Türme Der Dämmerung
diesmal ist es keine Lehmstraße, sondern eine, die ebenfalls mit Granit gepflastert ist und rechtwinklig wegführt.
Gerhard redet mit dem Zolleinnehmer, der wieder in Weiß gekleidet ist und eine weiße Rüstung trägt. Was immer der Händler dem Mann erzählt, es interessiert diesen offenbar, da er mehrfach mit dem Kopf nickt, ehe er Gerhard weiterwinkt.
Creslin blickt zu den sanften Hügeln vor sich. Neben der Straße wächst das Gras nur spärlich. Keine Bäume, keine Büsche – nur Gras.
Immer noch begreift Creslin nicht, wie die Straße gebaut ist. Warum liegt die Straße niedriger und nicht höher als die Umgebung? Die Erbauer haben jedoch das Problem des abfließenden Wassers bedacht. Auf der rechten Seite befindet sich ein mit Steinen ausgekleideter Entwässerungskanal.
Er runzelt die Stirn. Der militärische Nutzen der Straße liegt auf der Hand, aber warum eine Straße so erbauen, dass an mehreren Stellen der Feind sich verbergen kann?
Dann nickt er. Die Magier fürchten keine Bogenschützen, höchstens andere Magier, die Feuerstöße schleudern können, vermutlich aus einiger Entfernung. Selbst Creslin hat Schwierigkeiten, die Winde auf die Straße zu schicken.
Dennoch ist er ziemlich sicher, dass es Heldra und Aemris gelingen würde, die Straße gegen die Erbauer zu wenden.
»Geradeaus«, ruft Gerhard. »Der Handelsplatz liegt gerade vor uns.«
Creslin lässt sich von der Sonne den Rücken wärmen, während er auf der Stute nach Norden reitet. Nach einer knappen Meile erreicht er eine Hügelkuppe, von der aus er Zelte in allen Farben und Formen sieht.
»Pitlick! Reite voraus und besorge uns einen Platz. Du weißt, was wir brauchen. Verdammte Magier und ihre Vorschriften …« Gerhards Stimme wird leiser.
Creslin bemüht sich, die Bedeutung dieser Worte zu begreifen, doch vergebens.
»Zern!«
»Jawohl, Herr!« Er reitet neben Gerhard und beugt sich zu ihm.
»… sobald wir die Passierscheine haben … Pitlick … zahl Silberkopf aus.«
»Ehe wir die Zelte aufgeschlagen haben?«
»… nicht bis du Turque hast …«
Creslin bemüht sich angestrengt, mehr zu erlauschen, doch die beiden Männer sprechen sehr leise.
»… zahl … was wir vereinbart haben, und einen Silberling als Bonus …«
»Einen Silberling? Ich … wir …«
»… willst du in seinen Stiefeln stecken, Zern?«
»… Turque … ich würde nicht wetten …«
»… du willst Turque …?«
»… in Ordnung …«
Creslin fragt sich, wer oder was Turque ist, während er weiter auf die Zelte, den Staub und den Lärm des Handelsplatzes zureitet.
Zern zügelt neben ihm sein Pferd.
»Warum begeben wir uns nicht geradewegs nach Fairhaven?« erkundigt sich Creslin.
»Können wir nicht. Nur Nahrungsmittel dürfen in Fairhaven gehandelt werden, wenn man nicht dort wohnt. In der Stadt mögen sie keine Händler.«
»Man darf die Stadt nicht betreten?«
»Das habe ich nicht gesagt!« Zerns schallendes Gelächter klingt hohl. »Dein Geld nehmen sie, wirst schon sehen. Aber mit Fremden reden sie nicht viel. Alle jungen Burschen, wie du, gehen hinein. Ich habe sie auf den Straßen gesehen … und du glaubst nicht, was es dort für Straßen gibt. Aber die Alten gehen nicht in die Stadt. Kein Spaß. Niemand, mit dem man trinken oder spielen kann … und die Mädels dort … vergiss sie.«
»Aber es gibt dort alles?«
»Alles, was du brauchst.«
Nicht alles, was ich brauche, denkt Creslin, aber Zern würde das nicht verstehen. Sie kommen zu einem Posten mit Schlagbaum, wo Gerhard wieder Wegezoll entrichten muss. Danach dürfen sie auf den Handelsplatz fahren.
Creslin folgt Zern. Bei jedem Schritt wirbeln die Pferde feinen Staub auf, der ihm in die Nase steigt. Nach mehreren hundert Ellen zwischen den Zelten deutet Zern auf eine rotgoldene Fahne, die an der Nordseite des Handelsplatzes geschwenkt wird. Es ist Pitlick.
Gerhard schwingt sich blitzschnell vom Bock. »Holt das Zelt, das große, ausrollen …«
Zern übergibt Creslin die Zügel seines Pferds. Dieser bindet sie, samt denen seiner Stute, an den Pfosten, wo auch Pitlicks Pferd festgebunden ist. Dann löst er sein Bündel.
Der von Pitlick gewählte Platz liegt im Norden und ungefähr drei Ellen über dem restlichen Handelsplatz. Ein Bach schlängelt sich gemächlich durch eine Weide auf der anderen Seite des Holzzauns, der die Grenze markiert.
Creslin blickt über die vielen Zelte hinweg und lauscht auf das Meer aus verschiedenen Stimmen. Er hört nichts als Habgier
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