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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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Zähneputzen nach oben zurückkehrte, rührte ich mich genug, um unser Spiegelbild im Badezimmerspiegel anzustarren. Addie guckte ebenfalls. Da waren unsere braunen Augen, unsere kurze Nase, unser kleiner Mund. Unser welliges straßenköterblondes Haar, von dem wir immer behaupteten, dass wir etwas damit anstellen würden, um uns dann doch nicht zu trauen. Endlich schloss Addie die Augen und ich konnte uns nicht länger mustern. Sie spülte unseren Mund aus, die Augen immer noch geschlossen, angelte nach dem Waschlappen und drückte ihn gegen unser Gesicht. Kalt. Feucht.
    ‹Das kannst du nicht. Du kannst nicht dorthin zurückwollen, Eva.›
    Addie gab stets als Erste nach. Ich wartete darauf, irgendeine Form von Befriedigung zu verspüren, eine Art kindischer Freude darüber, dass ich gewonnen hatte und sie verloren. Aber alles, was ich fühlte, war eine ungeheuer große Erleichterung.
    ‹Denk daran, was passieren könnte›, sagte sie. Unser Gesicht blieb im Waschlappen vergraben. ‹Wir könnten normal sein. Wir könnten einfach so bleiben, wie wir jetzt sind.›
    ‹Ich möchte aber nicht so sein›, sagte ich.
    ‹Alle müssen Frieden finden. Es …›
    ‹Aber wir haben nie Frieden gefunden›, widersprach ich. ‹Nicht richtig. Ich bin immer noch hier, Addie.›
    Wir standen in der Stille dieses Sonntagmorgens, ein barfüßiges Mädchen in einem T-Shirt und einer verblichenen roten Schlafanzughose, dem Wasser das Kinn hinunterlief und dessen Kopf ein schreckliches Geheimnis barg.
    ‹Was ist, wenn jemand dahinterkommt, Eva? Was ist, wenn sie uns wegbringen und …›
    ‹Addie›, sagte ich. ‹Wenn du es wärst – wenn du im Innern gefangen wärst. Wenn du diejenige wärst, die sich nicht rühren könnte, würde ich zurückgehen. Ich würde auf der Stelle dorthin zurückgehen.›
    Der Waschlappen war plötzlich heiß vor Tränen.

Kapitel 6
    Den ganzen Montagmorgen über war die Überschwemmung im Museum von Bessimir das Gesprächsthema. Diejenigen von uns, die in Ms Stimps Geschichtskurs waren, wurden plötzlich zu den gefragtesten Schülern der Schule, sogar bei den höheren Jahrgängen, die einem Freshman normalerweise nur dann Aufmerksamkeit schenkten, wenn sie wollten, dass wir für sie zur Seite sprangen.
    Addie wich den neugierigen Fragen der anderen so gut aus, wie sie konnte, aber es gelang ihr nicht, sie alle abzuwehren. Wieder und wieder musste sie die Szene im Museum beschreiben, die Wassermenge schätzen, erzählen, wie unsere Führerin reagiert hatte. Hatte jemand geschrien? Hatte Addie vermutet, dass es ein Anschlag war? Hatte sie jemand Verdächtigen beobachtet? Daniela Lower meinte, das hätte sie. Was war mit dem Feuer? Hatte jemand das Feuer gesehen? Oh, du bist diejenige, die hingefallen ist, oder?
    Sie schienen stets enttäuscht von Addies Antworten. Offenbar waren alle anderen bis zu den Knien durchnässt worden und hatten verdächtige Männer in den Ecken erspäht – oder zumindest eine Flammensäule gesehen.
    Hybride, flüsterte man auf den Fluren, in den Toiletten, den Klassenzimmern, während alle vorgaben, den Lehrern ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Hybride. Im Verborgenen lebende, freie Hybride. Hier.
    »Sie könnten Tür an Tür mit dir leben und du würdest es nie erfahren«, sagte das Mädchen, das in Mathe vor uns saß, ihre Stimme klang verwundert und aufgeregt. Andere waren nicht so unerschrocken. Wir entdeckten nach der zweiten Stunde eine Oberstufenschülerin auf der Toilette, die heulte, weil sie überzeugt davon war, dass ihr Vater, der im Rathaus von Bessimir arbeitete, in schrecklicher Gefahr schwebte. Addie floh vor ihren Tränen.
    Nach der dritten Stunde waren wir kreidebleich und drohten jeden Moment wie Espenlaub zu zittern. Unsere Hände umklammerten die Sitzfläche unseres Stuhls, während wir uns zwangen, stillzuhalten und bis zur Mittagspause auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Wir hatten an diesem Morgen beide unser Geld vergessen, aber keine von uns war besonders wild darauf, etwas zu essen, also spielte es keine Rolle.
    Endlich läutete es. Addie stürmte mehr oder weniger auf den Flur hinaus. Rufe erfüllten die Luft, das Geräusch von Zetteln, die von den Wänden gerissen wurden, das Einhämmern auf verbeulte Metallspinde. Addie sprang zur Seite, um dem Ellbogen eines Jungen auszuweichen, der sich den Schlips vom Hals riss.
    ‹Wo ist Hallys Klassenzimmer?›, sagte ich. Ich wagte beinah nicht zu fragen, nach allem, was an diesem Morgen passiert war; so

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