Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)
könnte, und die anderen auch … die wütende Mondgöttin wäre jetzt kein
gutes Thema, meint der.“ Montagus Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran,
was er über den Bürgermeister dachte. „Also. Spielen wir eben die Kazimazi stattdessen –“
„Daraus wird auch nichts, Chef“, meldete sich Jujuna,
deren raue Stimme verdächtig nach Tränen klang. „Die Vögel sind krank, sie
können nicht auftreten! Den ganzen Tag hab ich versucht, sie zum Trinken und
Fressen zu bringen … sie wollen einfach nicht … sie sind zu schwach …“
„Wir haben sogar ein Sonnendach über den Käfig
gespannt“, sagte John.
„ Kashadiu , muss das jetzt auch noch sein! Also,
wir werden hier auf jeden Fall eins von den großen Stücken spielen!“, rief der
Chef grimmig. „So viel Publikum lass ich mir nicht entgehen! Wenn’s mit der Kazimazi auch nichts wird, dann bleibt auf die Schnelle eben nur noch eins –“
„Der Tristain !“, schnaubte Horgest und verzog
das Gesicht. „Blödes Geschmachte. Heulende Weiber, und Kerle, die ohnmächtig
rumliegen …“
„Ganz richtig, Horgest“, bestätigte der Chef
säuerlich. „Dann spielen wir den Tristain . Und das heißt, ich will euch
nach dem Abendessen zur Probe sehen – dich, Firn, Haminta und Stanwell … Brogue
kann seinen Kram, das weiß ich. Und ihr anderen – ihr wisst, was zu tun ist.
Alle Plakate auf dem Markt müssen wieder runter. Dafür müssen die für den Tristain hin, mit dem Termin drauf – es bleibt bei morgen Abend. Immerhin hab ich die
Bühne in der Marktmitte dafür bekommen!“
„Erzählt mal, was das für ein Stück ist. Kann ich da
auch mitmachen?“, fragte Carmino.
„Aach – so ein Liebesgesülze. Haben wir zuletzt in
Rhondaport gespielt …“
„Kannst bestimmt einen Krieger spielen, davon kommen
jede Menge vor …“
„Der Cerf ist viel dramatischer, aber die Leute
mögen den Tristain noch lieber, glaub ich.“
„Ja, die Weiber!“, sagte Horgest verächtlich.
Weil sie den Namen auf der zweiten Silbe betonten und
so aussprachen, dass er sich auf Wein reimte, brauchte James einen
Moment, bis er begriff, dass er diesen Helden möglicherweise kannte. Dunkel
erinnerte er sich an einen Film, den er mit Karen mal an einem verregneten
Wochenende auf DVD gesehen hatte. Tristan und Isolde, eine uralte
Liebesgeschichte, die man hier also anscheinend auch kannte.
„Es ist nicht bloß eine Liebesgeschichte!“,
widersprach Haminta.
„Das Lied von Tristain stammt aus der Zeit der
Langorrenkriege“, erläuterte Halfast. „Es erklärt, wie es zur Schlacht von
Perlingdonne kam und zur Entzweiung von Salkurning und Skilsinen vor – na,
ungefähr vor tausend Jahren.“
Ausgerechnet der zuverlässige und vernünftige Stanwell
hatte darin den Part des nichtsnutzigen Bretvaldan-Sohnes Liffe zu spielen, der
keine Lust hat, die anstrengende Reise in den hohen Norden zu unternehmen und
stattdessen seinen Ritter Tristain losschickt, damit er für ihn die Braut vom
Langorrenstamm der Larenni-Dol abholte.
„Es ist heute noch Tradition, dass der Bretvaldan eine
Frau von den Stämmen heiratet“, sagte Halfast.
Und natürlich kommt es, wie es immer kommt in solchen
Geschichten – es ist ja auch eine denkbar blöde Idee, einen attraktiven jungen
Mann die Braut für einen anderen abholen zu lassen. Klar auch, dass die Rolle
der Ysolt Haminta zufiel und die des Tristain wieder einmal Firn, obwohl der
ihr anscheinend nicht allzu viel abgewinnen konnte.
„Er ist nun mal der Schönste von euch“, erklärte Aruza
sachlich. „Ihm nimmt man ab, dass Ysolt ihm auf den ersten Blick verfällt.“
„Das tut die doch nur wegen dem Liebestrank!“, rief
Horgest, was bei den anderen ein kollektives Stöhnen auslöste.
„Sie – trinken – ihn – nicht !“ Stanwell betonte
jedes Wort. „Mann, kannst du das nicht irgendwann mal kapieren?“
„Aber dieser Pokal –“
„ Kash , Horgest, halt die Schnauze! Pass einfach
auf beim nächsten Mal! Als Liffes Heerführer stehst du doch jedes Mal direkt
dabei, wenn das Ding runterfällt!“
„Jedenfalls hat der da die Rolle nur, weil er gut im
Rumliegen ist!“, knurrte Horgest.
„Ich hab sie, weil von euch keiner diesen endlosen,
beschissenen Text auswendig lernen wollte! Oder konnte.“
„Lasst die Streiterei! Dafür haben wir keine Zeit. Die Cerf -Plakate müssen weg! Also, Abendessen, und dann macht ihr euch dran!
Jakobe, wo bleibt nun das Essen?“, rief der Chef ungnädig. „Ach, und
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