Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
beteiligen.
Dad ließ zunächst meine Aufmachung auf sich wirken und schien versucht, das Ganze auf der Stelle abzublasen, aber dann entschied er sich dafür, es durchzuziehen.
»Mr. Melman! Schön, Sie kennenzulernen«, sagte ich.
»Der Name lautet Spellman. Nehmen Sie doch Platz, Isabel. Möchten Sie vielleicht etwas trinken?«
»Ich könnte einen Kaffee vertragen«, sagte ich.
»Du musst auf den Kaffee verzichten, Izzy.«
»Wenn du mir keinen Kaffee bringen möchtest, verstehe ich nicht, warum du mir überhaupt etwas anbietest.«
»Sag einfach ›Nein danke‹, Isabel.«
»Nein danke, Isabel.«
»Setz dich endlich hin«, sagte Dad äußerst gereizt.
Ich setzte mich hin, nahm den Aktenkoffer auf den Schoß und öffnete ihn. Für den Fall, dass es mit Dad langweilig wurde, hatte ich mir einen Imbiss eingepackt. Ich steckte mir eine Stoffserviette in den Kragen und fing an zu essen.
Mein Vater sah mir genau dreißig Sekunden lang zu, während er sich den nächsten Schritt überlegte. Dann legte er die Füße auf den Schreibtisch.
»Schmeckt’s?«, erkundigte er sich.
»Das Sandwich ist ziemlich lecker. Fehlt nur der Kaffee.«
»Das war’s. Raus hier. Du gehst jetzt auf dein Zimmer, ziehst deine üblichen Ist-mir-doch-egal-wie-ich-aussehe-Klamotten an und kehrst als Isabel in dieses Büro zurück, mit der Bereitschaft, ein ernsthaftes Bewerbungsgespräch zu führen.«
»Dad, das ist wirklich einer deiner dämlichsten Einfälle.«
»Du hast genau 15 Minuten«, schnaubte er. Dann stand er auf, knallte den Kofferdeckel zu – wobei er mir fast die Finger abklemmte – und warf mich raus.
»Sagen wir, eine halbe Stunde«, rief ich beim Hinausgehen. »Ich würde gern mein Mittagessen beenden.«
25 Minuten später
Ich kehrte in meiner Rolle als ich selbst ins Büro zurück. Die Haare trug ich noch ein bisschen zerzauster als sonst und hatte mir kein sauberes, sondern ein fleckiges Sweatshirt angezogen. Statt Stiefeln hatte ich Turnschuhe an den Füßen, um das Spiel weiter auf die Spitze zu treiben. Mürrisch setzte sich Dad wieder an seinen Schreibtisch.
ALBERT SPELLMAN : Erzählen Sie mir ein bisschen von sich, Isabel.
ISABEL SPELLMAN : Was wollen Sie wissen?
ALBERT : Alles.
ISABEL : Im Ernst?
ALBERT : Andere Frage.
ISABEL : Gott sei Dank.
ALBERT : Was wissen Sie über unsere Firma?
ISABEL : Arbeitet sie nicht im Verborgenen?
ALBERT : Falsche Antwort.
ISABEL : Vergiss bitte nicht, dass du dir das selbst eingebrockt hast.
[Albert räuspert sich, wirft einen Blick auf seine Liste mit Fragen und setzt wieder an.]
ALBERT : Warum sollten wir Sie einstellen?
ISABEL : Darf ich daran erinnern, dass ich bereits hier arbeite?
ALBERT : Was könnten Sie zu unserer Firma beitragen?
ISABEL : Moment, ich brauch mal eben eine Gehirnwäsche.
ALBERT : Jetzt reicht’s, Isabel. Raus hier, aber schnell!
ISABEL : Es war mir eine Freude, mit Ihnen zu sprechen, Mr. Melman.
BEWERBUNGSGESPRÄCH NR. 2
Rick Harkey, Besitzer und Geschäftsführer von RH Investigations , war ein alter Bekannter meines Vaters, noch aus Zeiten, in denen ich nicht einmal als verkorkste Idee existierte. Harkey und Dad hatten eine ähnliche Laufbahn eingeschlagen – ehemalige Polizisten, die eine eigene Detektei eröffnet hatten –, aber da hörte die Ähnlichkeit auch bereits auf. Schon rein äußerlich waren sie, obwohl beide hochgewachsen, Antipoden. Harkey war schlank und auf eine Art attraktiv, die an einen gut alternden Filmstar erinnerte, insbesondere wegen des vollen silbergrauen Haars. Seine Eitelkeit wuchs mit den Jahren – wenn ältere Herrschaften zu großen Wert auf ihr Erscheinungsbild legen, sind sie noch unerträglicher als Highschool-Schönlinge, die mit Waschbrettbauch und Schmalztolle angeben. Nicht, dass ich mich so eingehend mit diesem Phänomen befasst hätte, aber eins erkannte sogar ich: Dieser Mann war von leidenschaftlicher Eigenliebe erfüllt. Während Dad einzig und allein von leidenschaftlicher Liebe zu meiner Mutter erfüllt ist.
Harkey und Dad hatten auch eine gemeinsame Vorgeschichte, die ich mir im Lauf meiner Kindheit und Jugend aus diversen zufällig aufgeschnappten Gesprächsfetzen zusammengereimt hatte sowie aus Beobachtungen, die ein Kind auf Partys anstellt, wenn die eigenen Eltern sich irgendwie seltsam aufführen und man am liebsten im Erdboden versinken möchte. Später, als ich erwachsen war, habe ich meine Mutter einfach darüber ausgefragt. Als beide Männer noch zusammen bei der
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