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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Gemeinsam beobachteten die beiden Jungen, wie das Licht der Krümmung der Wand folgte, die sich – tief in den Schatten verborgen – weit oben in einer sanften Wölbung mit der gegenüberliegenden Wand traf, wie die Gewölbedecke einer riesigen Kathedrale.
    »Was ist das, Will? Wo sind wir hier?«, fragte Chester und packte seinen Freund am Arm.
    »Keine Ahnung. Von so was hab ich noch nie gehört«, erwiderte Will und starrte mit großen Augen auf die breite Straße. »Das ist wirklich unglaublich.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Ich denke, wir … wir schauen uns ein wenig um, oder? Das ist einfach unfassbar«, staunte Will. Angestrengt versuchte er, seine Gedanken zu ordnen, die von den ersten Wogen eines betörenden Entdeckerrauschs erfasst wurden. Ihn überkam der überwältigende Drang, sofort loszustürzen und alles zu erforschen. »Muss das aufzeichnen«, murmelte er, holte seine Kamera hervor und begann, Fotos zu machen.
    »Will, nicht! Das Blitzlicht!«
    »’tschuldigung.« Will hängte sich den Fotoapparat um den Hals. »Ich hab mich wohl ein wenig hinreißen lassen.« Und dann marschierte er ohne jedes weitere Wort über das Kopfsteinpflaster auf die Häuser zu. Chester folgte geduckt seinem Freund, dem Forschungsreisenden, und murmelte missmutig vor sich hin, während er die Straße sondierte und nach irgendeinem Anzeichen von Leben Ausschau hielt.
    Während sie sich den Häusern näherten, stellten sie fest, dass diese offenbar aus dem Gestein herausgeschlagen waren, wie halb ausgegrabene architektonische Fossilien. Ihre Dächer verschmolzen mit den sanft gewölbten Wänden hinter ihnen, und an den Stellen, wo man Schornsteine erwartet hätte, ragte ein kompliziertes Netzwerk aus Ziegelsteinschächten auf, die an den Wänden entlangführten und irgendwo in der darüber liegenden Dunkelheit verschwanden – wie versteinerte Rauchsäulen. Als Will und Chester den Gehweg erreichten, hörten sie außer dem Hall ihrer Schritte ein leises Brummen, das direkt aus dem Boden zu kommen schien. Sie blieben einen Moment stehen, um sich eine der Straßenlaternen genauer anzusehen.
    »Die sieht aus wie …«
    »Genau«, unterbrach Will seinen Freund und griff unwillkürlich in die Tasche, in der die Leuchtkugel seines Vaters lag, sorgfältig in ein Taschentuch gewickelt. Die Glaskugel der Straßenlaterne war eine wesentlich größere Version des rätselhaften Objekts – sie besaß fast den Durchmesser eines Fußballs und wurde von einer vierzackigen Klaue am Ende eines gusseisernen Laternenpfahls gehalten. Zwei schneeweiße Nachtfalter umkreisten die Kugel wie epileptische Monde; ihre trockenen Flügel flatterten gegen die Glasoberfläche.
    Plötzlich blieb Will abrupt stehen. Er hob den Kopf und schnupperte, wobei er der blinden Ratte auf dem Getrieberad nicht unähnlich sah.
    »Was ist los?«, fragte Chester beklommen. »Doch kein Ärger, oder?«
    »Nein, ich dachte nur … ich hätte etwas gerochen. Eine Art … eine Art Ammoniak … irgendetwas mit einem stechenden Geruch. Hast du das etwa nicht bemerkt?«
    »Nein.« Chester schnupperte ein paarmal. »Ich hoffe nur, es ist nicht giftig.«
    »Keine Ahnung, aber auf jeden Fall ist es jetzt weg. Und uns geht’s nach wie vor gut, oder?«
    »Sieht zumindest danach aus. Aber glaubst du wirklich, dass hier irgendjemand lebt?«, erwiderte Chester und schaute zu den Fenstern in den Häusern hinauf. Gemeinsam betrachteten sie das ihnen nächstgelegene Gebäude, das still und bedrohlich vor ihnen aufragte, als wollte es sagen: »Untersteht euch, auch nur einen Schritt näher zu kommen.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und wozu steht das ganze Zeug hier dann rum?«
    »Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, flüsterte Will, während sie sich vorsichtig und geduckt an das Haus heranschlichen. Das Gebäude besaß eine schlichte, elegante Sandsteinfassade im Stil der georgianischen Zeit. Hinter den großen Bleiglasfenstern, die die dunkelgrün lackierte Eingangstür mit dem Türklopfer und dem Klingelknopf aus glänzend poliertem Messing flankierten, konnten sie schwere und reich verzierte Vorhänge erkennen.
    »167«, sagte Will verwundert, als er die Ziffern über dem Türklopfer entdeckte.
    »Wo sind wir hier?«, flüsterte Chester, während Will zwischen den Vorhängen einen schwachen Lichtschein bemerkte, leicht flackernd wie von einem Kaminfeuer.
    »Pst!«, zischte er und schlich sich unter das Fenster. Dann schob er die Nase vorsichtig über das Fenstersims

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