Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis
schließlich – nach einer halben Ewigkeit und etlichen Tassen Kaffee – allein aus dem Wohnzimmer trat. Er kam in die Küche und stellte seine Tasse auf den Tisch.
»Ich will mich nur mal kurz im Haus umschauen«, sagte er und fügte augenzwinkernd hinzu: »Nach Spuren oder Hinweisen.« Damit marschierte er aus der Küche und die Treppe hinauf, ehe einer von den beiden auch nur reagieren konnte. Sie saßen einfach nur da, starrten an die Decke und lauschten auf seine gedämpften Schritte, während er im oberen Stockwerk von Zimmer zu Zimmer ging.
»Was glaubt er denn zu finden?«, sagte Will.
Nach einer Weile hörten sie, wie er wieder nach unten kam, sich im Erdgeschoss umsah und schließlich erneut in der Küchentür erschien. Von dort aus fixierte er Will mit einem forschenden Blick.
»Dieses Haus hat doch noch einen Keller, oder, mein Junge?«
Will führte den Polizisten in den Keller und blieb am Fuß der Eichentreppe stehen, während der Beamte seinen Blick durch den Raum wandern ließ. Dr. Burrows’ Ausstellungsstücke schienen ihn ganz besonders zu interessieren.
»Dein Dad hat da ein paar sehr ungewöhnliche Exponate. Ich nehme an, ihr habt Belege für all diese Objekte?«, sagte er und nahm einen der staubigen Tonköpfe aus dem Regal. Als er Wills verwirrten Gesichtsausdruck sah, fuhr er fort: »War nur ein Scherz. Wenn ich es richtig verstanden habe, arbeitet dein Vater im örtlichen Museum, oder?«
Will nickte.
»Ich glaube, ich habe es einmal besichtigt … bei einem Schulausflug.« Sein Blick fiel auf den Geröllhaufen in der Schubkarre. »Und wozu dient das hier?«
»Ich weiß es nicht. Die Erde könnte von einer Grabungsstätte stammen, mit der Dad beschäftigt war. Normalerweise arbeiten wir immer zusammen.«
»Ihr grabt Tunnel?«
Will nickte bestätigend.
»Ich glaube, ich würde mich jetzt gerne mal draußen umsehen«, verkündete der Polizist, musterte Will mit zusammengekniffenen Augen und wirkte plötzlich viel entschlossener als zuvor.
Im Garten sah Will zu, wie der Beamte systematisch die Beete absuchte. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit dem Rasen und ging gelegentlich in die Hocke, um die kahlen Stellen zu untersuchen, wo eine der Nachbarskatzen regelmäßig ihr Geschäft machte und damit das Gras vernichtet hatte. Anschließend starrte er eine Weile über die kleine Hecke am Ende des Gartens in Richtung Gemeindeland und kehrte schließlich zum Haus zurück. Will folgte ihm, und kaum hatten sie den Flur betreten, legte der Beamte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Erzähl mal, mein Junge. Hat in letzter Zeit irgendjemand da draußen herumgegraben?«, fragte er mit gesenkter Stimme, als gäbe es ein dunkles Geheimnis, das Will ihm unbedingt anvertrauen wollte.
Will schüttelte nur den Kopf, und die beiden gingen in den vorderen Eingangsbereich, wo die Augen des Polizisten beim Anblick von Wills glänzendem Spaten aufleuchteten. Sofort versuchte Will, sich vor den Schirmständer zu schieben und dem Beamten die Sicht zu versperren.
»Bist du ganz sicher, dass weder du noch sonst ein Mitglied deiner Familie im Garten gegraben hat?«, hakte der Beamte nach und starrte Will misstrauisch an.
»Ich hab da nicht gegraben, schon seit Jahren nicht mehr«, erwiderte Will. »Als ich noch kleiner war, hab ich ein paar Löcher auf dem Gemeindeland ausgehoben, aber Dad hat es mir verboten – er meinte, jemand könnte hineinfallen.«
»Ach, auf dem Gemeindeland? Große Löcher vielleicht?«
»Ziemlich große. Allerdings habe ich dort nichts Besonderes gefunden.«
Der Polizist warf Will einen seltsamen Blick zu und vermerkte etwas in seinem Notizbuch. »Und was hast du so gefunden?«, fragte er und runzelte verständnislos die Stirn.
»Ach, nur ein paar leere Flaschen und irgendwelchen alten Schrott.«
In diesem Moment kam die Polizeibeamtin aus dem Wohnzimmer und gesellte sich zu ihrem Kollegen an der Haustür.
»Alles klar?«, fragte der Beamte, steckte sein Notizbuch ein und warf Will einen letzten durchdringenden Blick zu.
»Ich hab alles notiert«, erwiderte die Polizistin und wandte sich dann an Will und Rebecca. »Ich bin mir sicher, dass kein Grund zur Sorge besteht, aber selbstverständlich werden wir einige Nachforschungen über euren Vater anstellen. Falls ihr irgendetwas hören solltet oder mit uns reden möchtet, egal worüber, könnt ihr uns unter dieser Nummer erreichen.« Sie gab Rebecca eine Visitenkarte. »In den meisten Fällen taucht die vermisste Person
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