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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Umständen die Bewohner wohl gezwungen gewesen waren, ihr Zuhause zu verlassen.
    »Ich hab’s dir doch gesagt: Es interessiert ihn einen Dreck, wem er mit seinen Taten Schaden zufügt«, sagte Rebecca. »Du hast überhaupt keine Ahnung, wozu er fähig ist. Er ist ein Soziopath, und irgendjemand muss ihn aufhalten.«
    Der alte Styx an Rebeccas Seite nickte bestätigend.
    Der Weg führte nun durch gewundene Tunnel und über gepflasterte Strecken immer weiter in die Tiefe, bis sie an einer Reihe von Geschäften vorbeikamen. Die verbarrikadierten Ladenfronten verrieten Sarah, dass viele der Geschäfte für immer geschlossen hatten.
    Nach einer Weile erreichte die Kutsche den letzten, steil nach unten abfallenden Abschnitt, der direkt zur Kolonie führte. Da es nichts mehr zu sehen gab, lehnte Sarah sich zurück und senkte mit einem mulmigen Gefühl im Magen den Blick auf ihre Hände im Schoß. Plötzlich rollte eines der Kutschenräder über irgendein Hindernis auf der Straße; die Kutsche neigte sich gefährlich zur Seite und warf die Passagiere heftig gegen die hölzernen Sitzlehnen. Erschrocken schaute Sarah zu Rebecca hinüber, die ihr aber nur ein beruhigendes Lächeln schenkte, während sich die Kutsche ächzend wieder aufrichtete. Dagegen zeigten die beiden anderen Styx nicht die geringste Regung – wie schon während der gesamten Fahrt. Verstohlen warf Sarah einen Blick in ihre Richtung und konnte dabei ein Schaudern nicht unterdrücken.
    Man musste sich das nur mal vorstellen!
    Ihre Feinde, die sie mit jeder Faser ihres Herzens verabscheut hatte, saßen nur wenige Zentimeter von ihr entfernt … so nah, dass sie sie riechen konnte. Sie waren Reisegenossen! Zum hundertsten Mal fragte Sarah sich, was sie wirklich von ihr wollten. Vielleicht würden sie sie am Zielort einfach in eine Arrestzelle sperren und sie danach in die Verbannung schicken oder sogar exekutieren. Aber wozu dann diese ganze Mühe? In Sarah wuchs der fast unbezwingbare Drang, aus der Kutsche zu springen und wegzulaufen. Ihr Verstand schrie ihr zu, sie solle fliehen, und sie stellte erste Überlegungen an, wie weit sie wohl kommen würde. Als sie einen Blick auf den Türgriff warf, zuckten ihre Finger nervös, doch Rebecca streckte eine Hand aus, legte sie auf Sarahs Hände und besänftigte deren unruhige Bewegungen.
    »Es ist nicht mehr weit.«
    Sarah versuchte zu lächeln, sah aber im aufblitzenden Licht einer Straßenlaterne, dass der alte Styx sie sorgfältig musterte. Seine Pupillen waren nicht durchgehend pechschwarz wie bei den restlichen Styx, sondern schimmerten in einem weiteren Farbton. Ein Hauch einer Farbe, die Sarah zwar nicht genau benennen konnte – irgendwo zwischen Rot und Braun –, die ihr aber noch dunkler und düsterer erschien als Schwarz.
    Während er sie unverwandt ansah, spürte sie ein enormes Unbehagen in sich aufkommen, als wüsste er bis ins Detail, was sie gerade dachte. Doch dann schaute er wieder aus dem Fenster und starrte auch für den Rest der Reise hinaus in die Dunkelheit, selbst als er das Wort an sie richtete – das erste und einzige Mal während der ganzen Fahrt. Dabei strahlte er eine Art Altersweisheit aus, die sich von den üblichen rachsüchtigen Schimpfkanonaden der Styx-Führungselite deutlich unterschied. Er schien seine Worte sorgfältig zu wählen, als würde er sie abwägen, ehe sie ihm über die dünnen Lippen kamen.
    »Wir sind gar nicht so verschieden, Sarah.«
    Ruckartig wandte sie ihm den Kopf zu und starrte wie gebannt auf das Netz tiefer Falten in seinen Augenwinkeln, das sich manchmal leicht zusammenzog, als würde er jeden Moment lächeln – was er aber nicht tat.
    »Falls wir eine Schwäche haben, dann die, dass wir nicht erkennen, dass eine Handvoll – wirklich nur eine Handvoll – der hier unten lebenden Menschen sich gar nicht so sehr von uns Styx unterscheidet.«
    Er blinzelte bedächtig, als sie eine besonders große Straßenlaterne passierten, deren heller Lichtschein die Kutsche bis in die hinterste Ecke ausleuchtete. Sarah sah, dass die beiden anderen Passagiere weder in die Richtung des alten Styx noch zu ihr hinüberschauten.
    »Wir heben uns deutlich von den Kolonisten ab, aber hin und wieder kommt jemand wie du daher. Du zeichnest dich durch eine ganz besondere Kraft und Stärke aus; du widersetzt dich uns mit einer Leidenschaft und Inbrunst, wie wir sie von unseren eigenen Leuten erwarten. Dabei strebst du nur nach Anerkennung. Du kämpfst für etwas, an das du

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