Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
sagte ich und steckte das Handy wieder in die Tasche.
»Was sagten Sie gerade?«, fragte ich den Unbekannten.
»Lassen Sie uns gleich zur Sache kommen.«
»Sagen Sie mir doch erst mal, wie Sie heißen.«
»Nennen Sie mich Frank.«
»Ist das Ihr richtiger Vorname?«
Frank ignorierte meine Frage, zog einen weißen Umschlag aus seiner Tasche und steckte ihn mir zu. Er enthielt ein dickes Bündel Hundertdollarscheine, die ich ganz langsam zählte, während der andere mich nicht aus den Augen ließ. Es waren fünfzig Scheine, und Sie können sicher schneller rechnen als ich.
»Sehr großzügig, der Herr, aber ich bin nicht das, wofür Sie mich augenscheinlich halten. Und wenn, dann würde ich vermutlich nicht in dieser Preisklasse arbeiten.«
»Ms. Spellman, nach allem, was ich weiß, können Sie das Geld momentan ganz gut gebrauchen.«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte ich.
»Informationen.«
»Ich habe keine. Und Sie?«
»Wer hat Sie engagiert?«, fragte Frank .
»Und Sie?«
»Wie kann ich Sie zu mehr Offenheit bewegen?«
»Mit Gewalt sicher nicht.« Ich warf den Umschlag zur Seite.
»Das ist ohnehin nicht meine Art.«
»Was ist denn Ihre Art?«, fragte ich.
»Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Ms. Spellman.«
Auf dieses Stichwort hin stieg der Fahrer wieder aus und hielt mir die Tür auf. Ich sprang aus dem Auto, nicht ohne mich ein letztes Mal nach Frank umzudrehen, um mir seine Züge gut einzuprägen.
»Was sollte das eigentlich?«, fragte ich noch.
»Tun Sie nichts Unbedachtes, Isabel«, waren seine letzten Worte. Dann brauste der Lincoln davon.
Auf dem Weg zu meinem Auto überlegte ich, in welchen Schlamassel ich mich da wieder hineingeritten hatte. Nach einer Stunde entschied ich mich dafür, Sharon zu beschatten, als die beiden Freundinnen ihr Schickimicki-Essen beendet hatten. Wir fuhren beide gerade über die Golden Gate Bridge, als mein Handy klingelte.
»Isabel? Isabel! Ist alles okay?«, fragte Dad.
»Mist.« Ich hatte ihm zwar die Nachricht hinterlassen, aber vergessen, mich wieder bei ihm zu melden. »Tut mir leid, dass ich’s verschwitzt habe, Dad. Aber es geht mir bestens.«
»Die Losung, schnell!«
»›Keine Ahnung, wie das Dope in meine Tasche kommt.‹«
»Ich bin vor Sorge fast gestorben. Als ich deine Nachricht eben abhörte, wurde mir klar, dass sie schon fast zwei Stunden her ist. Was ist los?«
»Das weiß ich selbst nicht, Dad. Ich rufe dich an, sobald ich was herausgefunden habe.«
Ich hörte ihn noch meinen Namen brüllen, als ich auflegte. Sharon wohnte in Mill Valley, wie ich nun feststellte,eine noble Gegend, wo man andere nur schlecht ausspähen konnte, ohne selbst ausgespäht zu werden. Immerhin hatte ich auf diese Weise erfahren, dass Sharon im Gegensatz zu Linda von niemandem außer mir beschattet wurde.
Als Sharon in ihrem Haus verschwunden war, fuhr ich in die Stadt zurück. Ich hatte gerade die Brücke erreicht, als Milo anrief.
»Da steht ein Typ am Tresen, der nach dir gefragt hat. Was soll ich ihm ausrichten?«
»Richte ihm aus, dass ich gleich da bin.«
DER TYP AM TRESEN
Ich hatte angenommen, dass es sich um Henry handelte. Wunschdenken womöglich. Umso gewaltiger war meine Enttäuschung, als ich Rick Harkey am Tresen hocken sah. Da er mit dem Rücken zu mir saß, konnte ich nicht erkennen, welche seiner beiden Masken er trug, die des harmlos leutseligen Zeitgenossen oder die des knallharten Machers, der notfalls über Leichen geht. Egal, welche er aufsetzte, man durfte ihm nie über den Weg trauen.
Connor warf mir einen Blick zu, den ich nicht recht zu deuten wusste, vielleicht wollte er mich warnen. Ich setzte mich neben Harkey und versuchte es mit lässigem Witz.
»Rick, das ist mein Revier. Sie müssen sich schon eine eigene Bar suchen.«
»Isabel«, sagte er und drehte sich langsam zu mir, ohne sein Whiskyglas abzusetzen. Sein Krawattenknoten war gelockert, er trug eine dunkelgraue Hose, ein maßgeschneidertes weißes Hemd mit aufgerollten Ärmeln – und seine zweite Maske, die des Finsterlings. Damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet. Vor lauter Anspannung wirkte Harkey wie eine sprungbereite Wildkatze.
»Womit kann ich dienen?«, fragte ich. Meine Strategie war, seiner unverhohlenen Aggressivität mit freundlicher Hilfsbereitschaft zu begegnen.
»Zunächst einmal wüsste ich gern, was du eigentlich willst«, sagte er. Obwohl das Licht in der Bar so vorteilhaft schummrig war, wirkte er auf einmal grauer, schlaffer.
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