TTB 113: Planet zu verkaufen
auf einen Nenner hinaus: das einzige, was man braucht, um das zu tun, was wir getan haben, ist Geld.«
»Sie reden, als ob Geld für Sie etwas ganz Neues darstellt«, sagte ich, denn so hatten seine Erklärungen geklungen. »Ist denn Geld nur auf der Erde bekannt?«
»Seien Sie nicht kindisch«, erwiderte Atwood. »Überall gibt es Handel und daher Tauschmittel, die aber nicht unbedingt eurem Geld gleichen müssen. Denn Geld bedeutet auf der Erde mehr als den Wert des Papiers oder des Metalls, aus dem es besteht, mehr als die aufgeprägte Zahl an sich. Hier auf der Erde ist das Geld zu einem Symbol geworden, wie kein Tauschmittel anderswo. Menschen werden nach ihrem Geld eingestuft, der Erfolg wird in Geld gemessen, ihr betet das Geld an.«
Und in diesem Ton wäre es weitergegangen, wenn ich es zugelassen hätte. Er war dabei, mir eine Predigt zu halten. Aber ich ließ es nicht zu.
»Betrachten wir die Dinge von der praktischen Seite«, sagte ich. »Ihr seid dabei, mehr auszugeben, als die verschiedenen Sachen kosten, weit mehr, als die Erde wert ist. Ihr kündigt Verträge und setzt Leute auf die Straße. Aber schließlich muß sich doch irgendwer um diese Leute kümmern. Jede Regierung wird große Unterstützungsprogramme ausarbeiten, Spenden verteilen, und die Steuern werden in die Höhe klettern, um diese Ausgaben zu decken. Steuern, die von dem Eigentum erhoben werden, das ihr gekauft habt. Ihr nehmt den Leuten die Arbeit weg, ihr nehmt ihnen ihre Häuser weg – gut, so sorgt auch für sie, indem ihr die Steuern dafür bezahlt.«
»Wie ich sehe«, sagte Atwood spöttisch, »machen Sie sich große Sorgen um uns – eine menschliche Regung, für die wir Ihnen sehr danken. Aber Sie können beruhigt sein: wir werden die Steuern bezahlen. Es wird uns eine große Freude sein.«
»Sie könnten natürlich die Regierungen übernehmen, und dann würde es keine Steuern mehr geben«, überlegte ich. »Wahrscheinlich haben Sie daran gedacht.«
»Natürlich nicht«, bestritt Atwood energisch. »Das würde ungesetzlich sein. Und wir übertreten niemals ein Gesetz, mein Freund.«
Und ich erkannte, daß das ziemlich egal sein würde.
Denn die Fremden würden das Land, die Bodenschätze und die Industrien kontrollieren und nichts so verwenden, wie es bestimmt war. Sie würden das Land nicht bebauen und keine Ernte einbringen. Keine Maschine würde arbeiten, kein Erz geschürft und kein Holz gefällt werden.
Es machte wenig aus, wieviel Besitz die Fremden wirklich aufkauften. Sie brauchten nicht alles. Sie mußten nur die Industrieproduktion stoppen, den Handel unterbinden und die Finanzstruktur zerstören. Sie brauchten auch nicht die Wohnungen und Häuser zu kaufen, denn nach all den Transaktionen würden die vier Wände, die ein Mensch sein Heim nannte, nur mehr ein Ort sein, an dem man sterben konnte. Entweder war der Aufkauf der Wohnungen eine rein sadistische Handlung oder ein Zeichen, daß die Fremden selbst jetzt noch nicht verstanden, wie wenig sie wirklich kaufen mußten, um den entscheidenden Schlag zu führen.
Natürlich würde es Spenden und Unterstützungsaktionen geben, um den Menschen Nahrung und – wenn möglich – ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. Aber Geld würde in dieser Situation das billigste und nutzloseste Ding sein. Denn wen kümmerte der Preis einer Kartoffel oder einer Scheibe Brot, wenn es keine Kartoffeln oder kein Mehl mehr gab?
Man würde zurückschlagen, wenn man die Situation einmal erfaßt hatte. Nicht nur einzelne Menschen, auch die Regierungen würden zurückschlagen. Aber bis dahin würden die Fremden zweifellos eine wirksame Verteidigung entwickelt haben.
Wenn etwas dagegen unternommen werden könnte, dann mußte man es jetzt tun, da noch die schwache Möglichkeit bestand, die Fremden zu schlagen. Aber das erforderte die Bereitschaft, an das, was vor sich ging, zu glauben. Doch es gab niemanden, der mir Glauben schenken würde.
Wie viele Autoren hatten imaginäre Invasionen aus dem All beschrieben! Aber niemand hatte die wirklichen Geschehnisse auch nur annähernd vorausgesehen, hatte geahnt, daß das System, das wir uns mühselig in Jahrhunderten erarbeitet hatten, sich nun gegen uns wandte – wie Freiheit und das Recht auf Eigentum sich zu einer Falle verwandelt hatten, die über uns zusammenschlug.
Joy zog mich am Arm. »Gehen wir«, bat sie.
Ich drehte mich um, und wir strebten auf die Tür zu.
Hinter mir hörte ich Atwood kichern.
»Besuchen Sie mich morgen«,
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