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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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zweifelte nicht an Drakes oder Elliotts Urteil. Man hinterfragte nicht ihre Befehle. Man tat genau das, was einem aufgetragen wurde, weil das nämlich dem eigenen Vorteil diente … und damit allen.
    Aber Will musste sich eingestehen, dass Chester für das Befolgen von Befehlen besser geeignet war als er selbst. Außerdem hatte sein Freund offenbar von Anfang an eine bedingungslose und unerschütterliche Loyalität gegenüber Drake entwickelt, die er nun auch auf Elliott ausweitete.
    Auch Cal hielt es in dieser Hinsicht ebenso wie Chester. Sein Bruder hatte sich verändert; vielleicht weil er dem Tod so nahe gekommen war. Hin und wieder kam zwar noch sein altes Draufgängertum zum Vorschein, aber im Großen und Ganzen war Cal jetzt ruhiger und teilweise regelrecht stoisch, wenn es um ihre derzeitige Lage ging. Will nutzte genau diesen Begriff, um Cals verändertes Naturell in seinem Notizbuch zu beschreiben. Er hatte das Wort von seinem Vater gelernt und anfangs gedacht, dass es ein Zeichen für Schwäche wäre: die Bereitschaft, alles zu akzeptieren, ganz gleich, wie übel es auch sein mochte. Doch jetzt erkannte Will allmählich, dass er sich geirrt hatte. Ein Mensch in einer lebensbedrohlichen Situation benötigte einfach eine gewisse innere Distanz, um klar denken zu können und nicht in Panik eine falsche Entscheidung zu treffen.
     
    In den darauffolgenden Wochen erteilte Drake den Jungen diverse Lektionen – zu verschiedenen Themen, wie etwa die Suche nach Nahrung und deren Zubereitung. Den Anfang hatte die Höhlenmuschel gemacht, die in gekochtem Zustand ein wenig wie extrem gummiartige Tintenfischringe schmeckte.
    Drake nahm die Jungen auch zu kurzen Patrouillen mit und unterrichtete sie in der Kunst der Camouflage- und Tarntechnik. Eines Morgens weckte er sie zu einer Uhrzeit, die den Jungen besonders früh erschien, obwohl der Begriff Zeit in der ewigen Dunkelheit im Grunde jede Bedeutung verloren hatte. Er befahl ihnen, sich fertig zu machen, und führte sie dann durch einen Tunnel unterhalb des Lagers, der in die entgegengesetzte Richtung der Großen Prärie führte. Die Jungen wussten, dass ihnen kein allzu langer Ausflug bevorstand, da Drake ihnen aufgetragen hatte, nur jeweils einen Wasserbehälter und etwas Proviant einzupacken. Er selbst trug dagegen einen vollen Rucksack.
    Während sie durch eine Reihe von Durchgängen liefen, unterhielten sich die Jungen leise, um sich die Zeit zu vertreiben.
    »Dämliche Dumpfbacken«, warf Cal ein, als Will und Chester über die Koprolithen sprachen.
    »Warum glaubst du das?«, wandte Drake sich in ruhigem Ton an Cal, da er dessen Bemerkung aufgeschnappt hatte. Sofort verstummten Will und Chester.
    »Also, die Koprolithen sind nichts anderes als tumbe Tiere«, erwiderte Cal, der offensichtlich einen Teil seiner alten Großspurigkeit wiederentdeckt hatte. »Tiere, die wie nutzlose Schnecken in der Erde herumwühlen.«
    »Dann glaubst du also wirklich, dass wir etwas Besseres wären als sie?«, hakte Drake nach.
    »Natürlich sind wir das.«
    Drake schüttelte den Kopf. »Die Koprolithen leben von ihren Weidegründen, ohne sie vollständig zu erschöpfen oder ständig weiterziehen zu müssen. Und wenn sie Grabungen vornehmen, dann füllen sie die Schächte anschließend wieder. Und das tun sie aus Respekt vor der Erde.«
    »Aber das sind … das sind doch nur …«, wollte Cal einwerfen, verstummte dann aber.
    »Nein, Cal, wir sind diejenigen, die sich dämlich verhalten. Wir sind die tumben Tiere. Denn wir verbrauchen immer alles komplett und vollständig … wir konsumieren und konsumieren, bis alle Ressourcen erschöpft sind … und dann – Überraschung! – müssen wir unsere Siebensachen packen und woanders wieder von vorn anfangen. Nein, die Koprolithen sind die wahrhaft Schlauen … sie leben in Harmonie mit ihrer Umgebung. Du und ich dagegen … unser Menschenschlag … wir sind die Räuber, die Zerstörer. Nennst du das nicht dämlich?«
     
    Schweigend setzten sie ihre Wanderung fort, bis Will nach ein paar Kilometern seine Schritte beschleunigte und Chester und Cal hinter sich ließ, um zu Drake aufzuschließen.
    »Hast du irgendetwas auf dem Herzen?«, fragte Drake, noch ehe Will auf seiner Höhe war.
    »Äh, ja«, erwiderte Will zögernd und fragte sich gleichzeitig, ob er vielleicht bei den anderen hätte bleiben sollen.
    »Schieß los.«
    »Na ja, du hast gesagt, du wärst ein Übergrundler …«
    »Und jetzt möchtest du mehr wissen?«,

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