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Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
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schienen keine Schwierigkeiten zu haben, sich festzuhalten. Zuerst tauchte ein gutaussehender männlicher Elf auf, dessen Bart noch nicht voll ausgewachsen war. »Wen haben wir denn hier?« fragte er.
    »Wir haben hier ein Mädchen von Elfenblut, Prinz Bohrer«, sagte Hammer. »Mit ihren Begleitern, einem Golem und einem Drachen.«
    Prinz Bohrer richtete seine Aufmerksamkeit ganz auf Rapunzel. »Und ein schönes Geschöpf ist sie in der Tat, wenn ich das so sagen darf!« rief er, nahm ihre Hand und küßte sie. Rapunzel errötete geschmeichelt.
    Grundy versuchte krampfhaft, gleichgültig auszusehen.
    Prinz Bohrer ließ seinen Blick über Grundy und Stanley streifen. »Bewirtet ihre Begleiter, während ich unserer Besucherin unseren Baum zeige«, sagte er mit abfälliger Geste.
    »Oh, aber ich will mich nicht trennen von…« fing Rapunzel an.
    »Es ist doch wohl offensichtlich, daß ein Drache keinen Baum besteigen kann«, sagte der Prinz zu ihr. »Er wird hier sein, wenn du zurückkehrst.« Und er legte den Arm um ihre schmale Hüfte und hob sie auf, während er mit den Füßen und seiner freien Hand den Kletterstrang emporstieg. Es war eine beachtliche Leistung, selbst wenn man bedachte, wie sehr die Kraft der Elfen sich hier in Baumnähe verstärkte.
    »Aber…« rief Grundy, und Stanley dampfte. Doch die anderen Elfen umringten sie mit grimmigen Mienen, die Hände an ihre Werkzeuge gelegt, und Grundy begriff, daß dies vielleicht nicht die günstigste Gelegenheit war, um einen Streit vom Zaum zu brechen. Schließlich wollte er ja, daß Rapunzel die Elfenkultur kennenlernte, nicht wahr?
    »Hier ist etwas zu essen«, sagte Hammer und deutete auf den Kadaver irgendeiner Art von Tier am Fuße des Baumes. Stanley schritt hinüber, beschnüffelte ihn und machte sich ans Fressen. Doch Grundy, der ihm folgte, erblickte einige tote Ameisen neben dem Kadaver. »Was ist das denn?« fragte er in Grassprache.
    »Vergiftetes Fleisch«, erwiderte das Gras. »Sie verwenden es, um Ungeziefer loszuwerden.«
    »Stanley!« rief Grundy. »Nicht…«
    Doch es war zu spät. Der Drache versteifte sich, seine Augen wurden glasig, dann sank er zu Boden.
    Grundy wandte sich an die Elfen. »Ihr… das ist nicht…«
    »Befehl des Prinzen«, sagte Hammer. »Ein seltsamer Befehl, das gebe ich zu; wir haben noch nie ein zahmes Wesen vergiftet. Aber er ist nun einmal der Prinz.«
    Grundy wollte weglaufen. Doch da packte ein Elf ihn und riß ihn mit einem fürchterlich kräftigen Arm empor. Der Golem war völlig hilflos.
    Man trug ihn um den Baum herum. Der Elf beugte sich vor, um an einem in den Grund eingelassenen Ring zu zerren. Ein Stück Grasboden hob sich. Ein Gehsteig führte in die Tiefe. Der Elf stieß Grundy in das Loch und ließ die schwere Falltür wieder zufallen.
    Grundy stürzte durch die Dunkelheit in die Tiefe, bis er gegen eine Wand aus gestampften Erdreich stieß. Er hatte sich einige Schrammen zugezogen und war völlig verwirrt, aber unverletzt. Er begriff, daß man ihn gefangengenommen hatte.
    Eine Weile saß er einfach nur in der feuchten Dunkelheit da und dachte nach. Irgend etwas war hier faul – doch was war es nur? Er hatte bisher wenig Kontakt zu Elfen gehabt, war sich aber absolut sicher, daß sie in der Regel Besuchern nicht mit Arglist begegneten. Als Gegner waren sie resolut und als Freunde loyal, und stets machten sie ihre Absichten von Anfang an deutlich. Eine Gruppe von Besuchern erst herauszufordern, sie dann zu akzeptieren, um sie schließlich doch zu verraten – das entsprach nicht dem Wesen der Elfen. Und doch war es geschehen. Grundy wußte, daß er nichts unternehmen konnte, bevor er begriffen hatte, warum. Mit Sicherheit hatte es keinen Zweck, an den Ausgang zu klopfen und zu verlangen, freigelassen zu werden; ohne Grund würden sie ihn nicht freilassen, ja möglicherweise würden sie sich seiner entledigen, wie sie es schon bei dem Drachen getan hatten, damit er den Mund hielt.
    Der Drache! Sie hatten Stanley vergiftet! Das war das Schrecklichste von allem! Ohne Stanley war seine Queste erfolglos gewesen, ganz zu schweigen von dem Grauen, einen treuen Freund verloren zu haben.
    Er beruhigte sich wieder. Stanley war kein gewöhnlicher Drache, er war der Spaltendrache, ungefähr die zäheste Sorte, die es gab, gewohnt, alles nur Erdenkliche zu fressen. Er war jetzt jung und kräftig. Wenn irgendein Wesen einen Giftanschlag überleben konnte, so war es Stanley. Er hatte nicht sehr viel von dem Kadaver

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