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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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Ich verstaute sie in einer Stofftasche, schaltete sämtliche Lichter im Haus aus und begab mich nach draußen. Meine Eltern saßen im Auto und der Motor lief bereits. Ich setzte mich auf die Rückbank, schnallte mich an und mein Vater fuhr los.
    Kaum waren wir aus der Einfahrt gebogen, spürte ich auf einmal ein komisches Gefühl im Magen.

KAPITEL 11
    Frohe Weihnachten
    … oder so ähnlich …
    Je mehr wir uns dem Hause Schwarz näherten, desto unwohler wurde mir. Die Tasche mit den Geschenken trug ich auf dem Schoß, und bei jedem weiteren Meter krallten sich meine Finger fester in den Stoff.
    Es gab nur einen Menschen, der es schaffte, mich so fühlen zu lassen. Es war absurd, das wusste ich, aber kaum war ich in das Auto gestiegen, war es mir vorgekommen, als wäre Elyas in der Nähe, als wäre er greifbar. Dabei konnte das gar nicht sein. Weder dass ich ihn spüren konnte noch dass er in Neustadt war. Elyas kam nie zu den Weihnachtsfeiern.
    Als wir noch jünger waren, war er wie alle anderen dabei gewesen, aber das hatte sich geändert, als er mit siebzehn Jahren nach London gegangen war. Auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland hatte er den Feiern nicht mehr beigewohnt. Sieben Weihnachten hatten wir ohne Elyas gefeiert. Heute wäre das achte.
    Die ersten Jahre hatten meine Eltern sich noch bei Alena und Ingo erkundigt, warum ihr Sohn nicht mehr kam, aber da die Antwort, dass Elyas sich nichts aus den Feiertagen machen würde, immer dieselbe blieb, hatten sich die Fragen mit der Zeit in Wohlgefallen aufgelöst und sein Fehlen war zu einem selbstverständlichen Zustand geworden.
    Für mich der beste Umstand, der hätte eintreten können. Elyas hatte mir damit unbewusst jahrelang einen riesen Gefallen getan. Hätte ich auch nur eine Sekunde in Erwägung gezogen, dass sich dieses Jahr etwas an dem Ritus ändern könnte, ich wäre niemals in dieses Auto gestiegen. Ich wusste nicht, warum ich seine Anwesenheit jetzt auf einmal in Betracht zog. Wieso sollte er da sein?
    Wahrscheinlich spürte ich nicht ihn, sondern vielmehr die Gewissheit, bald sein Elternhaus zu betreten. Ich hatte mich dort nie richtig wohlfühlen können, auch wenn es von Jahr zu Jahr ein bisschen besser geworden war. Jetzt, wo die Wunden aufs Neue aufgerissen waren, hatte der Ort auch wieder seine volle beklemmende Aura zurückgewonnen.
    Außerdem hätte Alex heute Morgen in der SMS doch sicher erwähnt, wenn ihr Bruder dabei wäre? Ich kam zu dem Schluss, dass sie das hätte.
    Ich atmete ein, als wir in die Einfahrt bogen, die zu dem großen und hell erleuchteten Haus der Schwarz‘ führte. Drei Fahrzeuge standen im Hof. Das von Alena, das von Ingo und das von Sebastian. Ich atmete aus. Kein Mustang.
    Nachdem mein Vater den Wagen geparkt hatte, ruhte meine Hand einige Sekunden auf dem Griff, ehe ich die Tür öffnete und ausstieg.
    »Nun mach doch mal ein freundliches Gesicht«, sagte meine Mutter.
    Wer hatte die Sinnlosigkeit erfunden, dass man an Weihnachten lächeln musste?
    Jeden anderen Tag hätte ich mich vermutlich auf eine Grundsatzdiskussion diesbezüglich eingelassen, doch heute nickte ich nur und reihte mich hinter meinen Eltern ein, als wir die Treppen zur Eingangstür nach oben stiegen. Über dem weißen Rahmen hing eine beleuchtete Girlande aus frischen Tannenzweigen. Als mein Vater auf die Klingel drückte, klopfte ich mir den Schnee von den Schuhen.
    Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür von Ingo geöffnet. »Da seid ihr ja. Herzlich willkommen und frohe Weihnachten euch dreien!« Er gab meinem Vater die Hand und drückte mir und meiner Mutter ein Küsschen auf die Wange. Lachfältchen bildeten sich um Ingos Augen und er strahlte übers ganze Gesicht. Ich spürte seine Hand auf dem Rücken, mit der er mich ins Haus geleitete. »Es ist viel zu kalt hier draußen. Lasst uns reingehen, drinnen ist es angenehm warm.«
    Sein Versprechen konnte ich im nächsten Augenblick selbst spüren, denn kaum hatte ich die Schwelle übertreten, wurde ich von einer wohligen Wärme umgeben, die mich die Kälte vor der Tür sofort vergessen ließ. Es duftete so appetitlich nach Essen, dass ich zum ersten Mal seit Wochen richtigen Hunger verspürte. Wenn auch nur für einen Moment.
    Ingo half uns aus den Jacken und wir streiften uns die Schuhe von den Füßen, als auch Alena um die Ecke bog. »Die ganze Familie Winter auf einem Fleck«, sagte sie und breitete die Arme aus. »Allein deswegen liebe ich Weihnachten.«
    Nacheinander begrüßte sie

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