Türkisgrüner Winter (German Edition)
wie würde das Gespräch verlaufen?
Ich spürte, wie meine Wangen glühten, als ich ins Zimmer zurückkehrte. Das große Licht wollte ich nicht anschalten, deswegen ließ ich das im Bad brennen, das zusammen mit der Nachttischlampe den Raum gedämpft erhellte. Im Hintergrund spielte immer noch leise Musik aus der Anlage.
Elyas hatte sich keinen Zentimeter vom Fleck bewegt und folgte mir mit dem Blick, als ich an ihm vorüberging und die Sonnenblume auf mein Nachtschränkchen stellte. Ohne viel Zeit zu verlieren, krabbelte ich am Kopfende des Bettes unter die Decke und verbarg meine nackten Beine darunter.
»Möchtest du dich auch setzen?«, fragte ich.
Er zögerte, nickte dann aber und zog sich Schuhe und Jacke aus. Über seiner nachtblauen Jeans trug einen dunkelgrauen Pullover mit V-Kragen. Darunter spitzte ein weißes T-Shirt hervor. Mit einem erschöpften und gleichermaßen angespannten Gesichtsausdruck setzte er sich mir schräg gegenüber an das Fußende des Bettes. Genau wie ich zog er die Beine an. Er stütze die Ellbogen auf die Knie und ließ die Unterarme hinunter hängen.
»Darf ich dich fragen, wie es Jessica geht? Oder möchtest du lieber nicht über dieses Thema sprechen?«
Er rieb sich über die Hände und als er bereits den Mund zum Antworten öffnete, blieb mein Blick an seinen rechten Fingerknöcheln hängen. Sie waren geschwollen und aufgeschürft. Elyas hatte doch nicht …? Ich schlug mir die Hand vor den Mund.
Elyas folgte meinem Blick und begann zu schmunzeln. »Denkst du allen Ernstes, dass ich Domenic umgebrachte habe und danach schnurstracks zu dir fahre?«
Ich war mich nicht sicher.
»Keine Angst«, sagte er ruhig. »Ich hab ihm nur eine gelangt.«
»Was heißt nur ?«, fragte ich mit hoher Stimme. Immerhin konnte der Begriff relativ weit ausgelegt werden. Vielleicht war ja Domenic jetzt nur ein bisschen behindert und konnte seine Nahrung demnächst nur noch durch einen Strohhalm zu sich nehmen.
»Ein Schlag ins Gesicht, mehr war’s nicht.« Elyas sah auf seine Hände. »Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mir nicht die Finger an ihm schmutzig zu machen. Aber als er dann arrogant wurde, ist mir einfach die Hand ausgerutscht.«
»Brauchst du etwas zum Kühlen?«
»Nein, danke. Das ist lieb, aber es geht schon.«
Ich schlang die Arme um meine Beine. »Was ist denn passiert? Erzähl doch mal der Reihe nach.«
Elyas seufzte. »Sebastian, Andy und ich sind nach dem Krankenhaus zu ihm gefahren. Wir wollten ihn zur Rede stellen. Er war ziemlich überrascht über unser Auftauchen. Jan war bei ihm und die beiden wussten noch gar nichts von dem Vorfall.
Sebastian hat mit seiner typischen diplomatischen Scheiße angefangen. Ich wusste gleich, dass das nichts bringt.«
»Gab Domenic zu, was Sophie im Krankenhaus erzählte?«
»Er hat seine eigene Version«, antwortete Elyas. »Domenic sagte, Jessica wäre unangemeldet bei ihm aufgetaucht und wollte mit ihm einen rauchen. Er hätte versucht, sie abzuwimmeln, aber weil sie standhaft blieb, hat er sie schließlich reingelassen. Am Anfang wäre wohl alles ganz entspannt gewesen, behauptet er, bis sie anfing, Annäherungsversuche zu machen.
Angeblich hat Domenic das abgeblockt und ihr noch einmal deutlich gesagt, dass nichts mehr zwischen ihnen laufen würde. Daraufhin soll Jessicas Stimmung urplötzlich gekippt sein. Sie begann bitterlich zu weinen, sank auf die Knie, bekam einen halben Nervenzusammenbruch und flehte ihn immer wieder an, dass er ihr doch bitte eine Chance geben soll.«
Elyas atmete aus. »Domenic sagt, er hätte versucht, sie zu trösten. Das hat sie aber falsch verstanden und wollte ihn küssen. Weil er nicht wusste, was er machen sollte, hat er sie vor die Tür gesetzt und ihr gesagt, sie solle nach Hause gehen.«
Elyas schloss, und ich musste das Gesagte erst einmal ein bisschen sacken lassen.
»Glaubt ihr ihm das?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Elyas, den Blick auf seine Knie gerichtet. »Er erzählt viel, wenn der Tag lang ist. Und selbst wenn die Grobfassung stimmt, hat er mit Sicherheit einige Details unterschlagen.«
»Würde sich Jessica wirklich so erniedrigen?«
Elyas schnaubte. »Es ist traurig, aber so wenig Selbstachtung wie sie manchmal besitzt, wäre ihr das durchaus zuzutrauen. Herrgott«, brach es aus ihm heraus. »Ich verstehe sie einfach nicht! Wegen diesem Arsch wollte sie ihr ganzes Leben, ihre ganze Zukunft in den Müll werfen.« Er krallte sich mit den Fingern in seinen Oberschenkeln
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