Turm der Hexer
seinen Bauch öfter als unbedingt notwendig die Stufen zum Hafen hinaufoder hinunterzuschleppen.«
»Wie geht es ihm?« fragte König Fulrach.
»Ich glaube, er hat etwas Gewicht verloren«, antwortete Anheg.
»Vater zu werden scheint seinen Appetit zu beeinträchtigen.«
»Wann soll das Kind kommen?« erkundigte sich Königin Layla neugierig.
»Ich weiß es wirklich nicht! Layla«, sagte der König von Cherek. »Solche Dinge kann ich nicht gut behalten. Porenn mußte allerdings in Boktor bleiben. Ihre Schwangerschaft ist wohl schon zu weit fortgeschritten, als daß sie reisen könnte. Aber Islena ist hier.«
»Ich muß mit dir reden, Garion«, sagte Lelldorin nervös.
»Selbstverständlich.« Garion ging mit seinem Freund ein paar Schritte abseits über den verschneiten Pier.
»Ich fürchte, Dame Polgara wird böse auf mich sein, Garion«, sagte Lelldorin leise.
»Böse? Weshalb?« fragte Garion mißtrauisch.
»Nun…«, Lelldorin zögerte. »Einiges lief unterwegs irgendwie falsch.«
»Was meinst du mit ›irgendwie falsch‹?«
»Ich war auf Baron Oltorains Schloß«, begann Lelldorin.
»Soviel hatte ich schon begriffen.«
»Ariana, die Baroneß Ariana, das heißt, Baron Oltorains Schwester…«
»Das blonde Mimbrater-Mädchen, das dich gesundgepflegt hat?«
»Du erinnerst dich an sie«, sagte Lelldorin hocherfreut. »Erinnerst du dich auch noch daran, wie schön sie ist? Wie…«
»Ich glaube, wir kommen vom Thema ab, Lelldorin«, sagte Garion streng. »Wir sprachen davon, wieso Tante Pol böse auf dich sein wird.«
»Dazu komme ich ja, Garion. Um es kurz zu machen, Ariana und ich sind, nun ja, Freunde geworden.«
»Verstehe.«
»Nichts Ungehöriges, verstehst du«, sagte Lelldorin rasch. »Aber unsere Freundschaft war so, daß wir nun wir wollten uns nicht trennen.« Das Gesicht des jungen Asturiers flehte um Garions Verständnis.
»Eigentlich«, fuhr er fort, »war es etwas mehr als ›nicht wollen‹. Ariana sagte, sie würde sterben, wenn ich sie zurückließe.«
»Wahrscheinlich hat sie übertrieben«, meinte Garion.
»Aber das konnte ich doch nicht riskieren, oder?« protestierte Lelldorin. »Frauen sind soviel zarter als wir. Außerdem ist Ariana Ärztin. Sie würde doch wissen, wann sie stirbt, nicht wahr?«
»Bestimmt.« Garion seufzte. »Warum erzählst du nicht weiter, Lelldorin? Ich bin auf das Schlimmste gefaßt.«
»Ich wollte wirklich nichts Böses tun«, sagte Lelldorin kläglich.
»Natürlich nicht.«
»Jedenfalls, Ariana und ich haben das Schloß eines Nachts verlassen. Ich kannte den Wachmann auf der Zugbrücke, deshalb habe ich ihm eins über den Kopf gegeben, weil ich ihm nicht weh tun wollte.«
Garion blinzelte.
»Ich wußte, daß er auf Ehre verpflichtet war, uns aufzuhalten«, erklärte Lelldorin. »Ich wollte ihn nicht töten, also habe ich ihn auf den Kopf geschlagen.«
»Das wird ja wohl irgendeinen Sinn ergeben«, meinte Garion zweifelnd.
»Ariana ist fast sicher, daß er nicht sterben wird.«
»Sterben?«
»Ich habe wohl ein bißchen fest zugeschlagen.«
Die anderen hatten inzwischen das Schiff verlassen und machten sich bereit, Brand und König Anheg die steile, schneebedeckte Treppe zu den höheren Ebenen der Stadt hinauf zu folgen.
»Und deswegen glaubst du also, daß Tante Pol böse auf dich sein wird«, sagte Garion, während er sich mit Lelldorin an den Schluß der Gruppe begab.
»Na ja, das ist noch nicht die ganze Geschichte, Garion«, gestand Lelldorin. »Es sind noch ein paar andere Dinge geschehen.«
»Was zum Beispiel?«
»Nun, sie haben uns ein wenig gejagt, und ich mußte ein paar ihrer Pferde töten.«
»Verstehe.«
»Ich habe meine Pfeile ganz absichtlich auf die Pferde und nicht auf die Männer gezielt. Es war doch nicht meine Schuld, daß Baron Oltorain den Fuß nicht rechtzeitig aus dem Steigbügel bekam oder?«
»Wie schlimm war er verletzt?« Garion hatte fast schon resigniert.
»Nicht ernstlich, glaube ich wenigstens. Vielleicht ein gebrochenes Bein dasjenige, das er sich schon einmal gebrochen hat, als Mandorallen ihn damals vom Pferd warf.«
»Weiter.«
»Der Priester war selbst schuld«, erklärte Lelldorin hitzig.
»Welcher Priester?«
»Der Priester Chaldans in der kleinen Kapelle, der uns nicht trauen wollte, weil Ariana kein Dokument mit der Einwilligung ihrer Eltern besaß. Er war beleidigend.«
»Hast du ihm etwas gebrochen?«
»Ihm fehlen nur ein paar Zähne, und ich habe sofort aufgehört, ihn zu schlagen,
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