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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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tun.
    Sarah musste eine Entscheidung treffen, was sie nun tun sollte – und zwar schnell. Die Tatsache, dass beide Polizisten verletzt waren und Hilfe benötigten, spielte für sie jetzt keine Rolle. Sie empfand weder Mitleid noch Reue angesichts ihres Schicksals: Die beiden waren Opfer ihres eigenen Überlebenskampfes, nicht mehr und nicht weniger. Sarah ging zu dem stöhnenden Beamten und bückte sich, um ihm das Funkgerät aus der Tasche zu nehmen.
    Mit einer Schnelligkeit, die sie überraschte, packte er sie am Handgelenk. Doch er war geschwächt und konnte nur einen Arm einsetzen. Mühelos entwand sie sich seinem Griff und riss dann das Funkgerät aus seiner Uniformtasche. Seine Widerstandskraft war gebrochen und dieses Mal unternahm er keinen Versuch, sie daran zu hindern. Sie warf das Gerät auf den Boden und trat mehrfach darauf, bis das Plastik unter ihrem Absatz splitterte und knirschte.
    Leicht nervös näherte sie sich nun dem Jäger. Obwohl es sich bei diesen Katzen um geborene Tötungsmaschinen handelte, griffen sie nur selten Menschen an. Natürlich gab es Berichte von Tieren, die aus der Art geschlagen waren und sich gegen ihre Besitzer und jeden anderen gewendet hatten, der zufällig ihren Weg kreuzte. Nach dem zu urteilen, was dieser Jäger dem Polizisten angetan hatte, war Sarah sich nicht sicher, ob sie ihm vertrauen konnte. Sein Erscheinungsbild mit der kahlen Haut, die sich wie ein schlecht errichtetes Zelt über die Rippen spannte, deutete darauf hin, dass er unterernährt war und sich gesundheitlich nicht in bester Verfassung befand. Sarah fragte sich, wie lange er wohl schon auf sich selbst gestellt war.
    »Wie bist du hierhergekommen?«, fragte sie den Kater mit sanfter Stimme und aus sicherem Abstand.
    Das Tier neigte den Kopf leicht zur Seite, als versuche es, sie zu verstehen, und blinzelte. Sarah trat vorsichtig einen Schritt näher und streckte vorsichtig ihre Hand aus. Der Kater beugte sich vor, um an ihren Fingerspitzen zu schnuppern. Sein Kopf befand sich fast auf Höhe ihrer Hüften – sie hatte ganz vergessen, wie groß diese Tiere werden konnten. Plötzlich kam der Jäger ruckartig auf sie zu. Sarah erstarrte und rechnete mit dem Schlimmsten, doch der Kater drückte nur seinen Kopf zärtlich gegen ihre Hand und rieb sich daran. Sie hörte, wie ein tiefes Schnurren einsetzte, so laut wie ein Außenbordmotor. Dieses Verhalten war wirklich außergewöhnlich freundlich für einen Jäger. Entweder war er durch sein Leben in Übergrund etwas verwirrt oder er glaubte aus irgendeinem Grund, sie zu kennen. Doch sie hatte jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken – sie musste sich schleunigst ihren nächsten Schritt überlegen.
    Als Erstes galt es, möglichst weit von diesem Ort fortzukommen. Während sie die ziemlich schuppige und schorfige Haut unter dem unglaublich breiten Maul des Tiers kraulte, wurde ihr bewusst, dass sie dem Kater zu Dank verpflichtet war. Wenn er ihr nicht zu Hilfe gekommen wäre, hätte man sie mit Sicherheit geschnappt. Sie konnte ihn unmöglich zurücklassen; schließlich bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass man ihn bei der garantiert folgenden Großfahndung stellen würde.
    »Komm mit«, wandte sie sich an den Kater und marschierte auf das Gemeindeland zu. Der Nebel in ihrem verletzten Kopf lichtete sich etwas, sobald sie die offene Fläche vor sich sah. Als der Jäger an ihr vorbeischlüpfte, bemerkte sie, dass er leicht hinkte. Sie fragte sich gerade, woher diese Verletzung stammen konnte, als sie plötzlich laute Stimmen hörte und in der Ferne eine Gruppe von Leuten entdeckte. Rasch verließ sie den Pfad, duckte sich hinter mehrere große Rhododendronsträucher und biss die Zähne fest aufeinander, da ihr ein heißer Schmerz durch Brustkorb und Nacken fuhr.
    Die Leute kamen immer näher. Sarah ließ sich auf den Boden fallen und presste ihre pochende Stirn in das feuchte Gras. Sie spürte, wie eine Woge der Übelkeit in ihr aufstieg, und hoffte inständig, dass sie sich nicht übergeben musste. Der Jäger war nicht mehr zu sehen, aber sie nahm an, dass er die Geistesgegenwart besessen hatte, ihrem Beispiel zu folgen, und sich versteckte.
    Sekunden verstrichen, dann wurden die Stimmen deutlicher. Sie klangen jung; wahrscheinlich handelte es sich um Teenager. Eine Blechdose schepperte über den Weg, direkt vor ihrer Nase, und dann ertönte das typische Pock, als jemand die Dose fortkickte. Sarah spürte den Luftzug, als die Büchse nur wenige

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