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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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sah er in ihre Augen, sah das Lächeln in
ihren Mundwinkeln, das sich nicht ganz hervorwagte.
    „Würdest du mich begleiten?“, fragte sie nach einer
ganzen Ewigkeit des Schweigens, in dem der Rummel um sie herum einfach ertrank.
    „Du meinst –“ Beim besten Willen konnte er keine Worte
für die Fortsetzung dieses Satzes finden.
    Sie nickte, und jetzt kam das Lächeln doch durch. „Ich
lade dich ein.“ Und sie hielt ihm die Hand hin.
    Er nahm sie. Natürlich nahm er sie.

9. Verlorenes gehen lassen
     
    1.
    James ließ sich von Haminta aus dem Gedränge bei der Bühne
führen. Der Moment war günstig gewählt: Alle anderen interessierten sich gerade
nur für das Kraiblad, das endlich ausgeschenkt wurde. Haminta ging am Wasser
entlang, und bald hatten sie den Bereich des Feuerscheins verlassen. Dann wären
sie beinahe gegen jemanden gelaufen, der dort direkt am Spülsaum saß. Für einen
Moment beleuchtete das aufglühende Ende einer Zigarette geisterhaft das Gesicht
dahinter: Halfast. Von allen Leuten musste es ausgerechnet einer von Hamintas
Brüdern sein, dem sie jetzt über die Füße stolperten.
    Allerdings hätte er nicht sagen können, ob Halfast sie
überhaupt erkannt hatte. Er beachtete sie jedenfalls nicht, und dann waren sie
auch schon vorbei. Als James sich umdrehte, sah er noch immer den kleinen
Glutpunkt in der Dunkelheit schweben.
    „Das ist schon in Ordnung“, sagte Haminta, die seine
Gedanken offenbar verfolgt hatte. Sie zeigte auf die lückenhafte Kette von
Inselchen vor ihnen. „Dahin wollen wir. Bei Ebbe kann man fast den ganzen Weg
gehen.“
    Und wieder wurde er sacht an der Hand mitgezogen.
Nasser Sand unter seinen Füßen, die lichtgepunkteten Umrisse der Inseln voraus.
Während sie weiter ins Dunkel hineingingen, flatterten seine Gedanken
abgerissen umher. War es wirklich in Ordnung, mit ihr mitzugehen? Was mochte
Halfast gedacht haben, als er ihn in dieser Nacht mit seiner Schwester
losziehen sah? Und immer noch schwang wie ein beunruhigendes Ostinato der
Wortwechsel zwischen Firn und Jakobe in ihm nach.
    Sie holten das Wasser ein. Flache Wellen leckten um
ihre Fußknöchel, dann bis zu den Knien hinauf. Hoffentlich mussten sie nicht
noch tiefer hinein. Nur Sekunden später wurde diese Hoffnung zunichte.
    „Ist das auch der richtige Weg?“, fragte er und musste
Zähneklappern unterdrücken, als das Wasser seine Hüften erreichte.
    „Wir sind gleich da … es ist schon tiefer, als ich
dachte.“
    Wenigstens kamen sie den Lichtpunkten näher. Einer
wurde nach und nach zu einer Lampe, die an einem Ast hing. Dann klatschte eine
Welle unfreundlich gegen seine Brust, streckte eisige Finger über seinen Hals
und die Schultern, und er schnappte nach Luft. Verdammt, war das kalt!
    „Ich glaub, wir müssen doch noch schwimmen“, sagte
Haminta entschuldigend, und im selben Moment verlor er den Boden unter den
Füßen. Er paddelte hektisch. Unter seinen Rippen meldete sich krampfartiger
Schmerz. Es waren nur ein paar Züge, bis sie wieder Boden unter sich fühlten,
aber jetzt bedrohte ihn jeder Atemzug mit einem Krampf im Zwerchfell.
    Auf einmal hatte er keine Lust mehr. Als er durch das
hüfthohe Wasser weiterwatete, war jeder anregende Gedanke, den er eben noch
gehabt haben mochte, wie ausgelöscht. Hier draußen war es einfach nur dunkel
und kalt. Und er war im Begriff, sich noch mehr Verwicklungen einzuhandeln, die
er nicht gebrauchen konnte. Diese Frau da vor ihm, die ihm zu verstehen gegeben
hatte, dass sie scharf auf ihn war – er mochte sie gern, aber er hatte kaum mit
ihr zu tun gehabt. Hatte sie kaum bemerkt in den letzten Tagen, um ehrlich zu
sein. Genau genommen war sie eine Fremde.
    Sie alle hier waren Fremde für ihn. Traveller … Eine
Erinnerung an drüben schoss ihm durch den Kopf: Die schweren Wohnwagen, bei
denen man zuhause in London manchmal so eine Traveller-Sippe sah. Machohafte
Kerle, die jeden ansahen, als suchten sie sich schon mal die beste Stelle zum
Reinschlagen aus. Die Mädchen irgendwo zwischen verhuscht und frech, in uralten
Trainingsjacken oder viel zu knappen Tops, die mageren, nackten Beine in diesen
Nuttenstiefeln … Vorurteile, bestimmt, aber das waren die Bilder, die sein
Gedächtnis zu diesem Thema ausspuckte. Sie hatten immer lange Haare, und immer
brüllten und lachten sie einem nach, die Frauen mit rauen, boshaften, wissenden
Stimmen. Und sie waren fremd, fremd. Nicht seine Leute. Womit er wieder bei der
Gegenwart war.
    Ausgerechnet jetzt musste

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