Two Night Stand
Zacharias von Hofmannsthal sah sich suchend um.
„An der frischen Luft“, wich Tim ihm aus. ‚ Na, immerhin ist das keine Lüge.‘
Shona fand einen Nebenausgang vom Hotel, durch den Vordereingang, wo die Pressemeute eben noch gestanden hatte, wollte sie nicht hinausgehen. Sie brauchte jetzt unbedingt etwas Luft und trat auf die Terrasse des Hotels.
Sie bedauerte, dass sie nicht rauchte, jetzt wäre ein guter Moment, sich eine anzustecken, befand sie. Shona musste die Begegnung von eben erst einmal verdauen. Pelze, ein Pelzdesigner – wenn sie etwas verabscheuungswürdig fand, dann dies. Und Tim tat noch so, als wäre der Kerl einer seiner besten Freunde, nein, das konnte sie absolut nicht verstehen, mit so jemandem könnte sie sich nicht abgeben.
‚ Bester Kunde’ , schoss es ihr durch den Kopf, sie lachte abfällig. ‚ Hauptsache die Kohle stimmt, egal, von wem sie stammt. ’
Sie bekämpfte noch einmal die aufkommende Übelkeit, am liebsten würde sie jetzt nach Hause gehen.
„Hallo Tim, wo ist denn deine Begleitung?“
Eine weibliche Stimme riss Tim aus seinen Grübeleien. Er stand in einer größeren Gruppe zusammen und versuchte Schönwetter zu machen und sich auf Verkaufsgespräche zu konzentrieren, doch ihm ging Shona nicht aus dem Kopf. Er nahm es ihr krumm, dass sie einfach so gegangen war, auch wenn ihr die Nase des Kunden nicht passte, so etwas durfte man sich einfach nicht erlauben. Ihre Aufgabe war es, hier mit ihm zu repräsentieren, einfach wegrennen ging nicht.
Seine Wut auf sie wuchs immer mehr an, sie verhielt sich absolut unreif und er verfluchte ihre Impulsivität.
„Tim? Träumst du?“, kicherte die Stimme, endlich drang sie wirklich zu ihm vor.
„Oh, hallo Marina, tut mir leid, ich war tatsächlich in Gedanken“, lächelte er ihr zu.
Marina Herrmann war die Tochter eines österreichischen Juweliers, der in einem Nobelskiort zwei Geschäfte hatte.
„Das habe ich bemerkt“, lächelte sie.
Tim musterte sie kurz, sie hatte sich nicht verändert, sie war immer noch sehr hübsch. Er hatte einmal eine sehr heiße Nacht mit ihr in Kitzbühel verbracht, danach hatten sich ihre Wege aber wieder getrennt.
„Du sieht wundervoll aus“, nickte er ihr zu.
„Danke. Zu so einem Anlass gehört sich das ja auch. Aber wo ist deine Freundin? Oder ist sie es gar nicht?“
„Doch, doch. Ihr war nicht so gut und sie wollte mal kurz an die frische Luft“, entschuldigte er Shona, wieder grummelte es ganz gewaltig in ihm.
„Wie schade. Sie ist wirklich hübsch. Ist es was Ernstes?“, Marina legte eine Hand auf seinen Arm, die Geste wirkte schon sehr vertraulich, Tim überlegte, was sie wohl vorhatte. Wollte sie eine Wiederholung?
„Ja, das ist es“, erklärte er ihr. „Wir sind seit ein paar Monaten zusammen.“
„Wo stammt sie her?“, sie streichelte ihn wie unbeabsichtigt weiter.
„Aus keiner bekannten Familie, falls du das meinst. Sie stammt ursprünglich aus Schottland.“
„Wie aufregend… Und? Bist du glücklich?“, sie rückte ihm jetzt ganz schön auf die Pelle, lange würde Tim ihr das nicht mehr durchgehen lassen.
Shona widerstand dem Drang, sich einfach ein Taxi zu rufen und von hier zu verschwinden. Sie zitterte etwas und fühlte sich schlapp und kaputt. Doch die Sache mit dem Pelztypen war noch lange nicht ausdiskutiert, sie würde Tim sicherlich nicht mehr zu so einer Veranstaltung begleiten, wenn solche Leute zu den Geschäftskunden seiner Familie gehörte.
Aber jetzt war sie nun einmal da und man erwartete von ihr, dass sie sich auch zeigte und Smalltalk betrieb.
Shona atmete tief durch, nein, sie würde nicht einfach so gehen, den Abend musste sie jetzt hinter sich bringen, das war sie Tims Familie schuldig. Und sie wollte nicht kneifen.
Entschlossen ging sie zurück in den großen Festsaal.
Shona sah als Erstes Tims Vater, sie lächelte ihm lieb zu, auch wenn sie auf ihn wegen der Pelztypen-Sache natürlich genauso wütend war wie auf Tim.
„Shona, geht es dir besser?“, erkundigte er sich besorgt.
„Ja, danke. Nur eine kleine Unpässlichkeit, wahrscheinlich noch eine Nachwirkung der Infektion.“
Okay, Tim hatte also angegeben, dass ihr übel sei – nun gut, das war ja noch nicht einmal gelogen gewesen. Sie schaute sich weiter um, irgendwo musste Tim ja stecken – und sie entdeckte ihn, an seinem Arm klebte förmlich eine dralle Blondine, die ihm gerade einen innigen Blick schenkte.
‚ Das gibt es ja wohl nicht!
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