TURT/LE: Gefährlicher Einsatz (German Edition)
glücklicherweise. Es hat mich einige Nerven gekostet … « Er verstummte.
Und Freundinnen, vermutete sie. Auf eine harte, kantige Weise sah er sehr gut aus. Die dunkle Sonnenbrille und der leichte Bartschatten gaben ihm ein verwegenes Aussehen, das durch seine kurzen, dunklen Haare noch verstärkt wurde. Kein Wunder also, dass Cass mit ihm geflirtet hatte, sowie sie ihn gesehen hatte. Rose sah Joe an. Wenn man es genau nahm, war sie von attraktiven Männern umgeben, seit sie mit Rock in der Pfütze geplanscht hatte. Erstaunlich, wie sehr sich die Welt in so wenigen Tagen für sie verändert hatte. Jetzt achtete sie sogar schon auf das Aussehen der Männer um sich herum. Rose unterdrückte ein aufsprudelndes Lachen. Cassandras schlechter Einfluss machte sich eindeutig bemerkbar.
»Wie lange werden Sie noch in Afghanistan sein?«
»Wenn alles nach Plan läuft, bis September. Das reicht aber auch, ich habe keine Lust, dass meine Shit-Map genutzt wird.«
»Die … was?«
»Anweisungen für den Fall des Todes. Muss jeder ausfüllen, sowie er hierherkommt. Darauf wird festgelegt, wer die Wohnung und die Konten auflöst, ob man Organspender ist, wie die Bestattung ablaufen soll und so weiter.« Er verzog den Mund. »Deutsche Gründlichkeit halt.«
Hatte Ramon etwas Ähnliches ausgefüllt, bevor er auf seine letzte Mission gegangen war? Rose hatte nichts dergleichen erhalten und alles so gemacht, wie sie es für richtig hielt. Allerdings hatte er ihr einen Brief hinterlassen, den sie einige Wochen später in einem Buch auf seinem Nachttisch gefunden hatte. Rose schluckte um den Kloß in ihrem Hals herum. Ramon hatte sich dafür entschuldigt, nicht zurückgekommen zu sein, und ihr erklärt, dass er irgendwie das Gefühl gehabt hatte, nicht wiederzukommen und ihr deshalb noch einmal sagen wollte, wie sehr er sie liebte und wie gern er noch viele weitere Jahre mit ihr verbracht hätte. Und dass sie ihr Leben auch ohne ihn genießen sollte, er wollte sie glücklich sehen. Tränen brannten in ihren Augen.
»Es tut mir leid, das hätte ich nicht sagen sollen.«
Die Bemerkung des Deutschen riss sie aus ihren Erinnerungen. Sie räusperte sich, trotzdem klang ihre Stimme belegt. »Nein, das war schon in Ordnung, ich hatte ja gefragt.«
Mahler sah sie besorgt an, nickte dann aber schweigend. Joes Blick zeigte ihr deutlich, dass auch er wusste, wie es war, einen geliebten Menschen zu verlieren. Die Anteilnahme in seinen Augen war noch schwerer zu ertragen. Rose lehnte den Kopf an die Rückenlehne und schloss die Augen. Das Auf und Ab ihrer Gefühle erschöpfte sie. Seit einigen Tagen war ihre mühsam erlernte Ruhe und Zufriedenheit durcheinandergewirbelt worden. Und nur ein Mensch trug die Schuld daran: Rock. Wenn er sie nicht nass gespritzt und daraufhin angesprochen hätte, wäre sie jetzt immer noch in ihrer kleinen, ruhigen Welt aus Forschung, Büchern und Papieren.
Natürlich hätte sie dann nie die Momente der Leidenschaft und Freude erlebt, die sie in seiner Gegenwart empfunden hatte, oder die wiederkehrende Vertrautheit mit den anderen SEAL s, aber war der Preis dafür nicht etwas zu hoch? Konnte sie jemals wieder in ihr ruhiges Leben zurückkehren oder würde sie in der Welt aus Gefahr und Tod bleiben müssen? Sie wusste es nicht, und das machte ihr höllische Angst.
»Rose?« Eine Hand rüttelte leicht an ihrer Schulter. »Wir sind da.«
Benommen richtete Rose sich auf und rieb über ihr Gesicht. Sie musste unterwegs eingenickt sein. Anstatt sich nun ausgeruhter zu fühlen, zog die Müdigkeit wie Blei an ihren Gliedern. Langsam stieg sie mit Joes Hilfe aus dem Wagen und wurde sofort von einem Schwall heißer Luft empfangen. Nach dem klimaanlagengekühlten Wageninneren brauchte sie ein bisschen, um sich wieder an die Hitze zu gewöhnen.
»Alles in Ordnung?« Joe blieb weiterhin an ihrer Seite, wie sie dankbar feststellte.
»Ja, es geht schon.«
»Gut. Warum ruhst du dich nicht aus, während ich unseren Bericht abliefere.«
»Aber das … «
»Ist eine ganz vernünftige Idee. Du kannst deine Sicht dann später noch ergänzen, das Ergebnis bleibt das Gleiche.« Er drückte ihre Schulter. »Zieh dich erst einmal um, mach dich ein wenig frisch, dann fühlst du dich bestimmt besser.«
»Eine gute Idee – und das von einem Mann.«
Joe lachte, küsste sie auf die Wange und ging mit langen Schritten auf das Kommandozelt zu.
Sie wandte sich an Leutnant Mahler, der noch beim Wagen stand, und reichte ihm die Hand.
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