Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
diesem Fall immerhin eine fabrikneue Zahnbürste spendiert bekam.
Danach wollte Morty unbedingt zum Supermarkt gefahren werden, damit er seine Besorgungen für die Woche erledigen konnte. Da ich mit meinem greisen
Freund noch nieeinkaufen war, ahnte ich nichts vom langwierigen Studium des koffeinfreien Kaffeeangebots, vom ausgiebigen Betasten der Pampelmusen und von den weitschweifigen Beratungen an der Feinkost-Theke, ich konnte auch nicht sagen, ob das tatsächlich den Gewohnheiten eines betagten Strohwitwers entsprach oder Morty sich einfach nur an mir rächen wollte. So oder so nahm ich die viereinhalb Stunden währende Tour (von Tür zu Tür gerechnet) erst mal klaglos hin. Nachdem ich Morty zu Hause abgesetzt hatte, wollte ich der Sache allerdings noch ein wenig nachgehen, um mich auf zukünftige Entwicklungen gefasst zu machen. Ich schaute in Gabes Laden vorbei.
Diesmal stand er allein hinter dem Ladentisch und stellte irgendetwas mit einem Skateboard an – fragen Sie mich nicht, was. Bisher war ich nur ein einziges Mal mit dem Skater-Sport in Berührung gekommen, und zwar, als ich mit einem Skater Gras rauchte.
»Izzele«, sagte Gabe, was mich sehr verdross.
»Ich hatte gehofft, dass du mich nie wieder so nennen würdest.«
»Die Hoffnung sollte man nie aufgeben. Was verschafft mir denn das Vergnügen?«
Auf einmal fühlte ich mich so müde, dass ich mich an den Ladentisch lehnte. »Bist du mal mit deinem Großvater einkaufen gegangen?«
»Klar. Ist aber schon eine ganze Weile her. Er hasst es, in den Supermarkt zu gehen. Darum haben wir ihn bei einem Online-Lieferservice angemeldet. Jetzt braucht er sich nur zu Hause einzuloggen.«
»Ich wusste es!«, sagte ich.
»Was denn?«
»Morty will es mir heimzahlen. Erst musste ich ihn zum Zahnarzt kutschieren – eine Stunde vor Termin –, danachhaben wir anderthalb Stunden im Supermarkt verbracht, um eine halbe Tüte voll zu kaufen. Hast du inzwischen mit deiner Großmutter gesprochen?«
Beim Lunch in Moishe’s Pippic hatte ich mich vor Morty bedeckt gehalten, aber später rief ich Gabe an, um ihn mit der Ehekrise seiner Großeltern zu konfrontieren. Er zeigte sich gesprächsbereit, auch wenn er meinte: »Das verheißt leider nichts Gutes.«
Sechzig Jahre lang hatte Ruth Schilling, eine eingefleischte Sonnenanbeterin, es in einer Stadt mit einem zwar milden, aber keineswegs durchgängig warmen Klima aushalten müssen. Also verbrachte sie ihre Ferien in der Wüste oder in den Tropen und wartete auf günstigere Zeiten. Ruth und Morty schlossen einen Deal: Sobald Morty in den Ruhestand trat, würden sie in heißere Gefilde ziehen. Als er 65 wurde, vertagte er den Ruhestand jedoch um fünf Jahre und danach um weitere fünf. Mit 75 stellte er in der Garage einen Schreibtisch auf und nahm den einen oder anderen Zufalls-Mandanten an (wie beispielsweise mich) – nur um behaupten zu können, dass er nach wie vor nicht im Ruhestand war. Schließlich sprang Ruthy ins Flugzeug nach Miami, mit ihrer Sammlung von Mah-Jongg-Steinen, Schmuck und Strandkleidung, und teilte Morty mit, sie würden sich entweder in Miami oder beim Scheidungsanwalt wiedersehen. Jetzt wollten beide keinen Millimeter von ihrer jeweiligen Position abrücken.
Gabe und ich kamen beide zu dem Schluss, dass Ruth zu hundert Prozent im Recht war. Und so betrachteten wir es als unsere Aufgabe, Morty von dieser Tatsache zu überzeugen.
Auf dem Weg von Gabes Laden zu meinem Auto wollte ich gerade Maggie anrufen, um zwischen ihr und Rae zu vermitteln,als meine Mutter dazwischenfunkte. Ich nahm das Gespräch an.
»Du musst sofort nach Hause kommen«, befahl sie ohne Umschweife.
»Ist es ein Notfall?«, fragte ich.
Nach einer langen Pause erwiderte sie: »So könnte man es auch nennen.«
Eine Viertelstunde später erreichte ich die Spellman-Residenz.
Meine Mutter hielt ein amtlich wirkendes Kuvert in der Hand. Ich wartete bereits seit fünf Minuten auf ihre Eilmeldung und wurde allmählich ungeduldig.
»Mom, in einer Stunde fängt meine Schicht an. Wenn du mir nicht endlich verrätst, worum es geht, verschwinde ich.«
Mom schob mir den Umschlag über den Tisch. »Du darfst es niemandem sagen. Bisher weiß keiner Bescheid.«
»Was ist das?«, fragte ich und versuchte, den Absender einzuordnen.
»Raes Prä- SAT -Ergebnisse.«
Ich öffnete den Umschlag und ließ die Zahlen auf mich wirken. »Das kann nicht sein«, sagte ich.
Die Bewertungsskala für den Studierfähigkeitstest war heute
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