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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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Für immer ausgeschlossen aus der menschlichen Gesellschaft …«
    Séverine erstarrte. Sie erfasste den Sinn der Worte nicht mehr. Erst als Jeannes Name genannt wurde, zwang sie sich, wieder aufzuhorchen.
    »… sowohl mit der Billigung wie der Verheimlichung dieses verwerflichen Tuns hat auch Jeanne von Burgund schwere Schuld auf sich geladen. Obzwar sie nicht des Ehebruchs überführt werden konnte, ist ihr doch erhebliche Pflichtvergessenheit und Sünde anzulasten. Sie soll gleich den Ehebrecherinnen in strenger Haft gehalten werden. Ob ihr schwankender Charakter unter frommer Führung gefestigt und geläutert werden kann, wird sich erweisen. Erkennbare Reue wird die Dauer ihrer Verbannung bestimmen.«
    Das ist Philippes Einfluss, begriff Séverine. Er hofft auf eine Begnadigung Jeannes, sobald der Skandal sich gelegt hat. Dennoch war sie tief enttäuscht, dass es ihm nicht gelungen war, ihr all dies zu ersparen. So zerbrechlich und erschöpft, wie sie aussah, konnten wenige Wochen schon genügen, ihrer Gesundheit nicht wieder gutzumachenden Schaden zuzufügen.
    »Allen drei Sünderinnen wird weiters auferlegt, der Hinrichtung der Männer beizuwohnen, die ihre Mittäter sind«, fuhr der Kanzler fort. »Gautier und Philippe von Aunay haben sich der Majestätsbeleidung, des Hochverrats, des Eidbruchs und des Ehebruchs schuldig gemacht. Sie werden morgen zur Mittagsstunde auf dem Marktplatz von Pontoise vom Leben zum Tode gebracht. Man soll ihnen bei lebendigem Leibe die Haut abziehen, sie entmannen, auf das Rad flechten und sie köpfen. Am Galgen verwesend, werden sie Zeugnis dafür ablegen, wie Verräter im Königreich Frankeich enden.«
    Die offiziellen Dokumente waren verlesen, aber niemand wagte eine Bewegung. Blanche taumelte. Keiner der Edelmänner, die sie bis gestern noch bewundert hatten, kam ihr zu Hilfe. Es blieb allein Jeanne und Marguerite überlassen, sie vor dem Sturz zu bewahren.
    Isabelle verzog verächtlich den Mund.
    Der König erhob sich wortlos und löste damit die Versammlung auf. Er querte die Estrade seitlich und vermied es, den Weg der verurteilten Frauen zu kreuzen. Der wohlwollende Blick, den er sonst für seine Schwiegertöchter gehabt hatte, gehörte der Vergangenheit an. Marguerite machte eine Bewegung, als wolle sie ihm dennoch in die Quere kommen, aber der Kanzler schob sich dazwischen.
    »Ihr habt das Recht verloren, gehört zu werden, Madame«, sagte er kalt, ehe er den Nonnen winkte.
    »Bringt die Verurteilten zurück.«
    Mit erhobener Stimme wandte Marguerite sich an Isabelle, die noch nicht aufgestanden war.
    »Ihr habt den ganzen Sieg dahingegeben, Schwägerin. Ihr hättet Euren Vater bewegen sollen, auch uns zu töten. So aber bleiben wir mit unserem Hass am Leben. Fürchtet Ihr nicht die Folgen Eures Verrats?«
    »Ihr seid zu Recht verurteilt worden.«
    Sie waren einander ebenbürtig, das konnte auch Séverine feststellen. Aber Isabelle hatte obsiegt.
    »Ich danke Gott, dass Ihr nie die Krone meiner Mutter tragen werdet«, verabschiedete sich Isabelle bissig.
    »Da seid Euch nicht so sicher!« Niemand nahm Marguerite das letzte Wort. »Solange ich lebe, kann ich kämpfen.«
    Wider Willen empfand Séverine eine Spur Hochachtung für so viel Tollkühnheit. Nicht einmal die Verurteilung zu Acht und lebenslangem Kerker raubte dieser Frau den Mut. Woher nahm sie die Kraft?
    Allen steckte der Schock in den Gliedern. Die drakonische Schärfe des Urteils, die die Prinzessinnen auch noch zwang, bei der Hinrichtung ihrer Liebhaber anwesend zu sein, zeigte den ganzen Zorn des Königs.
    Adrien sah Séverines Tränen und machte sich stumme Vorwürfe. Der Anblick der kahlhäuptigen Frauen im Bußgewand war sogar für ihn schockierend gewesen. Er hatte die Unnachsichtigkeit des Königs sträflich unterschätzt. Séverine hatte ihn dazu überredet, sie zur Urteilsverkündung mitzunehmen. Er hatte geahnt, dass es ein Fehler sein würde, aber es fiel ihm immer schwerer, ihr auch nur den kleinsten Gefallen zu versagen. Sie durfte nie erfahren, welche Macht sie über ihn besaß.
    Inzwischen bebte sie wie Espenlaub. Er musste sie mehr tragen als führen. Widerstandslos ließ sie sich in seiner Kammer in einen Stuhl setzen. Aus weitaufgerissenen, vorwurfsvollen Augen erwiderte sie seinen Blick.
    »Hast du nicht gesagt, man würde sie nicht foltern? Ihre körperliche Unversehrtheit respektieren?«
    »Sie haben sie nur geschoren. Das Haar wächst nach. Von Folter kann keine Rede sein.«
    »Und was

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