Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
Polizei arbeiteten, kam es häufiger zu Konflikten. Der liebenswürdig-entspannte Umgang, den mein Vater mit Freund und Feind gleichermaßen pflegte, reizte Harkey bis aufs Blut. Dad war allseits beliebt, Harkey bestenfalls gefürchtet. Als beide Männer Jahre späterin die Privatermittlung wechselten, begegneten sie sich öfter, als ihnen lieb war, auf Veranstaltungen, Kongressen oder Partys. Auf einer solchen Party lernte Harkey meine Mutter kennen, lange vor meiner Geburt, und war mehr als verblüfft, dass mein grober Klotz von Vater eine so bezaubernde und hübsche Frau erobert hatte. Dieser Verblüffung verlieh er immer wieder lautstark Ausdruck, so auch einige Jahre später anlässlich einer anderen Branchenparty – bei der Schlüsselanhänger-Lupen verteilt wurden. Harkey meinte, sein ehemaliger Kollege habe eine solche Prachtfrau einfach nicht verdient, was Dad recht humorvoll nahm. Ihm war jedoch klar, dass Harkey das Herz mitnichten am rechten Fleck hatte.
Wieder gingen einige Jahre ins Land, bevor Harkey es bei einer weiteren Party schließlich zu bunt trieb: Er baggerte Mom an. Dad bekam vom anderen Ende des Raums nur mit, wie seine Frau ihren Drink in Harkeys Gesicht schüttete (ich weiß, ich weiß, sie ist direkt einer alten Screwball-Komödie entsprungen). Als Mom ihm später die Fakten schilderte, vermutlich in einer entschärften Version, verging selbst Dad das Lachen. Von da an war es ihm unmöglich, sich mit Harkey in einem Raum aufzuhalten.
San Francisco ist zwar eine große Stadt, aber so groß auch wieder nicht, und das gilt erst recht für unsere Branche. Harkey wusste, wer ich war, und sei es vom Hörensagen, unsere Wege hatten sich ein paar Mal gekreuzt. Ich wollte mir die alte Rivalität zwischen ihm und Dad zunutze machen und war mir ziemlich sicher, dass dieser Plan aufgehen würde. Und Sie werden über die Fortschritte staunen, die ich seit meinem ersten Bewerbungsgespräch gemacht hatte.
Ich tauchte unangemeldet in Harkeys Büro auf, weil ich ohnehin mit einem eher herzlichen Empfang rechnete. Undich wurde nicht enttäuscht. Aber urteilen Sie selbst. (Ich hatte natürlich auch diesmal meinen kleinen Digitalrekorder in der Tasche.)
[Teiltranskription wie folgt:]
HARKEY : Mensch, Isabel! Was für eine Freude.
ISABEL : Ich störe Sie hoffentlich nicht.
HARKEY : Wie groß du geworden bist!
ISABEL : Schön, dass es mal jemandem auffällt.
HARKEY : Du hast wirklich Formen angenommen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Ist schon viele Jahre her.
ISABEL : Soll das heißen, ich bin dick geworden?
HARKEY : Aber nein, keineswegs. Du bist wunderhübsch. Wirklich. Eine Augenweide.
[Anmerkung: Von so viel Schleimerei wird mir zwar übel, aber ich wollte das unbedingt durchziehen.]
ISABEL : Sie fragen sich vermutlich, warum ich hier bin.
HARKEY : Das stimmt allerdings.
ISABEL : Ich suche Arbeit.
HARKEY : Wie bitte?
ISABEL : Ihnen ist sicher zu Ohren gekommen, dass ich früher ein paar Schwierigkeiten hatte. Jetzt ist alles wieder im Lot, ich habe meine Lizenz noch, bloß dass meine Eltern mir nicht verziehen haben. Sie wollen mir partout keine Arbeit geben. Die letzten fünf Monate habe ich als Barfrau gejobbt. Davon kann ich leben, keine Frage, aber ich brenne darauf, wieder in meinem alten Beruf zu arbeiten. Das verstehen Sie doch?
HARKEY : Deine Eltern wollen dir keine Arbeit geben?
ISABEL : Nein.
HARKEY : Im Ernst?
ISABEL : Ja. Können Sie mir weiterhelfen?
HARKEY : Zur Zeit sind sämtliche Ganztagsstellen besetzt, die ich zu vergeben hätte.
ISABEL : Wie wär’s mit Teilzeit? Ich habe gehört, dass Sie eine Büro-Aushilfe suchen.
HARKEY : Dafür bist du überqualifiziert.
ISABEL : Erst mal will ich nur wieder Fuß fassen. Da ist so ein sanfter Einstieg doch ideal. Und ich kann schließlich nicht ein Leben lang für meine Eltern arbeiten.
Und so heuerte ich bei RH Investigations an.
DAVIDS WAHRES GEHEIMNIS
Als ich am folgenden Morgen nach einer weiteren schlaflosen Nacht aufstand, stellte ich fest, dass mir der Kaffee ausgegangen
war. Nach einem fünf Minuten währenden Heulkrampf 61 fiel mir David ein, der sich jetzt vermutlich eine frische Kanne brühte. Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen – in meiner akuten Koffeinnot beschloss ich, bei meinem Bruder zu klingeln und so zu tun, als wäre ich zufällig in der Gegend. Ich zog mich schnell an, überprüfte anhand der Computerkamera, dass die Luft rein war, und stahl mich nach
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