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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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zogen über den Horizont. Die Nano-Netze, alles und jeden zerstörend, näherten sich mit beunruhigender Geschwindigkeit. Sie blieben dabei unsichtbar und waren nur durch ihre zerstörerische Wirkung erkennbar.
    Turils Herz klopfte rasch und unregelmäßig; auch dies war eine Erfahrung, die neu war - oder ihm zumindest neu erschien.
    Das Kautium … Turil zerrieb das flüchtige Material zwischen den Fingern und atmete tief ein. Die betörende Wirkung breitete sich in seinem Kopf aus, erzeugte ungewohnte Euphorie, die seinesgleichen sonst fremd war. Er nutzte das Element der Lust, um sich zurück zur GELFAR zu denken.
    Letzte Eindrücke blieben in seinem Gedächtnis haften: Bankiniden, die verstört nach allen Richtungen davonrannten. Sie schrien und zirpten und jammerten und kreischten - und hatten keine Ahnung, welche Strafe des Schicksals sie da eigentlich ereilte. Sie verstanden nicht die Dimensionen der Zerstörungen, wussten nicht, dass binnen Stundenfrist ihr Heimatplanet zermalmt sein würde. Eine ruhmreiche Vergangenheit und eine weniger ruhmreiche Gegenwart fanden ein abruptes Ende.
    Turil meinte, jenen Windhauch zu spüren, den die Nano-Netze Gerüchten zufolge vor sich hertrugen. Dann verschwamm die Umgebung, und er fand sich an Bord der GELFAR wieder, Pschoims Rücken zugewandt. Er ließ sich
zu Boden sinken und wischte in einer raschen, scheinbar unmotivierten Bewegung die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln. Er musste sich so gut wie möglich unter Kontrolle halten, um die GELFAR nicht auf sein erstarktes emotionelles Innenleben aufmerksam zu machen.
    »Du bist spät dran«, sagte Pschoim leise. »Ich war in einem Zankgehöft und führte ein Gespräch mit dem Gehöftmeister. Der Bankinide bestand darauf, dass ich trotz der Gefahr die Umgangsformen wahrte.« Die Lüge kam ihm überraschend leicht von den Lippen.
    »Ich verstehe.« Pschoim zeichnete mit den Fingern seltsame Bilder in die Luft, das Kindsgehirn des Schiffs reagierte augenblicklich und machte Anstalten, die Flucht der GELFAR in die Wege zu leiten.
    »Wir sollten Hilfe herbeirufen«, schlug Turil vor.
    »Wozu?« Pschoim blickte ihn nicht an. »Sie würde ohnehin zu spät kommen. Irgendwelche Narren haben sicher bereits Warnungen an Nachbarplaneten weitergegeben. Doch was wird geschehen? Selbst gut ausgerüstete Truppen haben keine Chance gegen die Kitar, und ich habe noch niemals gehört, dass Belohnungen auf den Überbringer schlechter Nachrichten warten. Nein, ich halte es für viel lukrativer, die Informationen über das Auftauchen dieser unheimlichen Wesen an die Friedenshöfe weiterzuleiten. Dort soll man ausloten, ob unsere Hinweise von Nutzen sind. Vielleicht zeigt ja ARMIDORN Interesse.« Sein Vater lachte humorlos. »Uns ist ein gutes Geschäft entgangen. Wir müssen zusehen, dass wir woanders zu Geld kommen. Und du setzt dich gefälligst wieder an deine Studien.«
    »Die Bankiniden …«
    »Was scheren mich die Bankiniden?! Sie sind tot oder so gut wie tot. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich die
Kitar wegen Geschäftsschädigung verklagen. Doch andererseits« - er schürzte die schmalen Lippen zu einem freudlosen Lächeln - »sorgen sie für Angst. Und Angst ist immer gut für unsere Auftragsbücher.«
    Die GELFAR nahm Fahrt auf und verließ diesen Ort der Vernichtung. Für immer. Die Welt der Bankiniden hörte auf zu existieren, und damit schlossen sich auch die Geschäftsbücher der Totengräber für diesen Planeten.

8 - GEÄNDERTE PLÄNE
    Das Erwachen war schrecklich, wie immer. Schweiß stand in seinen Augenhöhlen, zwischen den Zahnleisten und in den Halsfalten.
    Turil warf die Schlafplane angewidert beiseite. »Frühstück!«, rief er und öffnete die Augen. Der Schlafraum hatte sich verändert. Die Wände standen nun in anderen Winkeln zueinander, der einst nackte und sterile Raum hatte sich zu einem gemütlichen Zimmer entwickelt, in dessen zentralem Kamin ein Torffeuer angenehme Wärme verbreitete. Augenblicklich fühlte er sich besser.
    Eine Nahrungskanaille kam herangeschossen. Knapp vor Turil bremste sie ab, piepste Turil vertraulich an und fragte: »Das Standardfrühstück? Mit Fruchtsaft? Sättigend oder erfrischend? Klein, mittel, groß …«
    »Du kennst meine Konstitution besser als ich selbst«, unterbrach Turil die Kanaille ungehalten.
    »Selbstverständlich, Herr!« Die Kanaille deutete eine Verbeugung an, landete mit ihren Klammerbeinchen auf Turils Oberarm und schob den Nahrungsschlauch sanft in eine

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