TTB 115: Diplomat der Galaxis
Magnan gekränkt. »Was tun Sie hier, Retief – und Sie, Miß Braswell?«
»Was für Verhandlungen haben Sie geführt?« fauchte das Mädchen. »Ob man Ihnen eine Suite unter dem Dachgartenappartement des Gesandten zugesteht?«
»Miß Braswell! Seien Sie so freundlich und bedecken Sie Ihre Knie. Das ist ja ein herausforderndes Benehmen ...«
»Ach was. Auf mir klebt eine zentimeterdicke Schlammschicht. Das ist mehr, als ich je im Büro ertragen habe.«
»Was soll denn das?« rief Barnshingle. »Ich bin ja nackt.«
»Eine Art symbolisches Abstreifen des Kokons, soweit ich recht unterrichtet bin«, erklärte Magnan eifrig. »Man darf die religiösen Gefühle der Eingeborenen nicht verletzen.«
»He, Mr. Retief«, flüsterte Miß Braswell. »Es ist außerdem so sexy, nicht wahr?«
»Was – was ist denn eigentlich los?« platzte Barnshingle heraus. »Wo ist die Stadt?« Er starrte zu den glitzernden Scherbenbergen hinüber, die die Stelle bezeichneten, wo früher die Tempeltürme gestanden hatten.
»Sie scheint – äh – den Göttern geopfert worden zu sein«, sagte Magnan. »Vielleicht ist das hier so üblich.«
»Und all diese scheußlichen kleinen Wanzen mit ihren Stielaugen sind mitgeopfert worden«, fuhr Miß Braswell fort.
»Also, Miß Braswell! Ich muß doch bitten, diese Rassenvorurteile nicht öffentlich zu verkünden.«
»Eigentlich ist es schade um die Türme. Sie waren einfach süß.«
Oo-Plif, der wie eine große Motte auf einem Baumfarn in der Nähe saß, meldete sich zu Wort. »Ist okay. Glas wird wieder verwendet. Viele Schüsseln und Töpfe aus den Scherben.«
»Aber was macht ihr mit den vielen Groaci, die sich zwischen den Scherben befinden?«
»Unreinheiten geben herrliche Farben.« Oo-Plif grinste Miß Braswell beruhigend an.
»Mein Kinn«, jammerte Barnshingle. »Wo habe ich mir nur mein Kinn verletzt?«
»Retief-Tic kam gerade rechtzeitig. Sonst wären auch Sie in Glasscherben. Vielleicht bei Rettung Kinn verletzt.«
»Was um Himmels willen haben Sie dort getan, Chef?« keuchte Magnan. »Man hätte Sie töten können.«
»Nun – äh – ich wurde von den Groaci hingebracht. Gegen meinen Willen natürlich. Sie machten mir – äh – sonderbare Vorschläge. Ich erwartete schon das Schlimmste, als Sie erschienen, Retief. Danach ist meine Erinnerung etwas verschwommen.«
»Diese Kopfverletzungen haben oft Rückwirkungen«, meinte Retief. »Ich möchte wetten, daß Sie keine Ahnung mehr von den Geschehnissen haben – von dem Zeitpunkt an, als die Groaci Sie vom Berg holten.«
»Ich – keine Ahnung? Aber ich weiß doch genau ...«
»Es ist sogar möglich, daß Oo-Plif vergessen hat, was er zufällig hörte – über Dachgartenappartements und gewisse Grundstücke.« Retief sah den Gesandten lächelnd an. »Vielleicht war daran die Aufregung schuld, als er erfuhr, daß Yalc von den Groaci einige Schiffsladungen feinen grauen Kaolinsand erhält, der sich zur Glasherstellung besonders gut eignet.«
»Wer hat das gesagt?«
»Sie ... aber vielleicht können Sie sich wegen der kleinen Kopfverletzung nicht daran erinnern ...«
»O doch ... jetzt fällt es mir wieder ein«, meinte der Gesandte schwach.
»Zeit für die nächste Phase des Festes«, rief Oo-Plif von seinem Baumfarn herunter.
»Wie hübsch«, sagte Magnan. »Kommen Sie, Chef.«
»Nicht Sie, Magnan-Tic, und Sie auch nicht, Barnshingle-Tic-Tic. Paarungsritus nichts für alte Drohnen. Kleiner Dornbusch für Sie da zum Sitzen. Zeremonielle Abbüßung Ihrer Jugendsünden.«
»Und wir?« fragte Miß Braswell atemlos.
»Oh, höchste Zeit, Jugendsünden zu begehen, um später bereuen zu können.«
»Sie sagten ... Paarungsritus. Heißt das ...?«
»Voom-Fest sorgt nur für Zeit, Ort und Partner. Rest Ihre Sache, Braswell-Ticcim ...«
»Trotz der Neutralität, die sie in ihrer Eigenschaft als Diplomaten wahren mußten, stellten sich Mitglieder des CDT immer wieder tapfer auf die Seite junger Völker, die das Joch wirtschaftlicher Unterdrückung abschütteln wollten. Auf Glave stand Botschafter Sternwheeler und sein Stab einem soeben unabhängig gewordenen Volk selbstlos zur Seite, als es darum ging, die ersten Schritte in die Freiheit zu tun ...«
Bd. IV, Spule 71,492 AE
(AD 2953)
Es lebe die Revolution
Retief rollte die goldbestickte rote Manschette seiner Konsul-Uniform hoch, nahm die drei achtseitigen schwarzen Würfel, schüttelte sie in der Hand und ließ sie über den Boden tanzen.
»Dreizehn«,
Weitere Kostenlose Bücher