verheert, daß an einen Wiederaufbau oder auch nur an die Erhaltung der übriggebliebenen Industrieanlagen nicht zu denken

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