TTB 108: Die Pest kam von den Sternen
behinderte ihn sein Gebrechen kaum, aber es erschwerte sein gesellschaftliches Leben.
»Wie fühlen Sie sich?« wiederholte er, Sam scharf musternd.
»Ein bißchen müde, Doktor. Ich hätte einigen Schlaf nachzuholen. Das ist aber auch alles, keine Symptome der Randschen Krankheit.«
»Wenig erfreulich, ein bißchen Fieber hätte geholfen. Sind Sie sicher, daß Sie kein nettes, kleines Fieber hatten?«
»Ganz sicher.«
»Nun, die Hoffnung bleibt mir noch. Ich hätte gern eine Portion Serum von Ihnen. Natürlich stehen mir genügend Sera zur Verfügung, aber sie stammen alle von Personen, die später starben. Mit Ihrem könnte man vielleicht Antigene isolieren und ...«
»Sam, ich dachte, Sie hätten Ambulanzdienst?« Die Worte, die das Gespräch unterbrachen, klangen kalt und zurechtweisend. Sam wandte sich Eddie Perkins zu.
»Ja, ich habe Ambulanzdienst. Der letzte Einsatz dauerte fast zwanzig Stunden. Die Verhältnisse in der Stadt werden immer katastrophaler.«
»Ich verstehe. Sind Sie zu dieser Konferenz gebeten worden?« Ärger sprach aus Perkins' Augen.
»Nein«, sagte Sam, dem das siegesbewußte Lächeln des andern nicht entging.
»Dann tut es mir leid, Sam. Ich fürchte, ich muß Sie bitten ...«
»Wer, zum Teufel, sind Sie?« brummte Hattyar, und beugte sich vor, um das Gesicht des Störenfrieds zu erkennen.
»Ich bin Perkins, Dr. Hattyar, Dr. McKays Assistent. Ich habe seine Funktion übernommen, bis ...«
»Dann übernehmen Sie weiter, aber stören Sie uns nicht.« Hattyars große Hand schloß sich fest um Sams Arm, und er zog ihn mit sich. Perkins blieb mit hochrotem Gesicht zurück. Sam empfand Genugtuung, aber er wußte zugleich, daß diese Szene seine Beziehungen zu Perkins nur verschlechtern konnte.
Professor Chabel ließ das kleine Hämmerchen ertönen. Die Gruppen lösten sich auf, Stühle wurden um den langen Tisch gerückt. Chabel setzte sich und starrte auf die Papiere, die vor ihm lagen, bevor er mit müder Stimme zu sprechen begann:
»Zuerst möchte ich Ihnen mitteilen, daß diese Konferenz vom Weltgesundheitsamt einberufen wurde. Ich bat Dr. Perkins, der die Geschäfte Dr. McKays übernommen hat, Sie zusammenzurufen, damit ich Ihnen Bericht über die Lage in diesem Augenblick erstatten kann. Ich habe Ihre Berichte bekommen und danke Ihnen dafür, daß Sie mich auf dem laufenden hielten. Unsere Tätigkeit im Weltgesundheitsamt befaßte sich in erster Linie mit der Kontrolle der Krankheitsträger und dann mit der Schaffung einer Quarantänezone. Die Behandlung der Krankheit blieb den örtlichen Institutionen, verstärkt durch einige militärische Teams, vorbehalten, aber wir werden bald den Punkt erreicht haben, an dem wir uns zu noch einschneidenderen Maßnahmen entschließen müssen. Bevor wir das tun, möchte ich genau wissen, wo wir stehen, was von Ihnen getan wird und was Sie in der Bekämpfung dieser Krankheit zu erreichen hoffen.«
Als er geendet hatte, herrschte völlige Stille im Raum. Schließlich räusperte sich Eddie Perkins und ließ seinen Blick über die Versammelten wandern. »Vielleicht ist es am besten, wenn ich Ihnen einen Überblick über den augenblicklichen Stand der Dinge gebe. Die Randsche Krankheit verläuft in hundert Prozent der Fälle, die unbehandelt bleiben, innerhalb zehn bis zwölf Stunden nach der Infektion tödlich. Ausnahmen von dieser Regel sind bisher nicht gemeldet worden. Bei kreislaufstützender Behandlung ist es uns gelungen, diese Frist bis auf achtundvierzig Stunden auszudehnen. Es besteht also Hoffnung ...«
»Unsinn, es besteht nicht die geringste Hoffnung«, unterbrach ihn Hattyar ärgerlich. »Es handelt sich weder um eine Kur noch um eine Therapie. Das einzige, was getan wird, ist, das unvermeidliche Ende ein paar Stunden hinauszuschieben.«
Perkins hatte sichtliche Mühe, sich zu beherrschen. »Das mag wahr sein, Dr. Hattyar. Vergessen Sie nicht, daß ich nur einen ungefähren Überblick gebe. Vielleicht ist es der richtige Augenblick für Sie, uns über die Fortschritte zu informieren, die Ihr Immunisierungsteam gemacht hat.«
»Ergebnis gleich Null.«
»Das sagt uns nicht viel.«
»Es ist nicht viel zu sagen. Ich kann erst Erfolg haben, wenn es mir gelingt, einen Antikörper zu isolieren. Die Randsche Krankheit ist unkompliziert – alpha, beta, gamma, alle höchst einfach in ihren Reaktionen. Der Organismus ist entweder infiziert – oder er ist es nicht. Ist er infiziert, so geht er zugrunde. Es gibt keine mild
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