Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
recht. Sie hätte nicht so überstürzt aufbrechen sollen.«
»Was ist denn los, Isabel?«
»Gar nichts«, sagte ich und starrte einen Teller voller Käsecracker auf dem Beistelltisch an. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, mit diesen Crackern nach Henry zu werfen. Oder sie auf den Boden zu schleudern und mit den Absätzen zu zertreten. Am Ende beschloss ich, mir den letzten Rest an Würde zu erhalten.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Ich hätte nicht so reinplatzen dürfen.«
Ich ließ mich auf die Couch fallen und sah die Cracker jetzt mit ganz anderen Augen an.
»Hast du Hunger?«, fragte Henry.
»Ja.«
»Bedien dich.«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.
»Hättest du Lust, mit mir ins Museum zu gehen?«, fragte ich, als ich mich gestärkt hatte.
»Warum willst du auf einmal ins Museum?«
»Zunächst dachte ich, der Zoo täte es auch, aber das ist anscheinend nicht der Fall. Ich soll unbedingt ins Museum.«
»Ich verstehe zwar nicht warum, aber ich komme gern mit«, sagte er.
»Prima«, sagte ich. »Ich melde mich. Und danke für den Snack.«
FALL NR. 001
KAPITEL 10
Ich war gerade auf dem Weg zu Dr. Rush, als Ernie mich wie verabredet anrief: Linda und Sharon wollten sich später zum Lunch treffen. Froh über diesen Anlass, die Therapie zu schwänzen, kehrte ich sofort um und fuhr nach Burlingame im Süden der Stadt. Dann zückte ich das Handy, um meine Therapeutin zu informieren.
ISABEL : Hallo, Dr. Rush. Ich muss unsere heutige Sitzung leider absagen. In meiner Ermittlung hat sich ganz kurzfristig etwas Neues ergeben.
DR. RUSH : Wollen Sie die Sitzung noch in dieser oder lieber nächste Woche nachholen?
ISABEL : Können wir sie nicht einfach ausfallen lassen?
DR. RUSH : Kommt nicht in Frage.
ISABEL : Schade.
DR. RUSH : Freitag um zwölf hätte ich noch einen Termin frei.
[Lange Pause.]
ISABEL : Gut, bis Freitag, Dr. Rush.
Ich bezog gerade rechtzeitig Stellung vor dem Black-Haus. Um 12.35 Uhr trat Linda aus der Tür. An ihrem Outfit hing ein imaginäres Preisschild, das Ernie einen Herzanfall beschert hätte – gut, dass sicher Sharon Bancroft dafür aufgekommen war.
Eine Dreiviertelstunde später saßen Linda und Sharon an einem Fenstertisch im Boulevard an der Mission Street – eins der zahllosen Gourmetlokale von San Francisco, in denen ich noch nie getafelt hatte und auch jetzt nicht tafeln würde. Stattdessen stellte ich mein Auto auf einemgebührenpflichtigen Parkplatz zwei Straßen weiter ab und suchte nach Lesestoff. Alles, was ich fand, war eine zwei Wochen alte Tageszeitung und drei Gedichtzeilen, die einen Kaffeebecher zierten. Aus Erfahrung wusste ich, dass die beiden Frauen etwa eine Stunde im Restaurant verbringen würden, also stieg ich aus und lief zum nächsten Zeitungsstand.
Ich kaufte einen Chronicle und eine Packung Kaugummi und schnappte mir noch eine Gratisausgabe der SF Weekly . Als ich zum Auto zurückging, schnitt mir ein schwarzer Lincoln mit getönten Scheiben, der im absoluten Halteverbot stand, den Weg ab. Ich wollte ihn gerade umgehen, als eins der hinteren Fenster heruntergelassen wurde und ein gepflegter Anzugträger (zumindest Anzugjackenträger) mit mir Blickkontakt aufnahm. Sein Blick war grimmig.
»Ich muss mit Ihnen reden, Ms. Spellman«, sagte er.
»Kennen wir uns?«, fragte ich (ich kannte ihn jedenfalls nicht).
»Steigen Sie bitte ein.« Sein Fahrer stieg aus und öffnete mir die hintere Tür.
So konnte ich feststellen, dass der Unbekannte zur Jacke die passende Hose trug. Was nicht unbedingt zu meiner Beruhigung beitrug. Es fühlte sich fast an wie eine Entführung.
»Warten Sie kurz«, sagte ich. Dann zog ich mein Handy aus der Tasche und drückte die dritte Kurzwahlnummer. Mit erhobenem Zeigefinger bedeutete ich dem eleganten Herrn an meiner Seite, dass ich gerade Wichtigeres zu tun hatte, als mit ihm ein Schwätzchen zu halten.
»Hi Dad«, sprach ich auf dessen Mobilbox. »Ich bin eben an der Ecke Main und Mission Street in einen schwarzen Lincoln eingestiegen, um mich mit einem
Fremden zu unterhalten. Der Mann hat volles dunkles Haar, eine makelloseBräune und ist etwa Mitte vierzig. Das Kennzeichen ist XXXYYY 79 . Falls ich mich in den nächsten –« Ich legte die Hand über das Handy und fragte meinen Entführer: »Wie lange soll das hier gehen?«
»Hoffentlich nicht länger als zwanzig Minuten.«
Ich nahm die Hand weg. »Pass auf, Dad: Wenn du in einer halben Stunde nichts von mir hörst, schaltest du die Cops ein. Danke«,
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