Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
Vom Netzwerk:
ihr.«
    »Sarah, ich bin’s«, sagte der Mann. »Joe Waites«, fügte er hastig hinzu, da sie kein Anzeichen des Wiedererkennens zeigte. Zögernd ging er einen Schritt vor, mit zitternden, ihr entgegengestreckten Händen und brüchiger Stimme. Dann sprudelten die Worte nur so aus ihm hervor: »Oh Sarah«, flehte er, »bitte … bitte leg es weg … leg das Messer fort … tu es deinem Sohn zuliebe … tu es für Cal … du musst doch meine Nachricht bekommen haben … es ist wahr, jedes einzelne Wort ist …«
    Sarah drückte die Klinge tiefer in die Haut über ihrer Kehle, und Joe blieb wie angewurzelt stehen, die Hände ausgestreckt und gespreizt. Er zitterte so heftig am ganzen Körper, dass Sarah dachte, er würde jeden Moment in Ohnmacht fallen. »Nein, nicht, tu es nicht … hör ihr doch zu … du musst dir anhören, was sie zu sagen hat. Rebecca kann dir helfen.«
    »Niemand wird dir auch nur ein Haar krümmen, Sarah. Darauf gebe ich dir mein Wort«, sagte das Mädchen ruhig. »Hör dir wenigstens an, was ich zu sagen habe.« Sie zuckte kurz die Achseln und neigte den Kopf leicht zur Seite. »Wenn du dir danach immer noch die Kehle durchschneiden willst, bitte … ich werde dich nicht daran hindern.« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Aber es wäre wirklich eine Vergeudung, solch eine dumme, tragische Vergeudung. Und willst du denn nicht, dass Cal gerettet wird? Er braucht dich doch.«
    Langsam drehte Sarah sich nach links, dann nach rechts und schnappte keuchend nach Luft, wie ein Tier, das in der Falle sitzt. Panisch starrte sie Joe Waites aus weit aufgerissenen Augen an, blinzelte verständnislos in das unverkennbare Gesicht des alten Mannes mit dem eng sitzenden Scheitelkäppchen, aus dessen Oberkiefer ein einzelner Zahn hervorragte.
    »Joe?«, flüsterte sie heiser; aus ihrer Stimme klang die stille Resignation eines Menschen, der bereit ist zu sterben.
    Sie drückte die Klinge noch tiefer in ihre Kehle. Verzweifelt wedelte Joe Waites mit den Armen und schrie auf, als die ersten Blutstropfen über die blasse Haut an ihrem Hals sickerten.
    »SARAH! BITTE!«, schrie er. »NEIN! TU ES NICHT! BITTE TU ES NICHT!«

12
    Will hatte angeboten, die erste Wache zu übernehmen, damit die anderen sich etwas ausruhen konnten. Er versuchte, ein paar Notizen in seinem Tagebuch zu machen, musste aber feststellen, dass er sich einfach nicht konzentrieren konnte. Nach einer Weile legte er das Buch frustriert beiseite, lief unruhig um den Tisch herum, lauschte auf Chesters gleichmäßiges Schnarchen und beschloss dann, die Zeit zu einer gründlicheren Erkundung des Hauses zu nutzen. Außerdem konnte er es gar nicht erwarten, die neue Laterne auszuprobieren, die Cal für ihn zusammengesetzt hatte. Stolz klemmte er die Lampe an seine Brusttasche, wie sein Bruder es ihm gezeigt hatte, und regulierte die Breite des Lichtstrahls. Dann warf er einen letzten Blick auf seine schlafenden Gefährten, öffnete leise die Tür und verließ die Bibliothek.
    Sein erster Weg führte ihn zu dem Raum auf der anderen Seite der Eingangshalle, den er und Cal bei ihrer ersten Erkundungstour nur kurz besichtigt hatten. Auf Zehenspitzen schlich er durch den Staub, drückte die Tür behutsam auf und betrat das Zimmer.
    Der Raum besaß die gleichen Abmessungen wie die Bibliothek, war aber im Gegensatz zu ihr vollkommen leer. Will schritt die Wände ab und warf gelegentlich einen Blick auf die hohen Sockelleisten, hinter denen noch Fetzen einer limonengrünen Tapete hingen, die wohl einst sämtliche Mauern geziert hatte.
    Dann ging er zu den Fenstern mit den fest verschlossenen Läden, unterdrückte den Impuls, sie zu öffnen, und lief anschließend ein weiteres Mal durch den Raum, wobei der Lichtschein seiner Lampe wie ein Strahl die Dunkelheit vor ihm durchschnitt. Da er nichts Interessantes entdecken konnte, wollte er den Raum schon wieder verlassen, als er plötzlich etwas bemerkte. Bei ihrer ersten Inspektion war es ihm im schwachen Schein der Leuchtkugeln entgangen, doch jetzt, im strahlenden Lichtstrahl der Styx-Laterne, war es nicht mehr zu übersehen. Etwa auf Kopfhöhe neben der Tür hatte jemand eine Inschrift in die Wand geritzt:
     
    ICH ERKLÄRE DIESES HAUS ZU MEINER ENTDECKUNG
    GEZEICHNET: DR. ROGER BURROWS
     
    Dann folgten, zusammen mit einem Datum und einer Zahl, die Will nichts sagte, die Worte:
     
    PS: ACHTUNG – BLEIVERKLEIDUNG AN DEN WÄNDEN – HOHE RADIOAKTIVITÄT JENSEITS DER MAUERN?!
     
    Verwundert streckte Will

Weitere Kostenlose Bücher