Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
etwas anders als zu meiner Schulzeit, als die höchste Punktzahl 1600 betrug. Inzwischen musste man noch einen Aufsatz schreiben, was die maximal erreichbare Punktzahl auf 2000 erhöhte. Rae hatte 1795 Punkte geschafft, ein phantastisches Ergebnis.
»Genau das habe ich auch gedacht«, sagte meine Mutter. »Dann habe ich die Schule angerufen. Es ist zwar nur ein Vortest, aber das Ergebnis ist gültig.«
»Weißt du noch, wie viele Punkte David erreicht hat?«, fragte ich.
»1480«, antwortete sie.
»Unglaublich! Wieso hast du dir seine Punktzahl überhaupt gemerkt, Mom?«
»Ich habe mir heute Morgen seine Akte 37 angesehen. Deine übrigens auch, Miss 1050.«
Zu meiner Verteidigung kann ich nur vorbringen, dass ich bei beiden SAT -Prüfungen völlig zugedröhnt war (beim ersten Mal erreichte ich nicht mal ein vierstelliges Ergebnis). Aber nicht nur dagegen war die Punktzahl meiner Schwester schockierend hoch.
»Warum schafft sie sonst nur einen Durchschnitt von zwei minus, wenn sie so verdammt brillant ist?«
»Gute Frage«, meinte Mom.
»Was wirst du jetzt tun?«
»Keine Ahnung. Auf jeden Fall müssen sich hier ein paar Dinge ändern.«
FRIEDENSGESPRÄCHE
Dafür, dass ich meinen alten Beruf vorübergehend an den Nagel gehängt hatte, verlangte mir das Leben in letzter Zeit wieder allerhand Spürsinn ab. Abgesehen vom Fall der nicht gerade rasend verdächtigen Ehefrau Ernie Blacks (der vorläufig ruhte, bis die Ehefrau mal etwas wirklich Verdächtiges tat) gab es die mysteriöse Pistole, die ich im Haus meines Bruders gefunden hatte, das Rätsel von Raes stupenden SAT -Ergebnissen und zu guter Letzt noch die Frage, warum in aller Welt Maggie Mason sich bereit erklärte, mit meinem unmöglichen Schwesterchen zu verhandeln.
Da Henry sich standhaft weigerte, auch nur ein Wort mit Rae zu wechseln, musste ich wohl oder übel die Mediation übernehmen. Zunächst sollte ich Ihnen aber das noch recht frischgebackene Paar vorstellen.
Henry und Maggie lernten sich bei der Arbeit kennen. Mehr oder weniger. Sie begegneten sich in den leeren Korridoren des Strafgerichts an der Bryant Street, wo Maggie wie ein Gespenst umherwandelte, benommen, desorientiert und ratlos angesichts schier unlösbarer Probleme und infolge eines fünftägigen Schlafentzugs. So lange hatte sie sich nämlich auf einen anstehenden Mordprozess vorbereitet.
Als der Prozess vorbei und ihr Mandant für schuldig 38 befunden worden war, freute sich Maggie schon auf ihr Bett, in das sie sich für ein paar Tage verkriechen wollte. Das Problem war aber, dass ihr Auto sich partout nicht starten ließ. Nach einigen Fehlversuchen stieg Maggie aus, öffnete den Kofferraum und holte die Überbrückungskabel heraus. Als sie den Kofferraum wieder geschlossen hatte, wurde ihr klar, dass ihre Schlüssel noch darin lagen. Allerdings geriet sieerst in Panik, nachdem sie feststellen musste, dass auch die Autotür verriegelt war und sie weder an ihre Aktentasche noch an ihr Handy herankam. Maggie kehrte ins Gericht zurück, in der Hoffnung, dort unter den vielen Gesetzeshütern und Gesetzesbrechern jemanden zu finden, der das Autoschloss für sie knacken würde. Stattdessen wurde sie von Henry Stone gefunden.
Die Überbrückungskabel wie eine Nerzstola um die Schultern drapiert, suchte Maggie die Eingangshalle mit müden Blicken ab. Erschöpft sank sie auf eine Bank neben der Tür eines der unzähligen Säle und schloss die Augen.
Henry bemerkte die völlig kaputte Frau im Kostüm mit Kabelschmuck und trat auf sie zu, um ihr seine Hilfe anzubieten. Danach borgte er sich im Polizeikommissariat einen Dietrich und brach Maggies Schloss auf. Nachdem er ihrer Batterie Starthilfe gegeben hatte, gab ihm Maggie ihre Visitenkarte.
»Ich bin Ihnen was schuldig«, sagte sie.
Eine Woche später hatten sie ihr erstes Date.
Fünf Monate später war ich in einem Café direkt gegenüber vom Gerichtsgebäude mit Maggie verabredet, um die Friedensverhandlungen zwischen ihr und Rae zu moderieren. Ich bestellte einen Kaffee und setzte mich ans Fenster, um auf die beiden zu warten. Maggie winkte mir bereits von der Straße aus zu.
Auf den ersten Blick wirkt Maggie attraktiv, selbstsicher und vielleicht eine Spur konservativ. Ich beobachtete, wie sie die Straße überquerte, und dachte, beinah das Klischee einer erfolgreichen Karrierefrau vor Augen zu haben. Das graue Kostüm in Kombination mit der weißen Bluse war zwar geschmackvoll, aber langweilig. Später stellte ich fest,
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